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Nicola Lagioia

EISKALTER SÜDEN

ROMAN

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel

»La ferocia«.

© 2014 Giulio Einaudi editore S.P.A., Torino

2. Auflage 2017

Erste Auflage 2016

© 2016 by Secession Verlag für Literatur, Zürich

Alle Rechte vorbehalten

Übersetzung: Monika Lustig

Lektorat: Cathrine Hornung, Christian Ruzicska

Korrektorat: Dr. Peter Natter

www.secession-verlag.com

Gestaltung und Satz:

Erik Spiekermann, Berlin und Peter Löffelholz, Berlin

Herstellung: Renate Stefan, Berlin

ISBN 978-3-905951-89-9

Die Übersetzerin dankt dem Freundeskreis zur Förderung literarischer und wissenschaftlicher Übersetzungen e.V. für das großzügige Arbeitsstipendium.

La traduzione di questo libro è stata sovvenzionata dal Ministero degli Affari Esteri e della Cooperazione Internazionale italiano.

Die Übersetzung dieses Buchs wurde gefördert vom Italienischen Ministerium für Äußere Angelegenheiten und Internationale Zusammenarbeit.

INHALT

Erster Teil
Der Wissende schweigt, der Unwissende spricht

Zweiter Teil
Ich wurde verrückt, mit ausgedehnten Intervallen von horrender geistiger Gesundheit

Dritter Teil
Alle Städte stinken im Sommer

Epilog

Prognosen sind schwierig,
besonders, wenn sie die Zukunft betreffen.

NIELS BOHR

ERSTER TEIL

Der Wissende schweigt, der Unwissende spricht

EIN DREIVIERTELMOND tauchte um zwei Uhr früh die Landstraße in bleiches Licht. Die Hauptverbindungsader zwischen den Provinzen Tarent und Bari war zu dieser Stunde wie ausgestorben. Richtung Norden folgte die Fahrbahn einer imaginären Achse, entglitt ihr wieder und ließ Olivenhaine, Weinfelder und kurze Reihen von Lagerhallen, die Hangars glichen, zurück. Bei Kilometer achtunddreißig zeigte sich eine Tankstelle, die letzte auf einer recht langen Strecke. Außer den Zapfsäulen waren hier seit Kurzem Kaffee- und Snackautomaten in Betrieb. Um die Neuheit zu bewerben, hatte der Betreiber einen Sky Dancer auf dem Werkstattdach platziert. Eine dieser fünf Meter hohen Puppen, gespeist von schweren Flügelradmotoren.

Der aufblasbare Lockvogel schwankte im leeren Raum und würde bis zum ersten Morgenlicht nicht damit aufhören. Vor allem anderen vermittelte er die Idee eines ruhelosen Gespensts.

Die seltsame Erscheinung einmal hinter sich gelassen, zog sich die Landschaft flach und eintönig über Kilometer dahin. Es schien fast, als dränge man in die Wüste vor. Dann, in der Ferne, kündete ein funkelndes Diadem die Stadt an. Jenseits der Leitplanken aber gab es Brachland, Obstbäume und einige wenige, von dichtem Heckenwerk abgeschirmte Villen. Zwischen diesen Räumen bewegten sich die Tiere der Nacht. Die Käuze zogen lange, schräge Bahnen durch die Lüfte. Segelten in die Tiefe und begannen wenige Handbreit über dem Erdboden, mit den Flügeln zu schlagen, so dass die Insekten, aufgeschreckt vom Sturmrascheln der Büsche und toten Blätter, ihre Deckung verließen und geradewegs auf ihr Ende zusteuerten. Eine Grille schob ihre Antennen über ein Jasminblatt. Und nicht fassbar bewegte sich ringsum im leeren Raum gleich einer Meereswoge eine Flotte Nachtfalter im vom Himmelsgewölbe polarisierten Licht.

Seit Jahrmillionen unverändert, gingen diese kleinen Kreaturen mit ihren behaarten Flügeln vollkommen auf in jener Formel, die für die Unabänderlichkeit ihres Fluges sorgte. Am unsichtbaren Faden des Mondes erkundeten sie, von einer zur anderen Seite wogend, um Angriffen der Raubvögel zu entgehen, zu Tausenden das Gebiet. Dann brachen plötzlich, wie inzwischen seit gut zwanzig Jahren Nacht für Nacht, mehrere Hundertschaften die Verbindung zum Himmel ab. Im Glauben, es noch immer mit dem Mond zu tun zu haben, flogen sie auf die kleinen Scheinwerfer der Villen zu. Und da sie sich den künstlichen Lichtern näherten, brach die kostbare Inklination ihres Flugs ab. Die Bewegung wurde zu einem rasenden Tanz, den allein der Tod unterbrechen konnte.

Ein schwarzer Haufen Insekten lag auf der Veranda des ersten dieser Häuser.

Es handelte sich um eine Villa mit Schwimmbad, ein Bauwerk in strengen Formen, das sich über zwei Ebenen erstreckte. In der Überzeugung, ein erleuchteter Garten könne Einbrecher fernhalten, ließen die Besitzer jeden Abend die Außenbeleuchtung brennen. Wandleuchten auf der Veranda. Große Ovale aus Thermoplastik unter den Rosensträuchern. Matt leuchtende senkrechte Diffusoren am Pfad zum Schwimmbecken.

Dies hielt die Nachtfalter in einem geschlossenen Zyklus: Tote Insekten auf der Veranda, andere im Todeskampf auf dem glutheißen Plastik, wieder andere schwirrten zwischen den Rosenbüschen. Wenige Meter entfernt und wie auch schon in den vergangenen zwei Nächten, schlich mit wachen Sinnen eine junge, streunende Katze über den Rasen. Sie hoffte auf eine wieder vor dem Haus vergessene Abfalltüte. Unterm Laubdach der Rhododendren machte eine Aspisviper mit weit aufgerissenem Rachen Anstalten, eine noch lebende Maus zu verschlingen.

Da setzte ein Schütteln in der dichten Blätterbarriere ein, die die Villa vom Nachbargebäude identischer Bauart abgrenzte. Die Katze spitzte die Ohren, hob die Pfote in die Höhe. Nur die Nachtfalter setzten ungestört ihren Tanz in der Frühlingsluft fort.

Vor dem Hintergrund dieses graugrünen Gewölks betrat die Frau den Garten. Sie war nackt, bleich und über und über mit Blut bedeckt. Sie hatte rot lackierte Fußnägel, schöne Fesseln, die übergingen in schlanke, doch nicht knochige Beine. Sanfte Hüftrundungen. Einen vollen und aufrechten Busen. Wankend, langsam einen Fuß vor den anderen setzend, schritt sie über den Rasen.

Sie mochte kaum älter sein als dreißig, doch auch nicht jünger als fünfundzwanzig, das verriet das kaum merkliche Erschlaffen des Gewebes, was aus gewissen schlaksigen Mädchenkörpern etwas Vollkommenes macht. Auf der hellen Haut waren längs der Beine deutliche Striemen zu erkennen, während auf Hüften, Armen und Po Blutergüsse, ähnlich einem Rorschachmuster, ein ganzes Innenleben auf der Oberfläche zu erzählen schienen. Das Gesicht war geschwollen, durch die Lippen ging ein tiefer Schnitt.

Es war nur natürlich, dass die Tiere in Alarmzustand versetzt waren. Merkwürdig war jedoch, dass sie ihn nicht beibehielten. Wieder stürzte sich die Viper auf ihre Beute. Grillengezirpe setzte ein. Die Frau hatte aufgehört, sie zu beunruhigen. Mehr noch als ihre Harmlosigkeit nahmen sie offenbar wahr, dass ihr schleppender Gang sie bald an den Punkt bringen sollte, an dem die Unterschiede zwischen den Spezies nichtig werden. Umgeben von solch atavistischer Gleichgültigkeit betrat die junge Frau den Grasmantel. Ihr Leib wurde vom Glitzerteppich überzogen, den die Reflexe des Poolwassers an die Wand der Villa warfen. Sie ging vorbei an dem achtlos auf dem Gartenweg zurückgelassenen Fahrrad. Und so, wie sie in diesem kleinen Winkel der Erde aufgetaucht war, verschwand sie wieder. Sie trat durch die Hecke auf der gegenüberliegenden Seite. Begann sich im Gestrüpp zu verlieren.

Unter den Strahlen des Mondes setzte sie ihren Gang über die Felder fort. Ihr Blick war abwesend und doch wie festgezurrt an jener Elektromagnetspule, die sie einen den Nachtfaltern gleichen Weg, nur in umgekehrter Richtung, zurücklegen ließ: Ein Schritt nach dem anderen, und sich verletzend, wenn ihre Füße auf Zweige oder spitze Steine trafen. So, über Minuten.

Dann folgte auf das Gestrüpp eine Fläche aus feinem Sand. Nach nicht einmal hundert Metern verengte sich die Bahn. Jetzt ein schwarzer, sehr viel kompakterer Untergrund. Hätte die junge Frau in vollem Umfang die Signale ihres Nervenzentrums empfangen, hätte sie die zunehmende Spannung der Wadenmuskulatur gespürt, während sie, den wilden, rauen Wind auf der Haut, den Anstieg in Angriff nahm. Sie überquerte den parallel zur Straße verlaufenden Streifen und spürte auch die kalte, metallene Kraft der 500 Watt nicht, die erneut die Rundungen ihrer Hüften offenbarte.

Fünf Minuten später ging die junge Frau über Asphalt, genau in der Mitte der Hauptstraße. Die Straßenlaternen waren jetzt in ihrem Rücken. Hätte sie den Blick gehoben, sie hätte hinter den Kurven das Aushängeschild der Tankstelle, das kitschige, hochragende Profil des Sky Dancers erkannt. Sie folgte der Fahrbahn, die nach rechts schwenkte. Dann verlief die Straße wieder geradlinig. Und so – eine blasse Gestalt in exaktem Abstand zu den Leitplanken – musste sie sich in den Pupillen des Tiers spiegeln.

Eine riesige Kanalratte war bis hinauf zur Straße gelangt und beobachtete sie jetzt.

Sie hatte struppiges Fell, einen kantigen Schädel. Die gelblichen Schneidezähne zwangen sie, die Schnauze halboffen zu halten. Sie wog über vier Kilo und kam nicht von den umliegenden Feldern. Sie war den fauligen Sickergruben entstiegen, von denen die Tunnel abgingen, die bis zu den ersten Wohngebieten führten. Der Anblick der jungen Frau, die sich da vorwärts bewegte, hatte das Tier mitnichten erschreckt. Es sah sie vielmehr voller Neugier an, die Barthaare über der spiralförmigen Schnauze aufgerichtet. Man hätte auch behaupten können, es nehme die Frau ins Visier.

Dann spürte das Tier mit einem Mal ein Vibrieren im Asphalt und erstarrte. Motorendonner durchbrach die Stille, kam rasch näher. Zwei weiße Scheinwerfer erleuchteten die weibliche Silhouette, und endlich spiegelten sich die Augen der Frau im Entsetzen eines anderen Menschenwesens.

Unter der stickigen Glocke der Nacht fuhr er fort, die Geschichte des Unfalls zu erzählen.

»Echt Scheiße, so was. Da gehst du brav deiner Arbeit nach, aber genau an dem Tag schließt der Heiland am Kreuz einfach die Augen und hat für dich keinen Blick mehr übrig. Und wenn er dich einmal im Stich lässt, dann aber richtig! Ich will damit nur sagen, es ging schon am frühen Morgen beschissen los.«

Die Geschichte hatte er im Frühjahr erzählt, und er, Orazio Basile, sechsundfünfzig Jahre alt, ehemaliger Lastwagenfahrer und Invalide, hatte vorher schon, da die alte Einstrangheizung im Freizeittreff gegen die Kälte kaum etwas hatte ausrichten können, ständig schniefen müssen. Gekrümmt hockte er jetzt auf seinem Stuhl, die Krücken über Kreuz gegen den Einarmigen Banditen gelehnt, sein Blick finster, angewidert. Und das Publikum – Arbeitslose, Metallmechaniker mit ruiniertem Rippenfell – folgte ihm jedes Mal voller Aufmerksamkeit, auch wenn die Story Wort für Wort immer die gleiche war.

Der Treff befand sich im historischen Stadtkern von Tarent, einer nierenförmigen Halbinsel, die durch die Arme einer Drehbrücke mit dem Rest der Stadt verbunden war. Ein Ort, der diejenigen beeindruckte, die nicht dort wohnten. Häuserfassaden, an denen der Zahn der Zeit und die Vernachlässigung ihre Spuren hinterlassen hatten, verwaiste Hinterhöfe, von Unkraut überwuchert. Jenseits der Tür des Lokals befand sich eine freie Fläche, auf der die Sattelschlepper über Nacht Halt machten. Zwischen den Fahrzeugen waren die Fischkutter draußen auf dem Wasser vor der ausgestorbenen Hafenmole zu erkennen. Weiter hinten die riesigen, doppelspitzigen roten Flammenzungen. Das Meer war durchzogen vom Widerschein der petrochemischen Industrie.

»Diese Scheißstadt.«

Bei diesen Worten riss Orazio die Augen auf. Er sprach im Dialekt und meinte nicht Tarent. Die anderen spitzten die Ohren, noch bevor er den Mund auftat. Im Laufe der Zeit hatten sie gelernt, dass dem Einsatz der Musik das Schlagen des Metronoms vorausging – in die auf Kniehöhe zusammengeschnürte Hose kam Leben. Der Beinstumpf begann zu zucken, immer schneller, immer nervöser.

An jenem Morgen lag ein feiner, bläulicher Nebel über den Feldern zwischen Incisa und Montevarchi. Er war auf der A1 unterwegs. Seit Stunden schon saß er am Steuer seines Lasters. Sein Beifahrer redete ohne Unterlass. Orazio bereute es, ihn mitgenommen zu haben.

Tags zuvor, gegen Nachmittag, war er von Tarent losgefahren und hatte die Nacht auf einer Raststätte im Mugello verbracht, von den Kühlaggregaten der mit Lebensmitteln übervollen großen Laster in den Schlaf geschaukelt. Um halb acht hatte er den Stadtrand von Genua erreicht. Dann fuhr er kreuz und quer durch das Handelsviertel mit seinen Straßen, die kaum konkrete Orientierungspunkte boten. Elektronik. Spielsachen. Heim und Haus. Er passierte ein Großhandelslager nach dem anderen. Oberbekleidung. Hier hatte er verlangsamt. Hatte in seinen Taschen gewühlt, bis er das zerknüllte Stück Papier fand. Vor Monaten war er schon einmal hier gewesen, hatte jetzt aber Angst, er könnte sich täuschen. Als die Buchstaben auf dem Ladenschild denen auf dem Papier entsprachen, hielt er an.

Er ließ die Ladenburschen die Ware ausladen. Fünfhundert in Apulien genähte Jeans, für den Einzelhandel im Nordwesten bestimmt. Während die Männer die Kleidungsstücke wegschafften, trat der Eigentümer aus der Glastür seines kleinen Büros.

»Schön, dass Sie wieder bei uns sind«, sagte der Großhändler mit einem Lächeln.

Ein etwa Sechzigjähriger, in Weste und einem verschlissenen Nadelstreifenanzug, der weniger Knausrigkeit als eine abergläubische Lebenshaltung durchscheinen ließ. Seit Jahren bereits mussten seine Geschäfte gut laufen, und ebenso vieler Jahre hatte es wohl bedurft, bis die Manschetten auf diese Weise durchgescheuert waren.

»Genehmigen wir uns einen Kaffee.«

Der Großhändler machte den Eindruck von einem, der überzeugt ist, die Linie, die die Halbzeit der Lebenserwartung markiert, nicht überschritten zu haben, und auch in Zukunft dafür keine Gefahr sieht. Von hier nach Tarent, das bedeutete über zwölf Stunden am Steuer, jede Minute war kostbar. Orazio suchte nach einer Ausrede, als der Mann ihm die Hand auf die Schulter legte. Er ließ sich von ihm zum Gehen drängen. Das war der erste Fehler.

Aus der Bar zurück war er dem Chef in dessen Büro gefolgt, um dort noch einige Transportpapiere zu unterzeichnen. Da erst hatte er den Handyvertreter gesehen. Der Typ saß hinterm Schreibtisch und las Zeitung.

»Das ist der Sohn eines guten Freundes«, sagte der Besitzer. Der junge Mann stand auf und kam nach vorn, um sich vorzustellen. Er trug einen eng anliegenden Anzug, schwarze Schuhe. Je gemächlicher der Großhändler das Ganze anging, desto schwerer fiel es dem Dreißigjährigen, seine Füße länger als drei Sekunden still zu halten. Ohne den Kopf zu wenden, blickte Orazio durch das kleine Fenster in den dunklen Himmel. Er kochte innerlich, wollte endlich losfahren. Dieselbe Nervosität, die ihn an den Samstagabenden in Tarent nach ein paar Drinks im Freizeittreff so weit treiben konnte, einen Streit vom Zaun zu brechen.

»Praktisch ein Wunder, dass er überlebt hat«, meinte der Großhändler.

Am Nachmittag zuvor war der Vertreter mit seinem Alfa 159 auf der Höhe von Savona verunglückt. Eine schlecht genommene Kurve. Er suchte eine Mitfahrgelegenheit zurück nach Hause.

»Auch er ist aus Apulien«, fügte der Großhändler hinzu.

Orazio zuckte zusammen. »Von wo?«, fragte er.

Der junge Mann sagte es ihm. Der Großhändler nickte zufrieden. Ein Unfall ruft den nächsten auf den Plan, dachte Orazio. Für ihn bedeutete es keinen Umweg, wenn er ihn mitnähme. Er würde ihn kurz hinter der Mautstelle aussteigen lassen und dann Richtung Tarent weiterfahren. Ja zu sagen, würde ihn weniger kosten als ein Nein. Trotzdem hätte er ablehnen können. Das Problem war und blieb der Großhändler: Die Freudenblase, in der er schwamm, war seine Masche, auf eine vollständige Einigung zwischen Orazio und dem Vertreter zu drängen, wenn nötig, diese zu erzwingen. Eine Jovialität, die sich erst für den Fall, dass die Blase platzte, als das erweisen könnte, was sie eigentlich war: Misstrauen und Arroganz. Doch so weit war es nicht gekommen, da der Großhändler nämlich wie auch beim letzten Mal davon Abstand nahm, die Stücke einzeln zählen zu lassen, bevor er sie dann zusammen mit anderen, identischen, aufeinandergestapelt in seinem Lager sehen würde. Alles Jeans derselben Marke. Ein Umstand, dem Orazio bei dieser zweiten Reise Rechnung getragen hatte. So war er nicht umhingekommen, den jungen Mann mitzunehmen.

Der zweite Fehler war, dass er ihm all diesen Schwachsinn, den er von sich gab, hatte durchgehen lassen.

Bis zur Kaffeepause im Autogrill bei Sestri hatte sein Beifahrer sich ruhig verhalten. Was bedeutete, dass er für die restlichen neunhundert Kilometer nicht zu reden aufgehört hatte.

»Da ist zuerst das Panorama der ligurischen Westküste. Die kennst du ja, nehm’ ich an. Pinien und Pflanzungen mit Zitronen- und Orangenbäumen in unmittelbarer Nähe zum Meer. Und an dem Punkt macht es rumms! und mit einem Mal sitz’ ich auf dem Asphalt und hab nicht mal eine Schramme. Allgütiger, das ist einfach nicht zu begreifen! Ich selbst hab’s ja nicht kapiert. Ein nagelneuer Alfa 159. Vorher hatte ich einen Variant.«

Ohne Grund brach er in Lachen aus. »Einen Variant«, wiederholte er.

Die adrenalinbeschleunigte Präzision der ewig Dreißigjährigen, die sich auch dann noch so gebärden, wenn sie die Fünfzig längst überschritten haben. Im Übrigen kam er aus der Regionalhauptstadt. Unbekümmert sprach er von der überstandenen Gefahr … Wenn die gekrümmte Raubvogelklaue von dem da oben dich nur gestreift hat und du mit dem Schrecken und weiter nichts davongekommen bist, dann heißt es Klappe halten und weitergehen.

Orazio hielt das Lenkrad umklammert und tat so, als ignorierte er ihn. Trotzdem war er gezwungen, seine unleugbare Anwesenheit hinzunehmen, als er auf der Höhe von Caianello dann nicht zur Tankstelle abbiegen konnte. Dort, hätte der Vertreter nicht neben ihm gesessen, hätte er seinen Hehler getroffen und ihm die vierzig, von der Fracht abgezweigten Jeans übergeben.

Ein Teil des so verdienten Geldes hätte er zu dem anderen gelegt, das er nicht für die Miete verwendete. Das hätte er gebrauchen können, wenn er mit einem vom Freizeittreff aneinandergeriete. Wie andere Male auch würde er dann weggehen, um es nicht zu Handgreiflichkeiten kommen zu lassen. Er würde die Außenbezirke von Tarent durchqueren, wo die Lichter der Raffinerie den Stadtrand immer schwächer erhellten. Ein Funkenschwarm würde sich am Ende einer unbefestigten Straße in die Finsternis brennen. Die Prostituierten. Er würde auf sie zugehen, dem Schicksal dankbar, das ihn die Frauen auf der Straße finden ließ, die er sich nicht ins Haus geholt hatte.

Stattdessen sah er sich gezwungen, weiterzufahren, und ließ nach ein paar Metern den Vertreter sogar die Initiative ergreifen: »Was hältst du davon, wenn wir hier zum Pinkeln haltmachen? Der Kaffee geht auf mich.«

Nach einem kurzen Zwischenstopp fuhren sie weiter. Orazio war nervös. In Gedanken war er noch immer bei dem Verdienst, der ihm kurz zuvor durch die Lappen gegangen war. Er saß am Steuer, in Berechnungen versunken, während die Abenddämmerung die Silhouette der Irpinia verwischte und sich ein wolkenloser, schwarzmetallener Abend Ende April auf die Niederungen Apuliens senkte.

Auf der Höhe von Candela sahen sie auf den Feldern die riesigen Masten der Windkraftanlage unter den Strahlen des Mondlichts aufgereiht dastehen. Sie vermittelten die Idee einer Landschaft, die allzu lange in der Einbildungskraft eines Architekten gefangen gewesen war. Automobile statt Pferde. Mechanische Schaufelstangen anstelle von Mühlrädern. Nach zehn Minuten verschwanden die Windkrafträder aus dem Blickfeld, der Horizont wurde flach.

Der Bursche sollte an der Mautstelle Bari Süd aussteigen. Kurz davor jedoch sagte er: »Jetzt, bitte, darf ich mich bei dir revanchieren.«

Er sprach von einem Restaurant im Zentrum. Seinen Worten nach handelte es sich um ein elegantes Lokal. Er zählte Speisen und Weinmarken auf, und als er innehielt, war er damit noch nicht am Ende – Orazio aber hatte bereits zustimmend genickt. Das war sein dritter Fehler gewesen. Nicht die Gier, sondern die Erschöpfung hatte ihn glauben gemacht, dass in dem Moment, da der Bursche das Abendessen bezahlte, der Schaden zum Teil wieder ausgeglichen wäre.

Sie passierten die Mautstelle Bari Süd und fuhren weiter Richtung Küste.

Quédde paìse de mmerd’!

Diese Scheißstadt! An dieser Stelle des Monologs hatte Orazio sich für gewöhnlich bereits erhoben. Mit der einen Hand hielt er den Arm des Sessels umklammert, mit der anderen angelte er nach den Krücken, so hatte er sich hochgezogen. Die Anstrengung erfüllte ihn mit wutgeballter Energie, die sich über den Tresen und die Flaschen auf der erhöhten Stellfläche ausbreitete und auch über die Zuhörer, die voller Abscheu nickten, war doch ihre Stadt ein endloses Sammelsurium von Katastrophen und Schandflecken aller Art. Bari aber war noch schlimmer.

Jedes geistig gesunde Individuum wäre, von der ionischen Küstenstraße kommend, bei der Einfahrt nach Tarent entsetzt. Das Ruheversprechen des nahen Meeres zerbrach an den Türmen und dem Lärm des Zementwerks, an den Fraktionierungssäulen der Raffinerie, an den Walzwerken, an den giftigen Mineralstaubhalden des riesigen Industriekomplexes, der die Stadt in seinen Klauen hielt. Hin und wieder verschwand ein Vorarbeiter in einem Krankenwagen, wenn eine Schleifmaschine überdreht hatte. Oder es wurde einem Arbeiter durch die Explosion eines Schleifsteins der Ellenknochen freigelegt. Die Maschinen waren so ausgerichtet, dass sie den Menschen entsprechend einer Kosten-Nutzen-Gleichung Schaden zufügten, die sich wiederum andere Menschen in Büros ausgedacht hatten, wo die verrücktesten Perversionen durchgespielt und optimiert wurden. Und dafür stimmten dann die Regionalparlamente, und auf dem Höhepunkt von Justizschlachten, die stets ein willkommenes Fressen für die Lokalpresse waren, gaben die Gerichte schließlich grünes Licht. Auf diese Weise war Tarent zu einer Stadt der Hochöfen geworden. Bari aber war eine Stadt der Amtsstuben, der Gerichte, der Journalisten und Sportvereine. In Tarent konnte ein Harnblasenkarzinom, das bei Jugendlichen als höchst unwahrscheinlich einzustufen ist, in Verbindung gebracht werden mit einem Dioxinvorkommen, das neunzig Prozent der landesweiten Gesamtproduktion entsprach. In Bari aber durfte an einem Sonntagnachmittag ein alter Richter beim Berufungsgericht seelenruhig vom Wohnzimmersofa aus seiner Enkeltochter dabei zusehen, wie sie sich mit nichts als einem schmuddeligen Paar Turnschuhen am Leib in Hula-Hoop-Bewegungen übte. Diese Episode war von einem Arbeiter der Zementfabrik weitererzählt worden, dessen Tochter als Dienstmädchen in der Regionalhauptstadt arbeitete.

Eben deshalb hätte er die Einladung des Vertreters ausschlagen müssen. Was hatte es denn schon zu bedeuten, dass für ihn am Ende der ganzen Angelegenheit eine Eigentumswohnung herausgesprungen war? Vier blitzblanke Zimmer in einem Wohnkomplex des schickeren Tarent.

Nach dem Abendessen in Bari überließ er den Vertreter seinem Schicksal.

Er kam gar nicht erst in den Genuss des Alleinseins, denn sofort hatte er sich verfahren. Er bog nach links ab, nach rechts und wieder nach rechts, und fand sich erneut unter der blinkenden Eule des Optikers wieder. Fluchend riss er den Lenker herum. Auf einem vertikalen Werbelaufband ging die dümmliche Werbung einer Zahnpastamarke in die dezentere eines Modegeschäfts über. Jetzt dachte Orazio wieder an die Jeans, die noch immer in seinem Transporter versteckt waren.

Nachdem er eine halbe Stunde lang umhergeirrt war, steuerte er auf die Brücke zu, die das Zentrum von den reinen Wohngegenden abgrenzte. Zehn Minuten später hatte er den IKEA-Turm vor Augen und war wieder beruhigt. Jetzt war klar, dass er sich auf der Landstraße befand, und zwar noch vor der Zementbarriere, die die Fahrtrichtungen teilte.

Der, zu dem er einige Zeit später geworden war, vollbrachte eine wahnsinnige Anstrengung, um eine der Krücken in Schulterhöhe auszustrecken. Mit aufgewühltem Blick deutete er auf das schwarze Nichts jenseits der Wellenbrecher, als wollte er sagen, dass nicht einmal ein heiliger Mann, der über die Wasser wandelnd zur Stelle gewesen wäre, seinen Unfall hätte abwenden können. Die Fehler hatten sich im leeren Raum der Urzeit angehäuft, dort, wo die Biografien geschrieben werden, noch bevor die schwache Tinte der Ereignisse sie in Gang setzt und nachvollziehbar werden lässt.

Mit durchgedrücktem Gaspedal raste er über die verlassene Landstraße. Die Fahrbahn führte hügelaufwärts, bis schließlich, so weit das Auge reichte, Rebstöcke zu sehen waren. In wenigen Tagen wäre der Mond voll, doch schon jetzt erzeugte er das Trugbild, ins Unermessliche wachsen zu können. Er beschleunigte in der Kurve, das Verhältnis zwischen dem Vergehen der Sekunden und dem Aufleuchten der Katzenaugen an der Fahrbahnbegrenzung veränderte sich. In der Ferne, hinter einer zweiten Kurve erkannte er den aufblasbaren Mann. Er schwankte und zuckte auf dem Dach einer Tankstelle. Ein Tanz, der etwas Lächerliches hatte. Orazio runzelte die Stirn, ohne die Straßenkrümmung aus dem Blick zu verlieren: Das Fehlen von Lichtern im sichtbaren Straßenabschnitt entsprach dem Fehlen von Gefahren im blinden Winkel. So hätte er auch ein Fahrzeug mit kaputtem Standlicht erkennen können. Doch was dann geschah, war unmöglich zu vermeiden gewesen.

Eine Frau, vielleicht auch ein Mädchen. Sie ging genau in der Mitte der Fahrbahn, völlig nackt und blutüberströmt.

Abrupt drehte er das Steuer nach rechts. Das war ein Fehler, denn sein Transporter schoss in die entgegengesetzte Richtung. Die junge Frau befand sich nun hinter ihm. Der Wagen knallte gegen die Leitplanke. Schlingerte ein Stück, bis er auf der gegenüberliegenden Seite an der Barriere zerschellte. Er stellte sich Kopf, überschlug sich, fiel auf eine seiner Längsseiten, und Orazio sah noch überdeutlich, wie die Wand aus Stahl auf ihn niederging.

Als er die Augen aufschlug, fand er sich im Poliklinikum von Bari wieder, in einem Zimmer mit kahlen Wänden, in dem ein Alter mit gebrochenem Oberschenkel immerzu jammerte.

Durch das Fenster drangen die ersten Boten eines sonnigen Morgens. Noch immer benommen von den Schmerzmitteln streckte Orazio einen Arm zum Nachttisch hin. Er betastete den anderen Arm. Griff schließlich nach der Flasche. Der große Schluck Wasser belebte ihn – die Gedanken reihten sich zu einem lichten Bogen aneinander, fielen jedoch wieder in sich zusammen, um einer anderen Ordnung folgend eine neue Reihe zu formen.

Er hatte einen Unfall gehabt, aber er war noch am Leben. Einen schweren Unfall. Er erinnerte sich noch an die Fahrt über die Autobahn. Sogar an den Vertreter. Der Transporter musste einen Totalschaden haben. Dann noch etwas. Eine opalisierende Murmel funkelte inmitten des grobgefeilten Räderwerks, mit dessen Hilfe er das Vorgefallene rekonstruierte. Merkwürdig war, dass es sich dabei um einen Steckmechanismus handelte, wohingegen die Murmel im leeren Raum schwebte. Ein letztes Funkeln, und sie war verschwunden. Die junge Frau. Es musste sich um ein Gespenst handeln, ein künstliches Gebilde, das aus den Tiefen des Bewusstseins aufgetaucht war. Er verspürte ein Jucken. Der Patient im Nachbarbett hörte nicht auf zu jammern. Orazio kratzte sich im Gesicht. Er kratzte sich mit der rechten an der linken Hand. Es juckte noch immer. Mit einem Ruck gelang es ihm, sich aufzusetzen. Er spürte, wie etwas zog, er streckte den Arm zum rechten Bein hin.

Von seinem Geschrei alarmiert, eilten zwei Krankenschwestern herbei.

Am nächsten Morgen, als er mit dem Beinstumpf in Dränage im Bett lag, trat der Chefarzt in Begleitung einer Krankenschwester ein. Von diesem Moment an gelangte Orazio mehr und mehr zu der Überzeugung, dass die junge Frau mitten auf der Straße real gewesen war.

Der Arzt, ein hochaufgeschossener älterer Mann mit blutleerem Gesicht und schlohweißem Wuschelhaar, beugte sich über ihn. Länger als nötig verharrte er in dieser Haltung und sah ihn sich an. Er lächelte. Dann zog er sich wieder hinter seine kalte, für ihn wohl charakteristische Maske zurück, und wandte sich an die Krankenschwester. Der Beinstumpf sei mit hautverträglicher Seife zu waschen, sagte er. Ein Deodorant solle die übertriebene Schweißproduktion verhindern, die Entzündungen seien mit entsprechenden Salben zu behandeln.

»Eine Salbe auf Kortison-Basis«, erklärte er in einem Ton, der vom Patienten wie eine sanfte Berührung und von der Krankenschwester als klare Anweisung verstanden werden sollte.

Öffentliche Krankenhäuser. Orazio kannte diese Orte. Einmal war eine Cousine von ihm am Blinddarm operiert worden, nach dem Eingriff hatte man sie fünf Stunden lang auf dem Flur stehen lassen. Der verantwortliche Chefarzt war nichts weiter als ein Schild auf einer Zimmertür, hinter der nie jemand anzutreffen war. Der Alte sah ihn an, und wie geschützt er sich von seinen Cum-Laude-Titeln auch wähnte, Orazio entdeckte in seinen Augen eine seltsame Verwachsung.

Also blieb er reglos im Bett. Er bohrte seinen Blick in die Augen des Chefarztes, damit dessen Pupillen den seinen bis zum anderen Bett folgten.

»Könnt ihr verdammt noch mal gar nichts tun, damit der dort still ist?«

Zwei Stunden später war er bereits verlegt worden. Ein Einzelzimmer mit eigenem Bad. Ein Riesenraum mit Blick auf die Eukalyptusbäume im Hof. Womöglich früher ein Archiv, das in aller Eile umfunktioniert und mit Bett, Nachtschränkchen samt Fernsehmöbel ausgestattet worden war. Diese verströmten jetzt die triste Aura von Gegenständen, die ihren angestammten Platz verloren hatten.

Sie legten ihn ins Bett und ließen sich für mehrere Stunden nicht mehr blicken. Am Nachmittag kam eine Krankenschwester mit Kaffee und einem Glas Grapefruitsaft auf einem Tablett herein. Finster blickte er sie an. Er schob das Tablett aus dem Blickfeld. »Was für ein Scheißbildschirm.« Er verlangte nach einem anderen Fernseher. Am Tag darauf brachten zwei Laufburschen einen 32-Zoll-Bildschirm direkt aus dem Shoppingcenter.

Bei der nächsten Visite des Chefarztes verlangte Orazio, und dem wurde stattgegeben, dass die Krankenschwester draußen bliebe.

Am folgenden Tag kam der Chefarzt, flankiert von zwei Männern in dunklen Anzügen, zurück. Unter dem Jackett des einen entdeckte er den losen Zipfel von etwas, das wie ein Arztkittel aussah. Der zweite war ein Mann in den Fünfzigern mit Brillantine im Haar. Die gepunktete Krawatte auf seiner Brust sprang ins Auge, beim Lächeln fletschte er die Zähne. Er stellte sich vor: »Ich bin der Geometer Ranieri.« Sie begannen sich zu unterhalten. Der erste Mann verspürte die Notwendigkeit, die Fensterläden bis auf einen Spalt zuzuziehen, so dass nur noch schwaches Licht eindrang.

Niemand brachte an diesem Punkt noch Trunkenheit am Steuer ins Spiel. Im Freizeittreff rissen sie keine Witze mehr über die Möglichkeit, dass der Unfall vor allem für das Gedächtnis fatale Folgen gehabt haben mochte. Anfangs hatten sie das getan. Er erzählte, und die anderen schüttelten den Kopf. Einer besorgte sich die Ausgabe der Zeitung, in der die Nachricht von dem Unfall hätte drinstehen müssen. »Und jetzt?« Er schlug mit der zusammengerollten Zeitung auf den Tresen. Bitte, hier die Unglücksfälle des besagten Tages. Ein Arbeitsloser hatte sich vor dem Apple Store auf dem Corso Vittorio Emanuele angezündet. Die Tochter eines bekannten Bauunternehmers war von der obersten Etage eines Parkhauses in den Tod gesprungen. Es hatte auch einen Autounfall gegeben, das ja, aber auf der Adriatica. Nirgends war die Rede von einer jungen Frau auf der Landstraße SS 100 um zwei Uhr in der Früh – weder nackt, noch bekleidet, noch blutüberströmt. Nichts von alldem.

»Ora’, willst du uns jetzt endlich verraten, was wirklich passiert ist?«

Doch wenige Wochen später war Orazio umgezogen. Von der Zweizimmerwohnung in der Altstadt in die großzügig geschnittene Wohnung in der Via d’Acquino. Das Problem war, dass es dort keinen Aufzug gab. Wie absurd es auch klingen mochte, erst beim zweiten Mal, als er sich mit Hilfe der Krücken die Treppen hinaufgequält hatte, wurde ihm dieser Umstand bewusst. Die Sache gefiel ihm nicht. Drei Monate später waren Arbeiter auf einem Gerüst an der Seitenfront des Gebäudes am Werk.

Wer sich vom Beinstumpf nicht hatte überzeugen lassen, für den war jetzt das ausreichend.

Orazio musste weiterhin an die junge Frau denken.

Es war Anfang Mai. Sein Krankenhausaufenthalt neigte sich dem Ende zu. Einen Infusionsschlauch nach dem anderen hatten sie ihm entfernt und auch die Medikamente erheblich reduziert. Dann hatten sie ihm ein Paar Krücken in die Hand gedrückt.

Nach der Unterredung mit dem Chefarzt war ihm klar, dass es sich nicht um einen Traum handelte. Er hatte das Gespenst, für das er die junge Frau der Einfachheit halber gehalten hatte, zur Unfallursache erklärt. Nur, dass er ihr damit eine ganz bestimmte Funktion gab, die ihr im gleichen Maße an Bedeutung nahm. Sie war die Ursache des Unfalls, wie auch ein Baum oder ein Ölfleck es hätten sein können, als wären Baum und Ölfleck logische Schritte, die imstande waren, zum Wort Amputation zu führen.

Hin und wieder hallten seine Flüche durch den Korridor. Dann ließ sich der Orthopäde bei ihm blicken.

Nicht nur, dass er nach wie vor das Bein mental wahrnahm. Es passierte ihm tatsächlich, dass er die Zehen des rechten Fußes bewegte, Juckreiz an der rechten Ferse und Schmerz – durchdringende Stiche zwischen Kniescheibe und Schienbein – im nicht mehr vorhandenen Knie spürte. Er biss die Zähne zusammen, kalter Schweiß brach aus.

Eines Nachts dann fand er die junge Frau endgültig wieder.

Das Krankenhaus war in Schweigen gehüllt. Weder das Klagen der Patienten noch das Geschnatter des Schichtpersonals drangen in sein Zimmer. Er war vor dem laufenden Fernseher eingeschlafen. Er war aus dem Schlaf geschreckt, als der Werbespot eines Juweliers lief, der Altgold zu fünfundzwanzig Euro das Gramm aufkaufte. Zwei junge Burschen fuhrwerkten im Mund eines Leichnams herum und in der darauffolgenden Szene legten sie dem Juwelier die Goldzähne vor. Er schaltete den Fernseher aus, drehte sich zur anderen Seite. Er musste genau in dem Moment wieder eingeschlafen sein, als er den Drang zum Wasserlassen verspürte. Gedankenverloren ließ er sich vom Bett hinunter, instinktiv überzeugt, sich auf beiden Beinen halten zu können. Mit dem Gesicht voran stürzte er zu Boden.

Wütend, verzweifelt spürte er die Kälte auf der Stirn.

Auf die Hände gestützt, versuchte er sich wieder aufzusetzen. Nur mühsam bekam er Luft. Das Zimmer versank in Stille. Die Schatten der Eukalyptusbäume glitten über die Zimmerdecke, aus dem Laub wurden Algen, Korallengeäst, das in der Strömung hin- und herwogte. Die Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Ein zarter Lichtschimmer, so schien ihm, huschte über den Fußboden – die Katalyse der Glühwürmchen und der Seeanemonen, die Helligkeit der ersten Mainächte, die sich dank fehlender künstlicher Beleuchtung sanft offenbarte. Aber das Licht, bei dem ihm vor Staunen der Mund offen blieb, das hatte er vor sich.

Dort, jenseits der weit geöffneten Badezimmertüre war der Vergrößerungsspiegel an der Wand gänzlich vom Mond erfüllt. Oben am Himmel war er zu einem Halbmond geschrumpft, auf der konkaven Spiegeloberfläche aber war er noch voll – eine Silberpfütze aus der Vergangenheit, auf deren Grund er sie wiederfand, so schien es ihm. Der kleine matte Fleck nahm im Näherkommen Form an. Orazio begriff, dass sie zweifelsohne schön war. Er begriff, dass sie mit dem Tod rang. Er begriff mit einem Schaudern, dass die bloße Willenskraft bei niemandem ausreichte, sich auf diese Weise auf den Beinen zu halten. Es musste noch etwas anderes gegeben haben, was sie Schritt für Schritt vorwärts zwang. Die Bewegung selbst, weniger das, woraus sie materiell hervorging. Treibsand, tote Anschwellung unter dem Sommerregen.

Er begriff vor allem, dass er das Steuer nicht herumgerissen hatte, um ihr auszuweichen, sondern um sich selbst zu retten, denn alles an ihr war reiner Magnetismus und Abwesenheit von Willen, der hypnotische Lockruf, dem zu folgen alles identisch und vollkommen sein lässt, und wir, wir existieren nicht mehr.

Auf dem Sofa sitzend, die Beine übereinandergeschlagen, hielt er den Arm auf der Lehne so angewinkelt, dass er das prächtige Ziffernblatt seiner Goldarmbanduhr auf Blickhöhe hatte. Es war Viertel vor drei in der Nacht, und Vittorio wartete auf den Anruf, der ihn informieren sollte, ob seine Tochter noch am Leben war oder nicht.

Er atmete ganz langsam, dort im Herrenzimmer der Villa, die er nach der Geburt des ältesten Sohns erworben hatte. Ihr erster Bewohner war ein Landbesitzer unter der Herrschaft der Bourbonen. Während des Faschismus war sie in den Besitz des Bürgermeisters übergegangen, danach hatte sie einem alten Senator gehört, der klugerweise in dem Moment aufhörte, sie als sein Eigenheim zu betrachten, als er Nacht für Nacht im Halbschlaf spürte, wie an dem Faden, der ihn mit Rom verband, gezogen wurde, und er jedem Zug eine Silbe zuordnete, so dass er schließlich im Voraus die Gerichtschroniken des kommenden Jahres vor Augen hatte. In dieser Situation tätigte Vittorio Salvemini das erste schlechte Geschäft seines Lebens, als er die Immobilie zum aktuellen Marktpreis kaufte. Es war im Jahr 1971, als die Angestellten des angrenzenden Tennisclubs Bari Sud ihn eines Morgens kommen sahen, begleitet von Männern in spartanischer Anzahl. Hochgewachsen und sonnengebräunt, in maßgeschneidertem Leinenanzug, hielt er ein zufriedenes Neureichengrinsen zwischen den Lippen zurück, das kein Schneider der Welt mit einer Tradition, die älter als zehn Jahre war, in Verbindung gebracht hätte. Die anderen Männer waren sogar für die allerletzten Stadtrandgebiete zu ungehobelt – fünf gedrungene Muskelpakete, für die im Dialekt zu sprechen bereits eine zivilisatorische Errungenschaft darstellte. Sie gingen die Allee entlang, stießen beim gegenseitigen Überholen, die Nasen witternd in die Luft gestreckt, knappe trockene Schreie aus – Gefolgsleute eines Barbarenkönigs, der soeben den Alpengürtel bezwungen hat.

Aha, schon wieder einer, der auf Teufel komm raus nicht dort bleiben will, wo er hingehört, dachte der Hausmeister des Tennisclubs, ohne die Kreidelinien aus den Augen zu verlieren, die er unbeirrt auf dem Boden zog.

Der Senator war drauf und dran gewesen, die Villa hinter ihrer Jugendstilfassade in moderne Räumlichkeiten zu verwandeln. Vittorio war da ganz anderer Ansicht. Er ließ die Möbel im Garten auf einen Haufen werfen. Er hieß die Männer, den Marmor herausschlagen, damit die darunterliegenden alten Terrazzofliesen zum Vorschein kämen. Jedes Mal, wenn er, mit den Fingerknöcheln gegen die Wände klopfend, einen dumpfen Ton hörte, strahlte er. Weg mit den Zwischenwänden, weg mit den abgehängten Decken. Die Arbeiter brachten Wand um Wand zum Einsturz.

Die Männer stammten, wie man im Nachhinein erfuhr, aus demselben Dorf wie er. Es hätte sich um ganz normale Landarbeiter gehandelt, hätten die Zeiten und Umstände sie nicht ohne Arbeit zurückgelassen, noch bevor sie dieselbe von ihren Vätern überhaupt erlernt hatten. Mehr als Arbeitslose waren sie seine Sklaven, Wesen ohne Vergangenheit, blind ergeben und zu allem bereit. Säckeweise schleiften sie den Bauschutt weg, ohne sich eine Pause zu gönnen, und hätte Vittorio von ihnen verlangt, ein Haus mit bloßen Händen im Kreis zu drehen, sie hätten sich an die Arbeit gemacht, weil er und nicht sie, das war ihre Überzeugung, den exakten Punkt kannte, an dem sie zusammenbrechen und nie wieder auf die Beine kommen würden.

Vittorio wollte, dass sie die Arbeiten binnen weniger Wochen fertig hatten. Um Zeit zu gewinnen, ließ er sie eines Morgens im hinteren Teil des Gartens die Möbel verbrennen, für die er keine Verwendung hatte. Eine halbe Stunde später kam einer der Arbeiter ganz außer Atem zu ihm. Er fuchtelte mit den Händen. Im Gesicht ein ungläubiger Ausdruck. Vittorio folgte ihm. Knapp hinter der Grenzlinie schwenkten Männer voller Entrüstung die Arme. Zwei von ihnen, in Poloshirt und kurzen Hosen, deuteten auf die hohe, schwarze Rauchwolke.

Der Rauch überzog die Tennisfelder, hüllte die Pavillons ein, wo Damen im Badekostüm sich von ihren Liegestühlen erhoben hatten und jetzt, die Hände in die Seiten gestützt, heftig diskutierten.

»Ich bin untröstlich. Ich bitte Sie vielmals um Verzeihung.«

Er machte eine übertriebene Verbeugung. Lächelte. Ein Teil seines Ichs war beglückt von der Vorstellung, seinen Wohnsitz in einer Gegend gewählt zu haben, in der man, und sei es auch einer Beschwerde wegen, die Aufmerksamkeit von Personen dieses Kalibers erregen konnte, von Männern, die sogar in Shorts das Bild eines goldenen Firmenschilds an der Tür zur eigenen Kanzlei, um die sie nicht wirklich hatten kämpfen müssen, evozierten. Ihre Gesichter kamen in den Genuss einer ganz speziellen Entspannung, die augenscheinliche Stumpfsinnigkeit der Privilegierten, in der Vittorio einen weiteren Ausdruck von Intelligenz sehen wollte. Keine Spur jener imaginären Metallfolie, die aufgrund der Reibereien mit der Welt unter der Haut schwarz anläuft. Angst, so etwas hatten ihre Großväter möglicherweise verspürt, ihre Väter höchstens noch eine flüchtige Unruhe, wie sie die Herrscher von einst mit Weisheit erfüllte.

Ein Teil seines Ichs jedoch hätte ihn dahin gebracht, sich zu ihren Füßen niederzuknien und den Abdruck der Tennisbälle zu küssen, den diese seit Jahrzehnten auf der roten Erde hinterließen.

»Meine Arbeiter haben wohl geglaubt, der Wind würde den ganzen Tag Richtung Straße wehen«, log er, denn nicht in Erwägung gezogen zu haben, dass es Männer gibt, die um jene Uhrzeit mit etwas anderem als Arbeit beschäftigt waren, und dass Frauen sich aus anderen Gründen als einem Ehebruch außer Haus befanden – das zugeben zu müssen, wäre für ihn sehr viel gravierender gewesen.

»Hier gibt es eine Bar, wie ich sehe«, sagte er auf den Pavillon deutend, »mir ist klar, dass ich dort ebenfalls Personen belästigt haben muss. Also …«

»Sie sind ein ausgezeichneter Beobachter.«

Die Bemerkung erntete nicht einen Lacher. Die Worte kamen von einem Mann um die Fünfzig, nicht besonders groß, der sich bereits um zehn Uhr vormittags an einen perfekten Dresscode hielt. Sakko und Hose fielen wie ein Faksimile von Eleganz aus, ein bewusstes Understatement, um der wahren Eleganz den Weg zu ebnen. Vittorio dachte, er sei der Direktor. Er ließ sich nicht entmutigen: »Also, um mir vergeben zu lassen«, beim Sprechen spürte er den Widerhall einer Hoffnung in seinem Brustkorb, »würde ich euch alle gerne zu einer Runde Champagner einladen.«

Stante pede machten zwei Männer kehrt. Entfernten sich Richtung Spielfelder, als wären infolge dieser Einladung nun auch die letzten Zweifel über den Unbekannten ausgeräumt.

»Signor …?«, sagte der Direktor mit schleimigem Giftlächeln. Vittorio nannte seinen vollständigen Namen, in der Hoffnung, der Mann wäre imstande, diesen bereits aus der Zukunft ins Auge zu fassen, typographische Lettern, die, perspektivisch gesehen, immer größer erscheinen, so, wie er sie an jenen Tagen sah, da die Inspiration (nichts anderes als die angstbesetzte Unruhe der Talentierten) ihm das Bild seiner selbst am anderen Ende des Jahrzehnts eingab: geduckt, zum Sprung bereit.

»Signor Salvemini«, fuhr der Direktor fort, »um in diesen Club einzutreten, genügt ein Mitgliederausweis. Das ist so ein kleines, rechteckiges Ding, und um das zu bekommen, ist es notwendig, einen Antrag zu stellen, der von fünf Mitgliedern vorgelegt werden muss, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten regelmäßig ihre Mitgliedschaft erneuert haben. Welche unserer alten Freunde hier haben das Vergnügen, auch die Ihrigen zu sein?«

Weitere Männer verließen die Szene. Vittorio blieb stur. Nach und nach, da diese Männer sich wieder zu ihren Gattinnen gesellten, schien ihm, als mischten sich unter die Prinzipienfragen des Herrn Direktors wieder ganz praktische Aspekte.

»Gestatten Sie mir ein paar Worte?«

»Selbstverständlich.«

»Sie haben zuvor behauptet, ich sei ein guter Beobachter. Ich befürchte, und zwar zu meinem eigenen Nachteil, da haben Sie genau ins Schwarze getroffen.«

Auf dem Gesicht des Direktors zeigte sich ungetrübte Neugier. Er habe in der Tat eine Neigung, sich auch den Details der Dinge mit Sorgfalt zu widmen, fuhr Vittorio fort, und so seien ihm die Rostablagerungen an den Laternen am Rand des zweiten Tennisfelds sowie der an einer Stelle zu Bruch gegangene Belag des Zufahrtswegs ins Auge gefallen – was zwar schwierig zu erkennen war, aber nicht für ihn bei Sonnenuntergang, denn zu dieser Stunde verschwand der Regenbogen, den die Rasensprenger erzeugten, und der Schaden wurde sichtbar. Auch die beschädigten Stellen an der Fassade des Verwaltungstrakts hatte er entdeckt, ebenso wie die dringend auszutauschenden Modultritte der Tanzfläche, von der aus zu abendlicher Stunde (Vittorio hatte es die Male gehört, als er spät mit seinen Männern wegen der Sanierungsarbeiten noch vor Ort war) Walzer- und Sambaweisen ertönten, vermischt mit dem Gelächter der Frauen und Männer, im sicheren Schutz der Hecke.

Er verriet nicht, dass genau diese Stimmen für ihn den lieblichsten aller Lockrufe darstellten. Unter ihnen, die da in Bewegung waren, fand er die maßgeblichen Namen derer wieder, die auf den öffentlichen Bebauungsplänen auftauchten – festgefügte Mosaike, die ihm keinen Millimeter Spielraum ließen, und die er nur hintergehen konnte. Er sagte, das bisschen Arbeit, das es hier bräuchte, würde er gern mit seiner Firma übernehmen. Den Club würde es nichts kosten. In Wahrheit wusste er nicht einmal, ob er es sich leisten konnte, Arbeiter von seinen anderen Baustellen abzuziehen. Es war denkbar, dass seine Schulden bei den Banken noch knappere Fertigstellungsfristen erzwingen würden. Und doch, nagelten ihn nicht gerade seine Worte darauf fest, die gesamte Tanzfläche kostenlos zu erneuern?

»Haben Sie etwas Derartiges schon einmal gesehen?«

Er deutete auf die Arbeiter. Ohne, dass er auch nur ein Wort zu ihnen gesagt hatte, bemühten sie sich tatkräftig, den kleinen Brand einzudämmen. Stark wie Stiere, intuitiv wie Pferde, die imstande waren, aufgrund des Geruchs der Haferblüte den Wechsel der Jahreszeiten wahrzunehmen. Er wolle noch mehr Männer verpflichten, sagte er zum Direktor. Die Laternen würden frisch lackiert sein, noch bevor die Mitglieder des Clubs der Arbeiter überhaupt ansichtig geworden wären. Seine Männer waren an wesentlich schwierigere Aufgaben gewöhnt. Im Vorjahr hatten sie das Reihenhaus-Konzept in die Provinz Tarent gebracht; während sie jetzt, in Rekordtempo, in Santa Cesarea einen Ferienkomplex hochzogen, der diese Gegend endlich den fernen Jahrhunderten entreißen würde.

»Woher stammen Sie?«, fragte Vittorio und strich sich das Jackett glatt. Der Direktor lächelte. Schließlich, so Vittorio, war Apulien ja bestimmt nicht gleichzusetzen mit Bari. Und auch nicht mit Lecce und auch nicht wirklich mit Foggia. Was den Rest anging, handelte es sich um Ackerland, und es bedurfte einer gehörigen Portion Unverfrorenheit, um sich über es zu beugen und es im Rhythmus von Presslufthammerschlägen wachzuküssen. Weite Kornfelder und Tabakpflanzungen, unbefestigte Sandstraßen, die zu Plätzen von Dörfern führen, deren Einwohner die Ellenbogen einsetzten, um sich einen Weg durchs Getümmel zu bahnen und den Statuen ihrer Schutzheiligen bündelweise Geldscheine an den Kopf zu werfen. Ihre Blicke auf die Pfaffen geheftet, beteten sie zu Gott, auf dass eine Baugenehmigung es ihnen endlich möglich machte, ihr Land zu verkaufen, das immer weniger Ertrag abwarf.

Der oben genannte Antrag wurde mehrheitlich angenommen. In Santa Cesarea waren sie gezwungen, eine entweihte Kirche in die Luft zu sprengen. In der Provinz von Tarent hatte er abwarten müssen, bis neunzig Hektar Pinienwald Opfer der Flammen wurden, bevor er die Schwelle des Kommunalrats überschreiten konnte.

Diese Grenze zu überwinden, war der erste Schritt. Im Laufe der Jahre hatte er dann mit Bürgermeistern zu Tisch gesessen und sich Reden angehört, für die es im Grunde eines Dolmetschers bedurft hätte. Männer mit Saucenflecken auf dem Hemd bedrängten einen geradezu, mit ihren Dienstmädchen ins Bett zu steigen, um sich auf diesem Wege für den ihnen erwiesenen Gefallen zu revanchieren. Mittagessen um Mittagessen um Mittagessen. Und jetzt war er in der Regionalhauptstadt, fünfunddreißig Jahre alt, einziger Gesellschafter einer Firma, deren Name bis dahin noch niemandem zu Ohren gekommen war. Aber bitte, erkundigt euch bei den Bantu von Pulsano. Holt Informationen unter den Eingeborenen von Campi Salentina ein. Besteigt, wenn ich bitten darf, einen Zug der Südostbahn und bewundert in diesem Teil des Horns von Afrika das erste Hotel mit Golfanlage und auf dessen Dachfirst das Schild mit der Flachreliefschrift »Salvemini Edilizia«, wäre es nicht von den Geranienblüten verdeckt.

»Sie beeilen sich jetzt, dieses Feuerchen zu löschen, oder wir sehen uns genötigt, die Polizei zu rufen.«