Raimund Putzinger

IT für Manager

Raimund Putzinger

IT für Manager

Was Sie über wirksames

IT-Management wissen müssen

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Inhalt:

-Ein fundiertes und umfassendes Werk für ein wertorientiertes Managen des IT-Einsatzes

-analysiert die Hintergründe und bringt die Probleme auf den Punkt, mit denen jedes Unternehmen in irgendeiner Form konfrontiert ist

-zeigt Wege auf, wie das Potential der IT genutzt und gewinnbringend umgesetzt werden kann

-die Unternehmens-IT bedingungslos auf den angestrebten Geschäftserfolg auszurichten, ist der wesentliche Erfolgsfaktor

-Geschäftsmanager und IT-Manager werden dabei gleichermaßen in die Verantwortung genommen

Viele konkrete Anleitungen für effektives IT-Management, Beispiele und Checklisten mit über 200 essentiellen Fragestellungen.

Der Autor:

Raimund Putzinger: Masterstudium an der renommierten University of Toronto; weitere Studien und Managementausbildungen an der Johannes Kepler Universität, der Stanford University und der LIMAK Austrian Business School. Seit über 20 Jahren in der IT tätig. In der Funktion des Geschäftsführers baute er ein globales IT-Unternehmen mit über 200 hochqualifizierten IT-Beratern auf. Sein eigenes Unternehmen ist primär auf IT- Managementberatung spezialisiert.

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflage 2011

© 2011 facultas.wuv, Facultas Verlags- und Buchhandels AG, Stolberggasse 26, 1050 Wien, Österreich

Abbildungen: Marc Putzinger

Print-Ausgabe: ISBN 978-3-7089-0806-9

E-Book: ISBN 978-3-99030-021-3

Auch als pdf erhältlich: ISBN 978-3-99030-022-0

eBook-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
www.brocom.de

Vorwort

Unternehmen in unterschiedlichsten Branchen und Märkten haben hinsichtlich ihrer IT einiges gemeinsam: Die IT stellt heute (und in Zukunft noch viel mehr) einen wichtigen Lebensnerv dar, sie beeinflusst die Unternehmensleistung maßgeblich und sie verbraucht eine Menge an Ressourcen. Ein wichtiges Anliegen jedes Managers müsste daher sein, die IT ausschließlich auf Geschäftsnutzen auszurichten und ihr vorhandenes Potential wirksam umzusetzen. Nach der erfahrenen Praxis tun sich jedoch viele Unternehmen schwer, ihre IT im Rahmen der unterschiedlichen Interessen zielorientiert zu managen und ihren Nutzen konkret nachzuweisen. Probleme in der täglichen Anwendung, Diskussionen über zu hohe Kosten und die Verstrickung der IT in taktische Überlegungen der Entscheidungsträger, verstellen oft den Blick auf die IT als strategische Ressource. So werden etwa die wirksame Abstimmung der IT mit den Unternehmenszielen, die Organisation einer effizienten und zielgerichteten Leistungserstellung oder die Umsetzung von effektiven Prozess- und IT-Landschaften zu großen Herausforderungen.

Trotz gestiegenem Leistungspotential der IT (neue Informationstechnologien und Servicekonzepte) hat sich interessanterweise an diesen Problemstellungen während der letzten zehn bis fünfzehn Jahre kaum etwas verändert. Die vergangene Finanz- und Wirtschaftskrise hat das einmal mehr verdeutlicht: Der Fokus unternehmerischen Handelns lag primär auf der Streichung von IT-Projekten und weniger darauf, die IT effektiv auf zukünftige Geschäftsanforderungen auszurichten.

Woran liegt dieses scheinbar irrationale Verhalten? An den mangelnden Fähigkeiten der Manager, die Chancen durch IT zu erkennen? Ist die IT vielleicht zu kompliziert und zu undurchsichtig, um sie effektiv managen zu können? Oder ist sie einfach nicht wichtig genug? Die Erkenntnis, dass diese Fragen nicht einfach und allgemein gültig zu beantworten sind, hat mich veranlasst, alle IT-relevanten Themen eines Unternehmens in einem Werk abzuhandeln. Maßgebliche Erfolgsfaktoren für den IT-Einsatz identifizieren und wirksame Wege aufzeigen, die eine Transformation der IT vom Kostenfaktor zum strategischen Unternehmenswert ermöglichen, ist die Idee, die diesem Buch zugrunde liegt. Die praxisbezogene Beschreibung der wesentlichen Fragestellungen und Entscheidungskriterien soll Geschäftsmanagern ein Grundverständnis über die wechselseitigen Wirkungen von Geschäft und IT vermitteln, aber auch das nötige Wissen, um die IT rational und wertorientiert managen zu können. Das Buch ist aber auch als Aufforderung an die CIOs zu verstehen, ihre Fähigkeiten und Ressourcen darauf zu konzentrieren, die Geschäftsentwicklung ihres Unternehmens verantwortlich mitzugestalten. Ein Bewusstsein auf beiden Seiten zu fördern, dass die IT nur dann einen effektiven Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele leisten kann, wenn sie eng mit dem verknüpft ist, was auf der Geschäftsseite passiert, bildet die wesentliche Grundlage für diese Ansprüche.

Die Hauptakteure, auf die vielfach Bezug genommen wird, sind dabei in zwei Gruppen aufgeteilt: Die Geschäftsseite (Vorstand, Geschäftsführer, Geschäftsbereichsmanager; Benutzer) und die IT-Seite (CIO, IT-Leiter, externe Dienstleister). Die Beschäftigung mit konkreten Informationstechnologien und Technologiekonzepten hat in dem Buch keine Priorität, weil das einerseits für die Qualität des IT-Einsatzes von geringer Bedeutung ist und andererseits die Leistung des IT-Managements auch nicht steigert. Und wenn sich Entscheidungsträger beispielsweise mit serviceorientierten Softwarearchitekturen oder Open Source Software im Detail auseinandersetzen wollen, sich über Softwarekonzepte und Technologien von ERP-Systemen informieren möchten, stehen ohnehin unzählige Literatur- und Informationsquellen zur Verfügung. Der Inhalt des Buches konzentriert sich auch weniger auf die Interpretation von Literaturwissen, sondern primär auf jene Erkenntnisse, die ich und andere Top-Manager aus vielen Jahren praktischer Erfahrungen gewonnen haben.

Die gewählte Form, die einzelnen Themen in „Stichwörter“ zu gliedern, soll dem vielbeschäftigten Leser ein rasches Erfassen der wesentlichen Punkte zu konkreten Problemstellungen ermöglichen. Durch Checklisten werden entscheidungsrelevante Fragestellungen zu den behandelten Themen anhand gegeben. Diese rationale Form der inhaltlichen Aufbereitung sollte jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass vielfältige Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Stichwörtern bestehen (siehe auch diverse Querverweise). Eine punktuelle Betrachtung der Inhalte könnte daher zu einem unvollständigen Bild und ungerechtfertigten Schlüssen führen.

Im Zuge der Erstellung dieses Buches habe ich viele Gespräche mit Managern unterschiedlichster Branchen geführt. Für die uneingeschränkte Bereitschaft, ihre Erfahrungen und Problemstellungen mit mir zu teilen, bin ich all meinen Gesprächspartnern dankbar. Insbesondere bedanke ich mich bei folgenden Personen (alphabetisch, ohne Titel):

Aumayr Werner, ein CIO, dessen Meinung ich schätze, weil er die IT nicht in Form von Bits und Bytes, sondern als Business-Enabler bei seinen Vorständen positioniert und umzusetzen versteht. Durch sein Feedback haben meine Standpunkte und Argumente eine wertvolle Ergänzung erfahren.

Bieser Frank, ein CIO, der den Geschäftsnutzen der IT immer ins Zentrum seines Handelns stellt. Die Diskussionen mit ihm bereicherten meine Sicht der Dinge.

Niederhametner Petra, die meine Gedankensprünge ordnete und mit großer Sorgfalt Korrektur las. Sie war mir eine große Unterstützung.

Titscher Stefan, der mir seine Erfahrung als Buchautor zu Verfügung stellte, indem er sich inhaltlich einbrachte und mir wichtige Tipps zur Konzeption und zum strukturellen Aufbau des Buches gab.

Nicht zuletzt verdanke ich das Zustandekommen dieses Buches meiner Frau, die meine unzähligen, schreibbedingten Arbeitsstunden (hauptsächlich im Urlaub und an Wochenenden) mit großem Verständnis unterstützte.

Raimund Putzinger Wien, Mai 2011

Inhaltsverzeichnis

1Change Management

Wechselwirkungen von Geschäfts- und IT-Veränderungen

Klassische Change Management Szenarien

Kritische Erfolgsfaktoren für die Umsetzung von Veränderungen

Checkliste Change Management

2Dienstleistungsverträge in der IT

Struktur von IT-Verträgen

Wesentliche Vertragspunkte

Checkliste Dienstleistungsverträge in der IT

3Due Diligence der IT

Zweck und Grundlagen einer IT-Due Diligence

Analyseschwerpunkte

Verwendung des Prüfungsergebnisses

Checkliste Due Diligence der IT

4Entscheidungsträger der IT und die Qualität von Entscheidungen

Entscheidungsträger – eigentliche Verantwortung und typisches Rollenverhalten

Qualität von Entscheidungen in der IT

Checkliste Entscheidungsträger der IT und die Qualität von Entscheidungen

5Geschäftsmodell der IT

Nutzen des Geschäftsmodells

Leistungserstellung und -bereitstellung

Ertragsmodell

Checkliste Geschäftsmodell der IT

6Geschäftsnutzen und Wert der IT

Effektivität und Effizienz durch IT

Rahmenbedingungen für einen hohen IT-Nutzen

Steuern, messen, überwachen

Checkliste Geschäftsnutzen und Wert der IT

7IT-Strategie

Funktion einer IT-Strategie

Wesentliche Grundlagen

Inhaltliche Kriterien

Umsetzungsplanung

Checkliste IT-Strategie

8Leistungsfähigkeit der IT-Organisation

Wesentliche Faktoren der Leistungsfähigkeit

Strategisches IT-Management

Operatives IT-Management

Externe Einflussfaktoren

Checkliste Leistungsfähigkeit der IT-Organisation

9Organisationsformen der IT

Allgemeine Strukturformen

IT-relevante Aufgaben

Organisation des Bedarfs- und Liefermanagements

Checkliste Organisationsformen der IT

10Outsourcing

Grundsätzliche Eignung von IT-Outsourcing

Das passende Outsourcingmodell

Kosten und Nutzen

Umsetzung von IT-Outsourcing

Voraussetzungen für erfolgreiches IT-Outsourcing

Checkliste Outsourcing

11Post Merger IT-Integration

Grundsätzliche Verantwortung der Unternehmensführung

Integrationsformen der IT

Entscheidungsgrundlagen

Inhalte einer IT-Integration

Organisation des Integrationsvorhabens

Phasen einer IT-Integration

Checkliste Post Merger IT-Integration

12Projekte in der IT

Allgemeine Projektregeln

Besonderheiten von Projekten im IT-Bereich

Gründe für das Scheitern von IT-Projekten

Checkliste Projekte in der IT

13RFP-Prozess (Request for Proposal)

Grundsätzliche Überlegungen vor Beginn eines RFP-Prozesses

Definitionen von Zielen und Leistungsanforderungen

Bewertung der Konzepte und Angebote

Bewertung der Anbieter

Vertragsabschluss

Checkliste RFP-Prozess

14Sourcingstrategie für IT-Leistungen

Leistungsbereiche der IT

Modelle der Leistungsorganisation

Beurteilung von Sourcingmodellen

Wesentliche Einflussfaktoren des IT-Sourcings

Checkliste Sourcingstrategien

15Standardisierung der IT

Wesentliche Faktoren bei Standardisierungsüberlegungen

IT-Standardisierung als Verantwortung der Unternehmensführung

Ziele und mögliche Effekte durch IT-Standardisierung

Standardisierungstauglichkeit einzeklner Leistungsbereiche

Checkliste Standardisierung der IT

16Technologiestrategie

Grundsätzliche Szenarien

Abhängigkeiten von Technologielieferanten

Ziele und Kriterien für den Technologieeinsatz

Checkliste Technologiestrategie

17Unternehmensarchitektur

Geschäftsprozess- und Datenarchitektur

IT-Architektur

Entwurf und Implementierung der Unternehmensarchitektur

Checkliste Unternehmensarchitektur

18Verschränkung von Geschäft und IT (Business-IT Alignment)

Dimensionen einer wirksamen Abstimmung von Geschäft und IT

Wesentliche Einflussfaktoren

Werkzeuge zur Unterstützung von Business-IT Alignment

Checkliste Verschränkung von Geschäft und IT (Business-IT Alignment)

19Zentrale bzw. dezentrale Steuerung der IT

Auswirkungen auf Entscheidungsspielräume

Zentrale IT-Steuerung

Shared Service Center (SSC) als Vehikel der zentralen IT-Steuerung

Dezentrale IT-Steuerung

Wie viel zentrale bzw. dezentrale IT-Steuerung braucht ein Unternehmen?

Checkliste Zentrale bzw. dezentrale Steuerung der IT

Begriffe & Erläuterungen

Literaturverzeichnis

Index

1Change Management

Informations- und Telekommunikationstechnologien haben den unternehmerischen Wandel in der Vergangenheit wesentlich beeinflusst und werden dies in Zukunft mehr denn je tun. Der Einsatz von IT hat Geschäftsabläufe wesentlich beschleunigt und verändert. Internet und E-Mail lassen organisatorische und kulturelle Grenzen verschwimmen und haben eine sehr effiziente, weltumspannende Kommunikation bewirkt, die völlig neue Modelle einer globalen Zusammenarbeit ermöglicht. Kunden- und Lieferantenunternehmen werden immer mehr Teil von neuen, integrierten Prozessund Wertschöpfungsketten. Jeder Manager kann heute kostengünstig von überall auf der Welt und zu jeder Zeit auf aktuelle Daten zugreifen. Durch die globale Verfügbarkeit von standardisierten Informationstechnologien können Unternehmen auch virtuell sehr effizient gemanagt werden. Bei all diesen technischen Möglichkeiten ist allerdings eines nicht zu vergessen: Ein effektiver Einsatz von Informationstechnologien in einem zunehmend komplexen Umfeld erfordert enorme Anpassungsleistungen auf der Unternehmensseite. Es genügt ja nicht, in neue Technologien zu investieren und diese den Benutzern zur Verfügung zu stellen. Der Erfolg dieser Technologien zeigt sich darin, wie rasch Geschäftsmodelle, Strukturen und Arbeitsabläufe, Einstellungen und gewohnte Verhaltensweisen mit der Anwendung neuer Technologien in Einklang gebracht werden können. Unternehmen, die die notwendigen Qualifikationen nicht besitzen und diese Veränderungen nicht proaktiv managen, zahlen dafür meist einen hohen Preis, weil sie an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen. Notwendige Veränderungen lassen sich auch nicht aussitzen, sie passieren früher oder später ohnehin. Je höher aber der Druck von innen und/oder außen wird, desto geringer ist der Spielraum, den Veränderungsprozess positiv zu beeinflussen bzw. zu kontrollieren. Change Management bedeutet, Potentiale und Auswirkungen von unternehmerischen Veränderungen frühzeitig zu erkennen, eine Veränderungsleistung konkret zu planen und zielorientiert umzusetzen. Dass das leichter gesagt ist als getan, werden viele Manager aus leidvollen Erfahrungen bestätigen.

Wechselwirkungen von Geschäfts- und IT-Veränderungen

Die Notwendigkeit von Change Management kann sich sowohl aus IT-getriebenen Geschäftsveränderungen wie auch aus geschäftsgetriebenen IT-Veränderungen ergeben. In beiden Fällen sind die gegenseitigen Abhängigkeiten zu managen. Kommt die Veränderungsinitiative von der Geschäftsseite (neues Geschäftsmodell, Prozessoptimierung etc.), so ist die Abstimmung mit der IT bzw. deren Neuausrichtung wichtig, damit am Ende eine entsprechend hohe Unterstützung der veränderten Geschäftsanforderungen auch tatsächlich gewährleistet ist. Sind Veränderungen primär ITgetrieben (Nutzung integrierter ERP-Software, standardisierter Einsatz von Anwendungssoftware, neue Technologien etc.), so bedürfen ihre Auswirkungen auf die Geschäftsorganisation wiederum einer engen Abstimmung bzw. entsprechender Anpassungen. Veränderungen der einen Seite bedingen fast immer Veränderungen der anderen Seite. Diese können durchaus über operative Anpassungsleistungen hinausgehen und sogar zu einer neuen strategischen Ausrichtung auf der Geschäfts- und IT-Seite führen. Die Notwendigkeit und Machbarkeit von Veränderungsmaßnahmen sollte man jedenfalls erst dann beurteilen, wenn ihre Ursachen klar sind und die Auswirkungen insgesamt eingeschätzt werden können.

Nachfolgende Grafik stellt die Wechselwirkung von geschäfts- und IT-getriebenen Veränderungen dar, aus der sich ein entsprechender Abstimmungsbedarf zwischen den betroffenen Organisationen in der Planung und Umsetzungsphase ableitet:

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Abbildung 1: Wechselwirkung von geschäfts- und IT-getriebenen Veränderungen

Klassische Change Management Szenarien

Im Folgenden sind zwei klassische Veränderungsszenarien beschrieben, die den meisten Unternehmen nicht unbekannt sein dürften: Die Implementierung neuer Anwendungssoftware (in unserem Fall eine ERP-Standardsoftware) und die Konsolidierung/Zentralisierung des Betriebes von IT-Infrastrukturen. Beide Szenarien können sowohl geschäfts- als auch ITgetrieben sein.

Implementierung neuer ERP-Software:

Die Ablöse des Produktionsplanungssystems, der Lagerverwaltungssoftware oder die Neueinführung eines Vertriebsinformationssystems kann aus unterschiedlichen Gründen erfolgen: Konsolidierungs- und Standardisierungsziele, die Integration unterschiedlicher Wertschöpfungsstufen oder Vorteile aus der Nutzung neuer Technologien können dazu führen. Sofern die Software selbst nicht ohnehin in den IT-Standards festgelegt ist, erfolgt im ersten Schritt die Evaluierung potentieller Produkte nach unterschiedlichen Anforderungskriterien. Die Erwartungen sind dabei oft hoch: Die voreingestellte Software sollte die nötige Flexibilität aufweisen, um die wichtigen Geschäftsanforderungen abzudecken, integrierte Anwendungen ohne aufwändige Schnittstellenprogrammierung, effektive Technologien zur Erstellung von Zusatzanwendungen und der Zugriff auf eine für viele Anwendungen gemeinsame Datenbasis sollen eine hohe Produktivität in der Implementierung und in der Anwendung gewährleisten. Sobald die Investition entschieden ist und die nötigen Ressourcen organisiert sind, nimmt die Umsetzung des Projektes, beginnend mit der Konzeptphase, seinen üblichen Lauf. Entsprechend den mehr oder weniger gut definierten Anforderungen erfolgt die technische Umsetzung der Arbeitsabläufe im System, Schlüsselbenutzer testen neben ihrem Tagesgeschäft Teillösungen der neuen Software. Vor Produktivnahme des Systems erfolgen die geplanten Benutzerschulungen.

Was dabei vielfach übersehen wird: Der Weg von einer neuen ERP-Software zum erwarteten Geschäftsnutzen funktioniert nur über eine wesentliche kulturelle und organisatorische Veränderung. Soll das Potential der Software tatsächlich genutzt werden, so ist im Zuge der Softwareumstellung eine Reihe von weiteren Veränderungen zu managen. Beispiele dafür sind: Die inhaltliche und strukturelle Neugestaltung von Daten und Prozessen, die Ablöse von gewohnten Arbeitsabläufen (von der möglicherweise auch Kunden und Lieferanten betroffen sind). Wenn Arbeitsabläufe grundlegend neu zu organisieren sind, wird auch in bestehende Verantwortungsstrukturen eingegriffen. Allein durch die standardisierten Abläufe eines integrierten ERP-Systems verschieben sich Aufgaben entlang der Prozesskette zwischen den Organisationsmitgliedern. Benutzer müssen Altes ablegen und sich in ihren neuen Rollen zurechtfinden.

All diese Auswirkungen bedürfen einer entsprechenden Veränderungsleistung auf der Geschäftsseite, die ebenso wie die technische Softwareimplementierung im Detail zu planen und durch qualifiziertes Personal umzusetzen ist. Wird das versäumt, spielt sich die Veränderungsleistung hauptsächlich auf der IT-Seite ab: Die Software wird durch umfangreiche Programmierleistungen so verändert, dass die gewohnten Abläufe mit der neuen Technologie wieder betrieben werden können. Kostspielige Systemimplementierungen und hohe Wartungskosten, ein geringer Nutzungsgrad von mächtigen Softwarepaketen und eine geringe Prozessleistung sind vielfach beobachtete Folgen.

Konsolidierung/Zentralisierung des Infrastrukturbetriebes:

Grundsätzlich gilt: Infrastrukturlastige IT-Veränderungen weisen hinsichtlich der Anforderungen an das Change Management einen wesentlich geringeren Schwierigkeitsgrad auf als anwendungsorientierte. Wird beispielsweise der lokale ERP-Betrieb oder die Desktop-Services outgesourct oder zentralisiert, ist die Notwendigkeit von qualifiziertem Change Management primär auf IT-Seite gegeben. Zum einen sind die lokalen, innerbetrieblichen Leistungsstrukturen entsprechend anzupassen (siehe auch Stichwörter „Outsourcing“ und „Organisationsformen der IT“), zum anderen können sich die Schnittstellen zwischen der IT und den Benutzerorganisationen ändern, was die Neugestaltung der Aufgabenverteilung zwischen Bedarfs- und Liefermanagement und der organisatorischen Abläufe erfordert. Besonders heikel ist dabei der Wegfall von personalisierten, lokalen Dienstleistungen der IT, aber auch die Einschränkung von lokalen Entscheidungsspielräumen. Werden derartige Veränderungen nicht zielorientiert gemanagt, ist es meist schwierig, vorhandene Potentiale aus der Veränderungsmaßnahme umzusetzen. Ineffiziente Strukturen und Abläufe führen zu einem hohen Koordinationsaufwand und zusätzlichen Kosten. Viele gescheiterte Outsourcingprojekte sind Beispiele für fehlendes Change Management.

Kritische Erfolgsfaktoren für die Umsetzung von Veränderungen

Die zielorientierte Umsetzung von Veränderungsmaßnahmen erfordert Rahmenbedingungen, die in vielen Unternehmen alles andere als selbstverständlich sind. IT-Vorhaben die umfassende Veränderungsleistungen auf der Geschäftsseite notwendig machen, sollte man daher auch nach den Umsetzungschancen solcher Veränderungen beurteilen. Diese sind an folgenden fünf Faktoren abschätzbar:

Ziel der Veränderung

Erfolgreiches Change Management bedeutet, eine Veränderungsmaßnahme zielorientiert umzusetzen. Dies setzt allerdings eine konkrete Vorstellung voraus, in welche Richtung etwas zu verändern ist und warum. Dabei sollten immer die damit verbundenen Geschäftsziele im Mittelpunkt stehen. Im Fall der Implementierung einer neuen Anwendungssoftware geht es also darum, was sich durch diese Investition für das Geschäft verändern soll. Erst dadurch ist es möglich, die notwendigen Veränderungsleistungen auf der Geschäftsseite oder in der IT in ihrer Gesamtheit abschätzen, effektiv steuern und deren Umsetzungserfolg überprüfen zu können. Eine Anforderung, der viele Unternehmen in der Praxis allerdings nicht nachkommen. Die Auswirkungen von komplexen IT-Veränderungen, die großteils ohne diese Grundlagen vorgenommen wurden, beschreiben Willcocks/ Sykes1 anhand der ERP-Revolution Ende der 90er Jahre. Ausgelöst wurde sie teilweise durch die Euro-Umstellung und auch durch die Panikmache anlässlich der Jahr-2000-Umstellungen. Die Lieferanten von ERP-Lösungen und die Consultingunternehmen machten Milliardenumsätze. Die Erwartungen an die neue Softwaregeneration waren hoch, obwohl es sehr schwierig war, die diesbezüglichen Kosten zu verifizieren, die Software zu implementieren und einen nachhaltigen Geschäftsnutzen darzustellen. Für viele Unternehmen endeten diese Projekte in einem Desaster, weil nicht klar war, welche Unternehmensziele damit erreicht werden sollen. Notwendige organisatorische Veränderungen wurden nicht gemanagt und blieben daher aus. Transformationsprozesse dieser Art bedürfen der Klärung der Unternehmensziele, damit die notwendigen Qualifikationen für die Implementierung von integrierten Prozessen etc. zielorientiert entwickelt werden können.

Qualifikation der Manager

Die Unternehmensleistung wird mehr denn je von der Fähigkeit der Manager, das Unternehmen oder den Geschäftsbereich erfolgreich durch den Wandel von Marktanforderungen zu führen, bestimmt. Technologische Entwicklungen und die rasche Veränderung von Wertschöpfungsketten und Geschäftsprozessen verändern zusehends die klassischen Anforderungen an das Management. Die Kompetenz, Veränderungsleistungen professionell und effektiv zu managen, zählt, wie etwa strategische Fähigkeiten und soziale Kompetenz, zu den Schlüsselkriterien für organisatorische Leistungsfähigkeit (siehe dazu auch die Überlegungen von Titscher 2001: 97 ff.2). Die zukünftigen Anforderungen an die Manager werden an zwei Problemstellungen sichtbar:

a)Die steigende Komplexität von betrieblichen Zusammenhängen in globalen, prozessgesteuerten Organisationen überfordert konventionelle Führungsmodelle. Es bedarf einer breiten Zusammenarbeit von Organisationsmitgliedern entlang einer immer stärker integrierten inneren und äußeren Wertschöpfungskette.

b)Kulturelle und organisatorische Veränderungen lassen sich nicht von oben verordnen. Rang und Funktion verlieren als Führungsinstrument an Wichtigkeit. Hingegen nimmt der Manager immer mehr die Rolle des Trainers im Veränderungsprozess ein, der seine Mitarbeiter zu einem offenen, aktiven Mitgestalten von Veränderungen motiviert und sie dabei berät und unterstützt.

Führungskräfte, die sich dieser Herausforderungen bewusst sind und über die notwendigen Qualifikationen verfügen, können speziell die IT als wichtigen Hebel zur Steigerung der Unternehmensleistung nutzen. Gelingt es den CIOs weniger technologieorientiert zu agieren, sondern als kompetente Stütze im Veränderungsmanagement Fuß zu fassen, wird ihre Rolle enorm an Bedeutung gewinnen.

Verständnis der IT als Geschäftsperspektive: Geschäfts- und IT-Manager müssen nicht unbedingt Prozessanalyse und -modellierung beherrschen. Aber sie müssen die wesentlichen Möglichkeiten und Mechanismen für die Geschäftssteuerung verstehen und Rahmenbedingungen schaffen können, die eine enge Abstimmung von Organisationsstrukturen, Geschäftsprozessen und Informationstechnologien sicherstellen. Diese Verantwortung ist nicht an die Benutzer zu delegieren, sondern durch die Geschäftsmanager und den CIO wahrzunehmen. Dass diese Anforderungen nicht ganz einfach zu erfüllen sind, lässt sich aus den Erfahrungen in der Praxis ableiten.

Der Hype der 90er Jahre, den Hammer und Champy mit ihren Ideen zum „Business Process Reengineering“ ausgelöst haben, hat sich auch nicht wirklich zur Erfolgsgeschichte entwickelt. Die meisten Unternehmen konnten das erwartete Potential aus der Optimierung ihrer Geschäftsprozesse nicht umsetzen. Das ist auch ein hoher Anspruch, und wie Doppler/Lauterbach3 treffend feststellen, sind viele Manager in ihrem funktionalen Denken mit diesem Anspruch überfordert. „Es geht ja nicht darum, bestehende Arbeitsabläufe ein bisschen schneller und kostengünstiger zu machen, sondern das Geschäftsmodell, ausgehend vom Kundennutzen, neu zu denken.“ Dafür werden nach wie vor die Möglichkeiten der IT viel zu wenig in Anspruch genommen.

Die Ursache, dass Maßnahmen zur Prozessoptimierung nicht umgesetzt werden bzw. nicht den gewünschten Erfolg aufweisen, beginnt bei den methodischen Fehlern, denen auch erfahrene Unternehmensberater unterliegen: So ist es z.B. durchaus üblich, die Konzeption neuer Geschäftsstrukturen und Prozesslandschaften ohne Abstimmung mit der IT in die Umsetzung zu verabschieden. Nachdem die externen Berater längst das Haus verlassen haben, wird die IT mit den Anforderungen konfrontiert. Vielfach bleibt dann die Erkenntnis, dass das Geplante nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand realisierbar ist. In Zukunft wird es mehr denn je darauf ankommen, die Potentiale der IT als wesentlichen Teil der Unternehmensleistung zu erkennen und als solche in der Planung und Umsetzung von neuen Geschäftskonzepten zu berücksichtigen.

Identifikation und Akzeptanz

Geschäftsmanager und Benutzer fühlen sich in Sachen IT oft fremdbestimmt und machtlos. Sei es eine neue Technologie, die (weil Konzernstandard) zu implementieren ist, oder ein Logistik-Template, das zentral ausgerollt wird, oder ein bestimmtes Betriebsführungsmodell, das sich aus der IT-Strategie ergibt. Betroffene Benutzer reagieren, ohne Vor- und Nachteile objektiv zu analysieren, naturgemäß mit Widerstand bis hin zur völligen Ablehnung. Oft sind es die Geschäftsmanager selbst, die anstehende Veränderungen durch die Vorgabe aus der Konzernzentrale nicht akzeptieren können. Neben der fachlichen Qualifikation, Veränderungsleistungen umsetzen zu können, sind jedoch die Identifikation mit dem Ziel der Veränderung und die Akzeptanz der Veränderungsmaßnahmen durch die betroffenen Geschäftseinheiten wesentliche Kriterien für erfolgreiches Change Management. Folgende vier Schritte nehmen Einfluss auf die Erfüllung dieser Kriterien:

Geschäftsnutzen vermitteln:

Eine gewünschte Veränderung darf nie um der Veränderung willen forciert werden. Eine Veränderungsleistung kann nur dann wirksam eingefordert werden, wenn sie die Fragen nach dem Wofür und Wohin plausibel beantwortet. Die Notwendigkeit der Maßnahmen und die damit verfolgten Ziele müssen glaubhaft vermittelt werden können. Wenn z.B. ein einheitliches SAP-System für Materialwirtschaft und Logistikanwendungen in mehreren Konzernunternehmen implementiert werden soll, ohne dass damit die Umsetzung eines unmittelbaren Geschäftsnutzens verknüpft wird, so ist vermutlich keine konstruktive Unterstützung durch die Benutzerseite zu erwarten. Wenn hingegen damit eine europaweite Reduzierung der Lagerbestände um 30% und ein entsprechendes Potential aus der Optimierung der Transportlogistik umgesetzt werden kann, so wird diese Maßnahme grundsätzlich als sachlich gerechtfertigt erachtet werden.

Einbindung der wesentlichen Mitspieler:

Wer kennt sie nicht, die machtpolitischen Spielchen, das weit verbreitete „Not invented here Syndrom“, die plötzlich an den Tag gelegte Energie, um ungeliebte Veränderungen abzuwenden. Qualifizierte Führungskräfte und Mitarbeiter wollen Technologien, Prozesse und Anwendungen nicht verordnet bekommen, sondern die Planung beeinflussen und deren Umsetzung mitgestalten. Schließlich kennen sie ihr Geschäft selbst am besten. Oft geht es um ihre vertraute Arbeitsumgebung, die Gefahr läuft, empfindlich gestört zu werden. Führungskräfte, die sich diesen Problemstellungen offen widmen, können ein enormes Kreativitäts- und Beschleunigungspotential in der Umsetzung von Veränderungsmaßnahmen realisieren. Folgende drei Fragen sind dabei wichtig:

Welche Personen sind notwendig, um eine Veränderungsmaßnahme erfolgreich umzusetzen? Von der Unternehmensführung initiierte Veränderungen haben üblicherweise viele Gegner an der Basis und wenige Befürworter im mittleren Management. Je mehr allerdings ein Veränderungsprozess von unten getragen wird, desto wirksamer kann dieser auch umgesetzt werden. Die Unterstützung von Schlüsselbenutzern, die aufgrund ihrer fachlichen und persönlichen Fähigkeiten, direkt oder über andere Organisationsmitglieder einen positiven Einfluss nehmen können, ist für den Umsetzungserfolg unentbehrlich. Sind auch externe Dritte, wie etwa Kunden, Lieferanten, Behörden, von den Veränderungen betroffen (oder sogar von diesen initiiert und gefordert), ist die Einbindung dieser Partner ebenfalls sinnvoll.

In welcher Form sind sie einzubinden? Im Zuge von Veränderungsmaßnahmen sollte klar sein, wer welchen Beitrag zu leisten hat. Hauptbetroffene sollten mit einem möglichst aktiv zu gestaltenden Beitrag, der eine konkrete inhaltliche Veränderungsleistung oder die Koordination und Steuerung beinhaltet, betraut werden. Organisationen und Personen, die in vor- oder nachgelagerten Prozessstufen von Veränderungen betroffen sind, sollten eher in Planungsaktivitäten oder auch nur informell eingebunden sein. Das kann z.B. die Produktionsplanung betreffen, die zukünftig Daten aus dem neuen ERP-System in geänderter Form zur Verfügung gestellt bekommt, oder einen Kunden, der nach Produktivnahme des ERP-Systems mit einer neuen Form der administrativen Lieferabwicklung konfrontiert sein wird.

Welche Spielregeln sind einzuhalten? Die Einigung auf gemeinsame Spielregeln kann einen zeitraubenden Prozess erfordern. Einvernehmliche Festlegungen, nach welchen Kriterien z.B. Entscheidungen getroffen werden oder woran der Erfolg einer Veränderungsmaßnahme gemessen wird, machen sich aber in der Umsetzungsphase bezahlt. Solche Spielregeln sind allerdings nur dann als gemeinsame Basis nützlich, wenn sie formal und verbindlich sind und wenig Interpretationsspielraum zulassen. Speziell bei interkulturellen Projekten, bei denen nicht nur unterschiedliche Interessen, sondern sprachliche und kulturell bedingte Verständigungsprobleme hinzukommen, ist dies ein wichtiges Gebot.

Persönlichen Nutzen vermitteln:

Bevor unternehmerische Veränderungspläne offiziell kommuniziert werden, lösen Gerüchte bereits Verunsicherung, Angst und Unruhe aus. Führungskräfte und Mitarbeiter beginnen, Chancen, Gefahren und Risiken für sich selbst und die anderen Organisationsmitglieder (Konkurrenten) einzuschätzen. Je nach Gewinnchancen werden Reaktionsstrategien entwickelt. In einer solchen Situation ist es wichtig, rasch für Klarheit zu sorgen und die geplanten und erwarteten Auswirkungen auf die Führungskräfte und Mitarbeiter offen zu kommunizieren. Für jene, die eine wesentliche Rolle im Veränderungsprozess einnehmen sollen, ist es wichtig, dass sie ihren persönlichen Nutzen erkennen. Schließlich ist eine über Jahre individuell perfektionierte Routine aufzugeben, zu der naturgemäß auch eine hohe Identifikation entwickelt wurde. Dem Aufwand für die Umstellung und den damit verbundenen Unannehmlichkeiten muss etwas Lohnendes gegenüberstehen.

Der individuell erwartete Nutzen muss durch Veränderung zum Neuen also höher sein als durch das Beharren auf Altem. Das kann etwa die Steigerung der persönlichen Arbeitsleistung durch effizientere Prozesse, ein größeres Aufgabengebiet oder eine verbesserte Perspektive im Unternehmen sein.

Fairer Umgang mit Veränderungsverlierern:

Größere Veränderungsprozesse haben am Ende nicht nur Gewinner zur Folge. Ein offener und fair empfundener Umgang mit den negativen Konsequenzen eines Veränderungsprozesses, wie etwa die Trennung von Mitarbeitern, ist ebenfalls ein wichtiger Teil des Change Managements. Eine sachliche und glaubhafte Begründung, warum die eine oder andere Funktion nicht mehr gebraucht wird oder eine neue Qualifikation erfordert, trägt insgesamt zu einem konstruktiven Umfeld bei, das die Veränderungsleistung positiv beeinflusst.

Veränderungsfreundliche Unternehmenskultur

Unternehmenskultur entsteht aus den geschriebenen und ungeschriebenen Traditionen, Regeln und Werten. Abhängig von ihrer Entwicklungsstufe beeinflusst die Unternehmenskultur das Denken, Empfinden und Handeln der Organisationsmitglieder mehr oder weniger stark. Eine Kultur, in der Veränderung grundsätzlich positiv besetzt ist, auf vielfältige Weise gelebt und unterstützt wird, stellt eine wichtige Stütze für das Managen von Veränderungen dar. Entsprechende Spielräume für unternehmerische Kreativität und eine entsprechend hohe Fehlertoleranz seitens des Unternehmens kennzeichnen diese Kulturen. Denn wenn eine misslungene Initiative den Job oder die Karriere kosten kann, wird sich jeder hüten, ein solches Risiko einzugehen. In einem veränderungsfördernden Umfeld wissen Manager und Mitarbeiter auch, in welcher Form sie konkret zu angestrebten Veränderungen beitragen sollen, und sie sind in die Verantwortung für den Veränderungserfolg eingebunden. Je mehr es einem Unternehmen gelingt, Veränderung glaubwürdig als Wert für den zukünftigen Geschäftserfolg zu etablieren, desto attraktiver ist das Unternehmen auch für Mitarbeiter die Veränderungen positiv mitgestalten und entsprechende Fähigkeiten mitbringen bzw. entwickeln wollen.

Wirksame Organisation von Veränderungsmaßnahmen

Wie in den vorigen Punkten beschrieben, weisen geschäfts- und IT-getriebene Veränderungen eine starke Wechselwirkung auf. Wenn es jedoch um die Organisation konkreter Veränderungsprojekte geht, wird das vielfach vergessen. Während bei geschäftsgetriebenen Veränderungen die rechtzeitige Abstimmung mit der IT gerne vernachlässigt wird, werden IT-getriebene Umstellungen allzu oft als Projekt der IT gesehen. Dabei sollte es eigentlich gängige Praxis sein, die notwendigen Veränderungen auf der Geschäftsseite sorgfältig zu planen, vorzubereiten und zu steuern. Tatsächlich laufen jedoch die geschäftsseitigen Veränderungsleistungen im Zuge einer IT-Umstellung meistens am Rande des Tagesgeschäftes nebenher. Projektmanagement und diverse Aufsichtsgremien sind hauptsächlich mit der Koordination und Steuerung der technischen Umsetzungsaktivitäten beschäftigt. Unzureichend geschulte Benutzer, die viel zu wenig auf ihr neues Arbeitsumfeld vorbereitet sind, nehmen komplexe Systeme in Betrieb, die zu wenig auf Erfüllung der tatsächlichen Anforderungen getestet wurden und fehlerbehaftet sind. Obwohl sich immer wieder zeigt, dass es weniger die technischen Umstellungen sind, die Schwierigkeiten bereiten, als jene, die die Geschäftsprozesse und das Denken und Verhalten der Organisationsmitglieder betreffen. Durch IT ausgelöste Veränderungsmaßnahmen brauchen daher eine eigene Projektorganisation auf der Geschäftsseite. Sie erfordern Geschäftsverständnis, Prozess- und Prozessmanagement-Know-how und ein professionelles Projektmanagement. Bei internationalen Implementierungsprojekten können sich zusätzliche Qualifikationsanforderungen, wie etwa interkulturelle Kompetenz, ergeben.

Zusammenfassend ist festzuhalten: Eine effektive IT-Umstellung beinhaltet immer zwei Projekte, die eng aufeinander abzustimmen sind: Das eine bezieht sich auf die technische Umsetzung (Technologieumstellung, informationstechnische Umsetzung der Prozesse etc.), das andere betrifft die Neugestaltung der Geschäftsorganisation (Strukturen, Abläufe, Schnittstellen etc.) und der Benutzerrollen. Die tatsächliche Nutzung von Potentialen neuer IT-Lösungen wird letztlich dadurch bestimmt, in welchem Ausmaß die Geschäftsorganisationen in der Lage sind, diese Lösungen zur Steigerung der Unternehmensleistung einzusetzen.

Checkliste Change Management

Der Erfolg von Veränderungsmanagement zeigt sich darin, in welchem Ausmaß und wie rasch Geschäftsmodelle, Strukturen und Arbeitsabläufe, Einstellungen und gewohnte Verhaltensweisen mit Informationstechnologien in Einklang gebracht werden können. Zunächst ist allerdings festzulegen, welchen strategischen Wert Veränderungsleistungen für das Unternehmen haben und was mit dem Einsatz von Change Management erreicht werden soll. In der Umsetzung von Veränderungsleistungen braucht es weniger den in der Praxis ausgeprägten technologieorientierten Zugang im IT-Einsatz, sondern Rahmenbedingungen, die eine hohe Veränderungsleistung der Geschäftseinheiten, unter Berücksichtigung der Unternehmensziele, gewährleisten. Die Qualifikation der Manager, das kulturelle Unternehmensumfeld und die Veränderungsfähigkeit der Benutzerorganisationen sind dabei bestimmende Faktoren.

Strategischer Einsatz von Change Management

1.Wie abhängig ist das Unternehmen von seiner Veränderungsfähigkeit?

Wie rasch und in welchem Ausmaß Märkte einem Wandel unterliegen, ist branchenspezifisch zu beurteilen. Die Kompetenz, flexibel auf neue Marktanforderungen reagieren zu können, wird jedoch zunehmend zum Gradmesser für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.

2.Wer oder was treibt Veränderungen?

Nimmt man die IT ernst, so sind die alten Fragen „Passt sich die IT an das Geschäft an oder das Geschäft an die IT?“ nicht eindeutig zu beantworten. Natürlich gibt es Geschäftsanforderungen, die von der IT ohne Wenn und Aber zu erfüllen sind. Andererseits bietet die IT Lösungen, die es wert sind, Geschäftsprozesse anzupassen oder sogar ganze Geschäftsmodelle danach auszurichten.

3.Könnte die Neugestaltung des IT-Einsatzes neue Geschäftsperspektiven eröffnen?

Es geht ja nicht nur darum, die Geschäftsprozesse durch IT bestmöglich zu unterstützen, sondern auch zu überlegen, wie durch IT-Einsatz neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen sind.

4.In welchem Ausmaß soll die IT als Veränderungsmotor im Unternehmen genutzt werden?

IT-getriebene Veränderungen erfordern eine umfassende Veränderungsleistung auf der Geschäftsseite. Zielorientiert eingesetzt, eignet sich die IT durchaus als Mittel für gewünschte Veränderungen außerhalb der IT. Beispiel: Restrukturierung von Prozesslandschaften durch standardisierten Softwareeinsatz.

5.Auf welcher Grundlage werden Veränderungen beschlossen?

Wesentliche Veränderungsleistungen benötigen geschäftsbezogene Grundlagen, aus denen die Ziele für das konkrete Vorhaben klar hervorgehen. Ist das nicht gegeben, ist eine Steuerung und Überprüfung des Umsetzungserfolges nicht möglich.

Qualifikation der Manager

6.Welche Ansprüche hat das Unternehmen an seine Manager hinsichtlich Change Management?

Die Fähigkeit, das Unternehmen und seine Mitarbeiter professionell und zielgerecht durch Veränderungsprozesse zu führen, gehört zu den Kernkompetenzen eines Managers. Das Gegenstück zu Veränderungskompetenz heißt Verwaltungskompetenz.

7.Sind die Entscheidungsträger hinreichend qualifiziert, um die Wechselwirkungen von Geschäft und IT zielorientiert managen zu können?

Ein gutes Verständnis über die Folgewirkungen von Veränderungen der Geschäfts- oder IT-Seite sollte ein Manager mitbringen. Wenn der CIO sein Geschäft technologieorientiert führt und der Geschäftsmanager die IT nicht gerade als seine Kernfunktion versteht, wird der Nutzen von Veränderungsmaßnahmen nicht realisiert.

8.Welche Rolle soll der CIO im unternehmerischen Veränderungsprozess spielen? Bei entsprechender Qualifikation gewinnt die Funktion des CIO enorm an Bedeutung. Seine Aufgabe ist es, IT-Potentiale und ihre Auswirkungen auf das Geschäft transparent zu machen und die Veränderungsmaßnahmen auf IT- und Geschäftsseite gemeinsam mit den Geschäftsmanagern zu planen und deren Umsetzung zu steuern.

Kulturelles Umfeld

9.Wie erfolgreich hat das Unternehmen Veränderungen in der Vergangenheit bewältigt?

Die grundsätzliche Veränderungsfähigkeit des Unternehmens erkennt man daran, wie es den Geschäftsorganisationen bisher gelungen ist, Veränderungsprozesse zum gewünschten Ergebnis zu führen.

10.Sind Kreativität und Innovation gelebte Werte?

Veränderungsfähigkeit definiert sich auch über die Unternehmenskultur. Ein fehlertolerantes Unternehmen, in dem Kreativität und Innovation eine entsprechende Wertschätzung erfahren, ist für jene Manager und Mitarbeiter attraktiv, die diese Werte auch tatsächlich umsetzen können.

11.Wie werden Veränderungsinitiativen unterstützt?

Um das unternehmensinterne Ideenpotential zu nutzen, ist eine zielorientierte Förderung und Steuerung von Initiativen der Benutzer- und IT-Organisationen notwendig.

Veränderungsfähigkeit der Benutzerorganisationen

12.Welche Veränderungen erfordern welche Veränderungsmaßnahmen?

IT-Änderungen können eine Reihe von Veränderungsleistungen auf der Geschäftsseite verursachen, und umgekehrt. Nur eine detaillierte Analyse von gegenseitigen Abhängigkeiten macht die gesamten Folgewirkungen einer Veränderung transparent und ermöglicht es, diese auch zu managen.

13.Welche Qualifikationen brauchen die Geschäftseinheiten für eine hohe Prozessleistung?

Geschäftsprozesse sind aufgrund sich ändernder Geschäftsanforderungen immer wieder auf ihre Leistungsfähigkeit zu prüfen und zu verbessern. Das Know-how zur Analyse, Simulation, Modellierung und Umsetzung von Prozessen sollte unternehmensintern vorhanden sein.

14.Welcher Maßnahmen bedarf es, um eine breite Unterstützung für Veränderungen zu erhalten?

Die Identifikation mit den Zielen einer Veränderung und die Akzeptanz der Veränderungsmaßnahmen durch die betroffenen Geschäftseinheiten sind wesentliche Indikatoren für die Umsetzungschancen von geplanten Veränderungen. Die Einbindung der Schlüsselpersonen und die glaubwürdige Vermittlung, dass dem Aufwand der Veränderung am Ende ein höherer Ertrag (nicht nur im finanziellen Sinne) gegenübersteht, steigert die Erfolgschancen beträchtlich.

15.Werden geschäftsgetriebene Veränderungen hinreichend mit der IT abgestimmt?

Die Abstimmung mit der IT sollte in jedem Fall Teil einer standardisierten Vorgehensweise sein. Nur so wird eine effektive Erfüllung der neuen Geschäftsanforderungen durch die IT gewährleistet.

16.Wie werden geschäftsseitige Veränderungsprozesse im Rahmen einer ERP-Implementierung organisiert?

Geschäftsseitige Veränderungsprozesse sind nicht geeignet, als Teil der technischen IT-Implementierung nebenher zu laufen, sondern bedürfen einer eigenen Organisationsform. Der Schwierigkeitsgrad und Aufwand kann dabei sehr unterschiedlich ausfallen. Wenn z.B. ein Template für ERP-Anwendungen für mehrere Konzerngesellschaften entwickelt und implementiert werden soll, so sind unterschiedliche IST-Organisationen in eine SOLL-Organisation zu transformieren. Dazu braucht es eine zentral verantwortliche Stelle für Prozessmanagement.

17.In welchem Umfang sind geschäftsseitige Veränderungen nach Implementierung einer neuen Anwendungssoftware vorgesehen?

Die Umstellung von Geschäftsprozessen etc. ist nicht mit der Produktivnahme komplexer IT-Systeme abgeschlossen. Im Gegenteil, die zweite Phase an Veränderungsleistungen ist ebenso wichtig wie die erste. Gilt es nach dem Produktivstart halbwegs ohne Störungen des Tagesgeschäftes über die Runden zu kommen, steht in der zweiten Phase die Nutzenfrage im Vordergrund. Der Implementierung nachgelagerte Veränderungsleistungen, wie etwa Benutzerschulungen, Harmonisierung von Arbeitsabläufen und Benutzerverhalten, Fehlerbehebungen, Ablöse von Nebensystemen, Applikationsanpassungen etc., machen die Erreichung der Ziele, die mit der Investition verbunden wurden, erst möglich.

2Dienstleistungsverträge in der IT

Ein Dienstleistungsvertrag zwischen einem Unternehmen und einem professionellen IT-Dienstleister, wie z.B. ein Outsourcingvertrag oder ein Softwareimplementierungsvertrag, stellt eine Besonderheit unter Lieferantenverträgen dar. Die tatsächliche Leistungserfüllung und die Erreichung der damit verbundenen Ziele sind mit einer Reihe von Unsicherheiten behaftet. Im Gegensatz zu einer Vereinbarung über die Lieferung eines Produktes mit klar spezifizierten Funktionen (Maschinen, Hardware etc.), erfolgt bei einer IT-Dienstleistung der Leistungserstellungsprozess erst nach Vertragsabschluss.

Die vertragskonforme Erfüllung durch den Dienstleister hängt außerdem wesentlich von der Leistung der Kundenseite ab. Die tatsächliche Messbarkeit der Leistungserfüllung ist dabei nicht immer gegeben. Wenn sich z.B. im Zuge einer ERP-Implementierung herausstellt, dass gewisse Prozesse und Funktionalitäten nicht so umgesetzt werden können, wie das im Konzept, das dem Vertrag zu Grunde liegt, vorgesehen wäre, oder wenn im Rahmen eines outgesourcten Anwendungsbetriebes einzelne Betriebskomponenten, wie etwa das lokale Netzwerk, in der Kundenverantwortung liegen, dann gestaltet sich eine klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten oft schwierig.

Unterschiedliche Erwartungshaltungen führen nicht selten zu kostenintensiven Vertragsreparaturen. Aufgrund der Komplexität und der oft langen Bindungsfristen von IT-Verträgen ist darauf zu achten, dass die Flexibilität und Entscheidungsfreiheit eines Unternehmens in den wichtigen Punkten weitgehend erhalten bleiben.

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