Selbstbildnis von Daniil Charms 1925
Inhalt
Porträt
1. Abteilung:
Vermischte Prosa
Sache
An der Uferstraße unseres Flusses
Bobrow ging die Straße entlang
Ein gewisser Ingenieur hat sich zum Ziel gesetzt
Wie seltsam, wie unaussprechlich seltsam es ist
Anton Gawrilowitsch Nemezki rennt
Iwan Fjodorowitsch kam nach Hause
In Amerika hängt in jeder Schule
Ein Mönch stieg hinab in eine Gruft
Iwan Jakowlewitsch Bobow erwachte bester Laune
Vier Deutsche aßen Schweinshaxe
Mironow wickelte die Wanduhr in eine Decke
Mehrchen
Da begannen alle gleichzeitig zu reden
Wenn ich einen Menschen sehe
Amerikanische Geschichte
Andrej Iwanowitsch spuckte in eine Tasse
Wie alle wissen, hatte Besymenski
Olga Forsch kam zu Alexej Tolstoi
Über das Gleichgewicht
Über Erscheinungen und Existenzen Nr. 1
Über Erscheinungen und Existenzen Nr. 2
Ein Anstreicher stieg in seine Gondel
Aus dem Stegreif
Ein Mann mit einem dummen Gesicht
Doch der Maler hieß das Aktmodell
Ich wurde im Schilf geboren
Geschichte
Die Karriere des Iwan Jakowlewitsch Antonow
Feiertag
Überraschendes Saufgelage
Eine Frauensperson rang verzweifelt die Hände
Es war einmal ein Mann, der hieß Kusnezow
Neue Anatomie
Kulakow setzte sich in einen tiefen Sessel
Fabel
»Wissen Sie«, sagte er
Wenn eine Ehefrau allein
»Trinken Sie Essig, meine Herren«
Anton Antonowitsch rasierte sich
Zwei Leute kamen ins Gespräch
Möchten Sie, dass ich Ihnen eine Geschichte
Es heißt, demnächst
Ein dicker Mann erfand
Schicksal einer Professorengattin
Darüber, wie ein Mann zerbröselte
Ein Mechaniker beschloss
Die Kassiererin
Vater und Tochter
Neue Bergsteiger
Über Puschkin
Der Ritter
Intimes aus dem schweren Leben eines Musikus
Tod eines alten Männleins
Bei einem kleinen Mädchen
Ein Mann, der sich nicht weiter
»Gibt es etwas auf der Erde…«
Wie ich einmal von den Boten besucht wurde
»Makarow! So warte doch!«
Passacaglia Nr. 1
Ein Dreckskerl
Exakt vor 56 Jahren
Erinnerungen eines weisen alten Mannes
Ein Mann ging als Gläubiger schlafen
Die vierbeinige Krähe
Wenn der Schlaf den Menschen flieht
Er war so verdreckt
Die Mütze
Man nennt mich den Kapuziner
Das Heft
Geburtstagsmarsch
Der Maler und die Uhr
Ein neues Schriftstellertalent
Erziehung
Kolkow hatte Schmerzen in der Hand
Der Vorfall mit meiner Frau
Ich wirbelte Staub auf
Ein Franzose hatte ein Sofa
Auf der Hauptstraße einer großen Stadt
Auf dem Bett warf sich
Ein Mann verfolgte einen anderen
Die Ritter
Myschins Sieg
Die Vorlesung
Peretschin setzte sich
Pammphleet
Störung
Wie leicht der Mensch
Fallen
Macht
Die Abenteuer eines Caterpillars
Alle Menschen lieben das Geld
In einer Straßenbahn saßen zwei Männer
»Ja«, sagte Koslow ...
Ich habe mir die Ohren nicht zugehalten
Sinfonie Nr. 2
Rehabilitierung
Die Alte. Roman
2. Abteilung: Von Charms selbst zusammengestellte Zyklen
»Das himmelblaue Heft«
Vorfälle
Das himmelblaue Heft Nr. 10
Vorfälle
Herausfallende alte Frauen
Sonett
Petrow und Schnakow
Optische Täuschung
Puschkin und Gogol
Der Tischler Kuschakow
Die Truhe
Vorfall mit Petrakow
Geschichte der Raufbolde
Traum
Der Mathematiker und Andrej Semjonowitsch
Der junge Mann, der einen Wächter zum Staunen brachte
Vier anschauliche Beispiele dafür, wie eine neue Idee einen Menschen verblüfft, der nicht darauf vorbereitet ist
Verluste
Makarow und Petersen
Lynchjustiz
Begegnung
Missglückte Theatervorstellung
Tock!
Was sie heutzutage in den Geschäften alles verkaufen
Maschkin hat Koschkin erschlagen
Der Schlaf foppt einen Mann
Die Jäger
Historische Episode
Fedja Dawidowitsch
Anekdoten aus dem Leben Puschkins
Der Beginn eines sehr schönen Sommertages
Pakin und Rakukin
Der Wundertäter – Nachwort des Herausgebers
Text- und Bildnachweis
Chronologische Tafel zu Charms' Leben
Das Buch
Die Autoren
Impressum
Handgeschriebene Visitenkarte von Daniil Charms Ende 1920er Jahre
Mutter, Vater und die Hausangestellte mit Namen Natascha saßen am Tisch und tranken.
Vater war zweifellos ein Saufkopp. Selbst Mutter guckte von oben auf ihn herab. Doch das hinderte Vater nicht daran, ein sehr guter Mensch zu sein. Er lachte gutmütig und wippte mit dem Stuhl. Das Dienstmädchen Natascha, mit Häubchen und Schürze, kicherte die ganze Zeit fürchterlich. Vater brachte alle mit seinem Bart zum Lachen, aber das Dienstmädchen Natascha senkte verschämt den Blick, womit sie ihre Verlegenheit zum Ausdruck brachte.
Mutter, eine große Frau mit voluminöser Frisur, sprach mit Pferdestimme. Mutters Stimme wieherte durchs Esszimmer, hallte im Hof und in den anderen Zimmern wider. Alle kippten ein erstes Gläschen, waren einen Moment lang still und aßen ein Stück Wurst. Nach einer Weile begannen sie alle wieder zu reden.
Plötzlich klopfte jemand völlig überraschend an die Tür. Weder Vater, noch Mutter, noch das Dienstmädchen Natascha hatten eine Ahnung, wer da an die Tür geklopft hatte.
»Wie merkwürdig«, sagte Vater, »wer da wohl an die Tür geklopft hat?«
Mutter machte ein mitleidiges Gesicht, schenkte sich außer der Reihe ein zweites Glas ein, trank es aus und sagte: »Merkwürdig.«
Vater sagte nichts Schlimmes, sondern schenkte sich auch ein Gläschen ein, trank es aus und stand vom Tisch auf. Vater war nicht sehr groß. Kein Vergleich zu Mutter. Mutter war eine große, korpulente Frau mit Pferdestimme, und Vater war bloß ihr Gatte. Obendrein war Vater sommersprossig.
Mit einem Schritt stand er an der Tür und fragte:
»Wer ist da?«
»Ich«, sagte eine Stimme hinter der Tür. Gleich darauf öffnete sich die Tür und herein kam das Dienstmädchen Natascha, ganz verlegen und rosig. Wie eine Blume. Wie eine Blume.
Vater setzte sich.
Mutter trank noch einen.
Das Dienstmädchen Natascha und das andere wie eine Blume erröteten vor Scham. Vater sah sie an und sagte nichts Schlimmes, sondern trank bloß noch einen, ebenso wie Mutter.
Um das unangenehme Brennen im Mund zu mildern, öffnete Vater eine Konservendose mit Krebspaste. Alle waren sehr froh und aßen bis zum Morgen. Aber Mutter sagte nichts und saß auf ihrem Platz. Das war sehr unangenehm.
Als Vater Anstalten machte, etwas zu singen, wurde ans Fenster geklopft. Mutter sprang vor Schreck auf und schrie, sie habe deutlich gesehen, wie jemand von der Straße durchs Fenster geschaut habe. Die anderen versicherten ihr, das sei unmöglich, da ja ihre Wohnung im zweiten Stock gelegen sei und niemand von der Straße durchs Fenster schauen könne, dafür müsse man schon ein Riese oder ein Goliath sein. Aber Mutter hatte sich drauf versteift. Nichts auf der Welt konnte sie davon überzeugen, dass niemand durchs Fenster geschaut hatte.
Um Mutter zu beruhigen, schenkte man ihr noch ein Gläschen ein. Mutter trank es aus. Vater schenkte sich auch eins ein und trank es aus.
Natascha und das Dienstmädchen wie eine Blume saßen da, den Blick vor Verlegenheit gesenkt.
»Ich kann nicht gut aufgelegt sein, wenn man uns von der Straße durchs Fenster beobachtet«, schrie Mutter.
Vater war verzweifelt, denn er hatte keine Ahnung, wie er Mutter beruhigen sollte. Er rannte sogar auf den Hof hinaus und versuchte von dort aus zumindest durch ein Fenster im ersten Stock zu schauen. Natürlich reichte er nicht bis dahin. Doch Mutter überzeugte das nicht im Geringsten. Dabei hatte sie gar nicht gesehen, wie Vater nicht mal bis ans Fenster im ersten Stock gereicht hatte.
Vollkommen entnervt von alldem, kam Vater wie ein geölter Blitz ins Esszimmer gerast und kippte auf einen Satz zwei Gläser, nachdem er Mutter auch eins eingeschenkt hatte. Mutter trank ihr Glas aus, sagte aber, sie trinke nur, um ihre Überzeugung zu bekräftigen, dass da jemand durchs Fenster geschaut habe.
Vater breitete nur resigniert die Arme aus.
»Hier«, sagte er zu Mutter, ging zum Fenster und machte beide Flügel weit auf.
Ein Mann mit schmutzigem Kragen und einem Messer in der Hand versuchte durchs Fenster hereinzuklettern. Als Vater ihn erblickte, schlug er das Fenster zu und sagte:
»Da ist keiner.«
Doch der Mann mit dem schmutzigen Kragen stand vorm Fenster und blickte ins Zimmer, dann öffnete er das Fenster sogar und kletterte herein.
Mutter war schrecklich aufgeregt. Sie fing richtig an zu toben, aber nachdem sie das vom Vater angebotene Gläschen gekippt und dazu einen Pilz gegessen hatte, beruhigte sie sich wieder.
Auch Vater hatte sich rasch wieder gefasst. Alle setzten sich zu Tisch und tranken weiter.
Vater holte eine Zeitung hervor, drehte sie lange hin und her und suchte, wo oben und unten war. Doch so lange er auch suchte, er fand es nicht raus, und dann legte er die Zeitung beiseite und trank ein Gläschen.
»Gut«, sagte Vater, »aber Gürkchen haben wir keine.« Mutter wieherte unanständig, weshalb die Dienstmädchen sehr verlegen wurden und sich in das Muster der Tischdecke versenkten.
Vater trank noch einen, und auf einmal packte er Mutter und setzte sie auf die Anrichte.
Mutters üppiger grauer Haarturm war in Auflösung begriffen, sie bekam rote Flecken im Gesicht, und überhaupt sah ihre Visage sehr erregt aus.
Vater zog den Hosenbund etwas höher und wollte einen Toast ausbringen.
Doch da öffnete sich eine Falltür im Boden, und ein Mönch kletterte heraus.
Die Dienstmädchen waren dermaßen verlegen, dass die eine sich übergeben musste. Natascha hielt ihrer Freundin die Stirn und gab sich alle Mühe, die Sauerei zu verbergen.
Der Mönch, der dem Fußboden entstiegen war, haute Vater mit der Faust eine aufs Ohr, dass es nur so krachte!
Vater plumpste auf seinen Stuhl, ohne den Toast beendet zu haben.
Da trat der Mönch auf Mutter zu und versetzte ihr irgendwie eins von unten, ob mit der Hand oder dem Fuß, das war nicht auszumachen.
Mutter fing an zu schreien und um Hilfe zu rufen. Aber der Mönch packte die beiden Dienstmädchen am Schlafittchen, wirbelte sie durch die Luft und setzte sie wieder ab. Dann tauchte der Mönch, hast du nicht gesehen, wieder im Fußboden ab und schloss die Falltür hinter sich.
Lange Zeit konnten weder Mutter, noch Vater, noch das Dienstmädchen Natascha zu sich kommen. Doch nachdem sie tief durchgeatmet und sich in Ordnung gebracht hatten, tranken sie alle einen Schluck und setzten sich zu Tisch, um von dem geschnitzelten Kohl zu essen.
Dann tranken sie noch ein Glas und saßen alle friedlich beisammen und unterhielten sich.
Plötzlich wurde Vater knallrot im Gesicht und brüllte los:
»Ach so! So ist das!«, schrie Vater. »Ihr meint, ich bin ein Erbsenzähler! Ihr denkt, ich bin eine Niete! Aber ich lass mich doch hier nicht aushalten! Selber Kanaillen!«
Mutter und das Dienstmädchen Natascha verließen fluchtartig das Esszimmer und schlossen sich in der Küche ein. »Jetzt fängt er wieder an, der Saufkopp! Jetzt fängt er wieder an, der Saukerl!«, flüsterte Mutter entsetzt der nun wirklich verlegenen Natascha zu.
Aber Vater hockte noch bis zum Morgen im Esszimmer und brüllte herum, bis er schließlich seine Aktentasche mit den Papieren nahm, die weiße Schirmmütze aufsetzte und bescheiden zur Arbeit ging.
31. Mai 1929
An der Uferstraße unseres Flusses hatte sich eine große Menschenmenge versammelt. Der Regimentskommandeur Sepunow war am Ertrinken. Immer wieder verschluckte er sich, kam bis zum Bauch aus dem Wasser hoch, schrie und soff wieder ab. Er ruderte mit den Armen in der Luft und schrie wieder, man solle ihn retten.
Die Leute standen am Ufer und schauten finster.
»Der ertrinkt«, sagte Kusma.
»Klar tut er das«, bestätigte ein Mann mit Schirmmütze.
Und in der Tat, der Regimentskommandeur ertrank. Die Menge begann sich zu verlaufen.
<1929>
Bobrow ging die Straße entlang und dachte darüber nach, warum eine Suppe nicht mehr gut schmeckt, wenn man Sand reinstreut.
Plötzlich sah er auf der Straße ein sehr kleines Mädchen sitzen, das einen Wurm in der Hand hielt und laut weinte.
»Warum weinst du?«, fragte Bobrow das kleine Mädchen.
»Ich wein ja nicht, ich singe«, sagte das kleine Mädchen.
»Warum singst du denn so?«, fragte Bobrow.
»Damit dem Wurm nicht langweilig ist«, sagte das Mädchen,
»und heißen tu ich Natascha.«
»Ach, so ist das?«, staunte Bobrow.
»Ja, so ist das«, sagte das Mädchen, »auf Wiedersehen.« Das
Mädchen sprang auf, stieg aufs Fahrrad und radelte davon.
»So klein und fährt schon Fahrrad«, dachte Bobrow.
<1930>
Ein gewisser Ingenieur hat sich zum Ziel gesetzt, quer durch Petersburg eine riesige Ziegelmauer zu bauen. Er denkt darüber nach, wie er dies verwirklichen könne, liegt nächtelang schlaflos und grübelt. Nach und nach bildet sich ein Kreis von Denkern, ebenfalls Ingenieuren, und ein Plan zur Errichtung der Mauer wird erarbeitet. Danach soll der Bau der Mauer nachts erfolgen, und zwar so, dass alles innerhalb einer Nacht fertig wird, denn es soll eine Überraschung sein. Arbeiter werden zusammengerufen. Die Aufgaben werden verteilt. Die städtischen Behörden werden außen vor gelassen, und schließlich bricht die Nacht an, in der diese Mauer errichtet werden soll. Vom Bau der Mauer wissen nur vier Personen. Die Arbeiter und Ingenieure erhalten genaue Anweisung, wo wer zu stehen und was er zu tun hat. Dank der präzisen Berechnungen gelingt es, die Mauer in einer Nacht zu bauen. Am nächsten Tag gleicht Petersburg einem Tollhaus. Und der Erfinder der Mauer ist niedergeschlagen. Wofür diese Mauer gut sein sollte, weiß er selbst nicht.
<1930>
Wie seltsam, wie unaussprechlich seltsam es ist, dass hinter dieser Wand, dieser Wand hier, ein Mensch auf dem Boden sitzt, die langen Beine in rostroten Stiefeln ausgestreckt und mit bösem Gesichtsausdruck.
Man braucht nur ein Loch in die Wand zu schlagen und hindurchzugucken, und schon sieht man diesen bösen Menschen da sitzen.
Doch wozu über ihn nachdenken? Wer ist er schon? Ist er nicht ein Teilchen toten Lebens, das uns aus dem imaginären Nichts zugeflogen ist? Wer auch immer er sein mag, zum Kuckuck mit ihm.
22. Juni 1931
Anton Gawrilowitsch Nemezki rennt im Schlafrock im Zimmer
auf und ab. Er schwenkt eine Schachtel, zeigt mit dem Finger darauf und ist sehr, sehr froh. Anton Gawrilowitsch läutet ein Glöckchen, der Diener erscheint und bringt einen Kübel mit Erde. An. Gaw. nimmt eine Bohne aus der Schachtel und setzt sie in den Kübel. Dann vollführt A. G. mit den Händen schöne Bewegungen. Aus dem Kübel wächst ein Baum.
<1931>
Iwan Fjodorowitsch kam nach Hause. Zu Hause war noch niemand. Nur Kater Seliwan hockte in der Diele auf dem Boden und fraß irgendetwas.
»Was frisst du denn da?«, fragte Iwan Fjodorowitsch den Kater. Der Kater guckte Iwan Fjodorowitsch an, dann die Tür, dann zur Seite, dann nahm er etwas Unsichtbares vom Fußboden auf und begann wieder zu fressen.
Iwan Fjodorowitsch ging in die Küche, um sich die Hände zu waschen.
In der Küche auf dem Herd lag Käppi, das kleine schwarze Hündchen. Iwan Fjodorowitsch machte sich ein Vergnügen daraus, die Leute in Erstaunen zu versetzen und die Dinge auf den Kopf zu stellen. Absichtlich hatte er dem Kater Seliwan beigebracht, in der Diele zu sitzen, und dem Hund Käppi, auf dem Ofen zu liegen.
»Na, Käppi? Wie liegt sich’s da?«, sagte Iwan Fjodorowitsch und seifte sich die Hände ein. Käppi setzte sich für alle Fälle auf und entblößte den rechten Eckzahn, was ein Lächeln ausdrücken sollte.
<1930–1931>
In Amerika hängt in jeder Schule das Plakat: »Jeder Junge und jedes Mädchen hat heißen Haferschleim zu essen.«
»Ich will keinen heißen Haferschleim«, sagte Tom Plumpkin.
»Der ist so eklig«, sagte Davy Chick.
»Und stinkt«, sagte Tom Plumpkin.
»Und knatscht zwischen den Zähnen«, sagte Davy Chick.
Tom Plumpkin zog ein Stück Papier aus der Tasche, faltete es zu einer Tüte, kippte den Haferschleim vom Teller da hinein und ließ die Tüte wieder in der Tasche verschwinden.
Davy Chick kramte eine leere Blechdose für Zahnpulver aus der Tasche, kippte ebenfalls seinen Haferschleim da hinein und ließ die Dose in der Tasche verschwinden.
<1930–1931>
Ein Mönch stieg hinab in eine Gruft zu den Verstorbenen und rief: »Christus ist auferstanden!« Und im Chor schallte es ihm entgegen: »Wahrlich, er ist auferstanden!«
<1933>
»Christus ist auferstanden!« ist der traditionelle christlich-orthodoxe Ostergruß, der mit der Formel »Wahrlich, er ist auferstanden!« beantwortet wird.
Iwan Jakowlewitsch Bobow erwachte bester Laune. Er linste unter der Bettdecke hervor und sah als Erstes die Zimmerdecke. An der Zimmerdecke prangte ein großer grauer Fleck mit grünlichem Rand. Sah man den Fleck unverwandt mit einem Auge an, so ähnelte er einem Nashorn, das vor einen Karren gespannt war, obwohl andere fanden, er ähnele dann mehr einer Straßenbahn, auf der ein Riese reitet. Übrigens hätte man diesen Fleck sogar für die Silhouette einer Stadt halten können. Iwan Jakowlewitsch sah zur Zimmerdecke, aber nicht dorthin, wo der Fleck war, sondern irgendwohin eben, dabei lächelte er und kniff die Augen zu. Dann riss er die Augen weit auf und zog die Brauen so hoch, dass sich die Stirn wie eine Ziehharmonika in Falten legte und beinahe ganz verschwunden wäre, hätte er die Augen nicht wieder zusammengekniffen und sich plötzlich, als sei ihm irgendetwas peinlich, die Bettdecke über den Kopf gezogen. Er tat das so blitzartig, dass am anderen Ende der Bettdecke seine nackten Füße rausguckten. Sofort setzte sich eine Fliege auf den dicken Zeh des linken Fußes. Iwan Jakowlewitsch bewegte diesen Zeh, und die Fliege flog hinüber auf seine Ferse. Da klemmte sich Iwan Jakowlewitsch die Bettdecke zwischen beide Füße, mit dem einen Fuß hielt er sie von unten fest, den anderen streckte er raus und drückte damit von oben auf die Bettdecke, und auf diese Weise zog er sich die Bettdecke vom Kopf herunter. »Pustekuchen«, sagte Iwan Jakowlewitsch und blies die Backen auf. Wenn Iwan Jakowlewitsch etwas gelang oder im Gegenteil danebenging, sagte er gewöhnlich »Pustekuchen«; selbstverständlich nicht laut und überhaupt nicht in der Absicht, dass es jemand hören sollte, sondern bloß so, zu sich selbst. Und nun, nachdem Iwan Jakowlewitsch »Pustekuchen« gesagt hatte, setzte er sich aufs Bett und streckte die Hand nach dem Stuhl aus, auf dem Hose, Hemd und Unterwäsche lagen. Iwan Jakowlewitsch trug wahnsinnig gern gestreifte Hosen. Aber gerade gestreifte Hosen waren wirklich nirgendwo aufzutreiben. Iwan Jakowlewitsch war im Bekleidungshaus Leningrad gewesen, im zentralen Kaufhaus, in der Passage und im Gostiny Dwor, und auch auf der Petrograder Seite hatte er sämtliche Geschäfte abgeklappert, er war sogar zu irgend so einem Laden draußen in Ochta gefahren, aber nirgendwo hatte er eine gestreifte Hose auftreiben können. Dabei war Iwan Jakowlewitschs alte Hose schon derart abgetragen, dass er sie unmöglich länger anziehen konnte. Iwan Jakowlewitsch hatte sie mehrmals geflickt, aber schließlich half auch das nicht mehr. Iwan Jakowlewitsch graste noch einmal sämtliche Geschäfte ab, und nachdem er wieder keine gestreifte Hose gefunden hatte, entschloss er sich, eine karierte zu kaufen. Aber auch karierte Hosen gab es nirgendwo. Da entschloss sich Iwan Jakowlewitsch, eine graue zu kaufen, aber auch eine graue konnte er nirgendwo finden. Auch eine schwarze Hose in Iwan Jakowlewitschs Länge fand sich nirgendwo. Da zog Iwan Jakowlewitsch los, um eine dunkelblaue Hose zu kaufen, aber während er nach einer schwarzen gesucht hatte, waren sowohl die dunkelblauen als auch die braunen überall verschwunden. Daher musste Iwan Jakowlewitsch schließlich eine gelb gesprenkelte grüne Hose kaufen. Im Geschäft hatte Iwan Jakowlewitsch den Eindruck gehabt, die Farbe der Hose sei nicht allzu schrill und die gelben Sprenkel würden überhaupt nicht unangenehm ins Auge stechen. Doch zu Hause angekommen, entdeckte Iwan Jakowlewitsch, dass ein Hosenbein tatsächlich einen irgendwie edlen Farbton hatte, das andere dafür aber ausgesprochen türkisfarben war und die gelben Sprenkel darauf nur so loderten. Iwan Jakowlewitsch versuchte es damit, dass er die Hose auf links zog, aber so besehen hatten beide Hosenbeine eine Tendenz zu Gelb mit grünen Pünktchen und sahen dermaßen lustig aus, dass die Zuschauer, stiege man nach einer Filmvorführung in einer solchen Hose auf die Bühne, sich eine halbe Stunde lang ausschütten würden vor Lachen. Zwei Tage konnte sich Iwan Jakowlewitsch nicht dazu durchringen, die neue Hose anzuziehen, aber als die alte so zerrissen war, dass man von Weitem Iwan Jakowlewitschs Unterhose sehen konnte, die ebenfalls gestopft werden musste, blieb ihm nichts anderes übrig, als die neue Hose anzuziehen. Das erste Mal in der neuen Hose ging Iwan Jakowlewitsch sehr vorsichtig nach draußen. Bevor er das Haus verließ, schaute er zunächst in beide Richtungen, und erst, als er sich davon überzeugt hatte, dass niemand in der Nähe war, trat er auf die Straße und machte sich eilig auf den Weg zu seiner Behörde. Der Erste, der ihm begegnete, war ein Apfelverkäufer mit einem großen Korb auf dem Kopf. Der sagte nichts beim Anblick von Iwan Jakowlewitsch, und erst, als Iwan Jakowlewitsch vorbeigegangen war, blieb er stehen, und da der Korb ihn daran hinderte, den Kopf zu drehen, wandte sich der Apfelverkäufer ganz um und sah Iwan Jakowlewitsch hinterher, hätte vielleicht sogar den Kopf gewiegt, wenn nicht wieder dieser Korb gewesen wäre. Iwan Jakowlewitsch schritt munter aus, da er seine Begegnung mit dem Verkäufer für ein gutes Omen hielt. Ihm war das Manöver des Verkäufers entgangen, und er redete sich ein, dass die Hose wohl doch nicht so ins Auge stach. Nun kam Iwan Jakowlewitsch ein Beamter, wie er selbst einer war, entgegen, mit Aktentasche unterm Arm. Der Beamte lief schnell, guckte nicht unnötig in der Gegend herum, sondern eher vor seine Füße. Auf gleicher Höhe mit Iwan Jakowlewitsch ließ der Beamte seinen Blick über Iwan Jakowlewitschs Hose schweifen und blieb stehen. Iwan Jakowlewitsch blieb ebenfalls stehen. Der Beamte sah Iwan Jakowlewitsch an, und Iwan Jakowlewitsch sah den Beamten an. »Entschuldigung«, sagte der Beamte, »Sie können mir nicht zufällig sagen, wie man zu diesem … na … zu diesem … Staats … äh … zur Börse kommt?«
»Sie müssen da über die Straße rüber … über die Brücke drüber … nein, Sie müssen so gehen und dann so«, sagte Iwan Jakowlewitsch.
Der Beamte bedankte sich und ging rasch davon, und Iwan Jakowlewitsch machte ein paar Schritte vorwärts, doch als er sah, dass ihm jetzt nicht ein Beamter, sondern eine Beamtin entgegenkam, senkte er den Kopf und wechselte schnell die Straßenseite. In seinem Büro kam Iwan Jakowlewitsch mit Verspätung und sehr schlecht gelaunt an. Iwan Jakowlewitschs Kollegen fiel die grüne Hose mit den verschiedenfarbigen Hosenbeinen natürlich auf, doch sie errieten offenbar, dass dies der Grund für Iwan Jakowlewitschs schlechte Laune war, und belästigten ihn nicht mit neugierigen Fragen. Iwan Jakowlewitsch quälte sich zwei Wochen lang mit seiner grünen Hose, bis einer seiner Kollegen, Appollon Maximowitsch Schilow, Iwan Jakowlewitsch anbot, seine, Appollon Maximowitschs, gestreifte Hose zu kaufen, die er, Appollon Maximowitsch, wohl nicht unbedingt brauchte.
<1934–1937>
Vier Deutsche aßen Schweinshaxe und tranken grünes Bier. Der Deutsche mit dem Namen Klaus verschluckte sich an einem Stück Schweinshaxe und stand vom Tisch auf. Da fin-gen die drei anderen Deutschen an, auf den Fingern zu pfeifen und machten sich lautstark über den Ärmsten lustig. Doch der Deutsche Klaus schluckte das Stück Schweinshaxe rasch herunter, spülte mit grünem Bier nach und war bereit zu parieren. Die drei anderen Deutschen gingen nun, nachdem sie sich über die Kehle des Deutschen Klaus lustig gemacht hatten, über zu seinen Beinen und brüllten, der Deutsche Klaus habe ja ziemlich krumme Beine. Besonders einer der Deutschen, er hieß Michel, lachte über die krummen Beine des Deutschen Klaus. Da zeigte der Deutsche Klaus mit dem Finger auf den Deutschen Michel und sagte, noch nie im Leben sei er einem begegnet, der die Worte »krumme Beine« so albern aussprechen würde. Der Deutsche Michel sah alle mit fragendem Blick an, und den Deutschen Klaus sah er mit einem Blick an, der äußerste Feindseligkeit ausdrückte. Da trank der Deutsche Klaus ein wenig grünes Bier, wobei ihm folgender Gedanke durch den Kopf ging: »Jetzt gibt es zwischen mir und dem Deutschen Michel Streit.« Die übrigen zwei Deutschen aßen schweigend ihre Schweinshaxe. Der Deutsche Klaus nippte an seinem Bier und sah alle mit einem Blick an, der Folgendes sagte: »Ich weiß, was ihr von mir wollt, aber ich bin für euch eine verschlossene Schatulle.«
<1933>
Mironow wickelte die Wanduhr in eine Decke und trug sie zu einem Petroleum-Laden. Unterwegs begegnete ihm Golowljow. Als Golowljow Mironow erblickte, versteckte er sich hinter einer Tabakbude. »Was stehen Sie hier herum?«, rückte ihm der Papirossyverkäufer auf die Pelle. Um Mironow loszuwerden, kaufte Golowljow bei dem Papirossyverkäufer ein Mundstück und eine Schachtel Zahnpulver. Mironow sah das alles, womit die Geschichte eigentlich auch schon zu Ende ist.
20. August
<1934>
Es war einmal ein Mann, der hieß Semjonow. Eines Tages ging Semjonow spazieren und verlor sein Taschentuch. Semjonow begann sein Taschentuch zu suchen und verlor seine Mütze. Er begann seine Mütze zu suchen und verlor seine Jacke. Er begann seine Jacke zu suchen und verlor seine Stiefel. »Na«, sagte Semjonow, »wenn das so weitergeht, verlier ich noch alles. Ich geh lieber heim.« Semjonow machte sich auf den Heimweg und verlief sich.
»Nein«, sagte Semjonow, »ich setz mich doch lieber hin und bleib ein bisschen sitzen.«
Semjonow setzte sich auf einen Stein und schlief ein.
<1933>
Da begannen alle gleichzeitig zu reden, jeder auf seine Art. Chwilischtschewski ging zu einem Baum und kratzte an der Rinde. Unter der Rinde krabbelte eine Ameise hervor und fiel zu Boden. Chwilischtschewski bückte sich, doch die Ameise war nirgends zu sehen.
Währenddessen lief Fakirow hin und zurück. Fakirows Gesichtsausdruck war streng, geradezu drohend. Fakirow bemühte sich, immer geradeaus zu gehen, und sobald er beim Haus angekommen war, machte er auf dem Fuße wieder kehrt. Chwilischtschewski stand noch immer bei dem Baum und blickte mit seinen kurzsichtigen Augen durch den Zwicker auf die Rinde. Chwilischtschewskis Hals war dünn und faltig.
Da begannen alle über Zahlen zu reden.
Chwilischtschewski behauptete, er kenne eine Zahl, die, wenn man sie auf Chinesisch von oben nach unten schreibe, aussehe wie ein Bäcker.
»Blödsinn«, sagte Fakirow, »wieso Bäcker?«
»Versuchen Sie’s mal, Sie können sich selbst davon überzeugen«, sagte Chwilischtschewski und schluckte Speichel herunter, wodurch ihm der Hemdkragen hochsprang und der Schlips verrutschte. »Und, wie heißt die Zahl?«, fragte Fakirow und zog einen Bleistift hervor.
»Mit Verlaub, diese Zahl behalte ich für mich«, sagte Chwilischtschewski.
Wer weiß, wie das geendet hätte, aber da kam Ujomow mit lauter Neuigkeiten herein.
Fakirow saß in seiner dunkelblauen Samtweste da und rauchte Pfeife.
Zahlen sind ein so wichtiger Teil der Natur! Ob Wachsen oder Wirken, alles ist Zahl.
Und das Wort ist Kraft.
Zahl und Wort sind uns eine Mutter.
5. Oktober
<1933–1934>
Wenn ich einen Menschen sehe, möchte ich ihm in die Fresse schlagen. Es tut so gut, einem Menschen in die Fresse zu schlagen!
Ich sitze in meinem Zimmer und tue gar nichts.
Da kommt jemand zu mir auf Besuch; er klopft an meine Tür. Ich sage: »Hereinspaziert!« Er spaziert herein und sagt: »Guten Tag! Wie schön, dass ich Sie zu Hause antreffe!« Aber ich, zack, eins in die Fresse und dann noch mit dem Stiefel in den Schritt. Mein Gast fällt vor rasenden Schmerzen hintenüber. Und ich versetze ihm eine mit dem Absatz aufs Auge! Was hat er auch hier verloren, wo ihn doch keiner gerufen hat!
Oder auch so: Ich biete dem Gast ein Tässchen Tee an. Der Gast willigt ein, setzt sich an den Tisch, trinkt Tee und erzählt etwas. Ich tue so, als würde ich ihm mit großem Interesse folgen, nicke, sage ach, mache große Augen und lache. Der Gast fühlt sich durch meine Aufmerksamkeit geschmeichelt und kommt immer mehr in Fahrt.
Ruhig fülle ich eine Tasse mit kochendem Wasser und schütte es dem Gast mitten in die Fresse. Der Gast springt auf und greift sich ins Gesicht. Ich sage zu ihm: »Es gibt keine Güte mehr in meinem Herzen. Raus mit Ihnen!« Und ich stoße den Gast hinaus.
<1939–1940>
Bei einem amerikanischen Gericht ging eine Klage ein von einem Schlachthofwachmann gegen irgendeinen Burschen, weil der ihm angeblich den Arm gebrochen hatte. Der Richter ließ diesen Burschen vorladen und fragte ihn: »Hast du dem Wachmann den Arm gebrochen?« Der Bursche sagte: »Nein, ich habe ihm nicht den Arm gebrochen.« Aber der Wachmann sagte: »Wie, du hast mir nicht den Arm gebrochen? Wegen dir ist das doch passiert!« Da fragte der Richter: »Was genau ist vorgefallen?« Es stellte sich heraus, dass Folgendes vorgefallen war:
Der junge kräftige Bursche hatte sich in den Schlachthof geschlichen, von einem Kuheuter eine Zitze abgeschnitten, sie sich in den Hosenschlitz gesteckt und war so rumgelaufen. Der Wachmann hatte den Burschen gesehen, ihm waren fast die Augen aus dem Kopf gefallen, und er hatte gesagt: »Guck dich doch mal an, wie du rumläufst!«
Der Bursche hatte ein Messer gezückt und gesagt: »Pah, ist doch jetzt sowieso wurst!« Dann hatte er mit dem Messer die Zitze abgeschnitten und sie weggeworfen.
Der Wachmann war umgefallen und hatte sich den Arm gebrochen.
<1934>
Andrej Iwanowitsch spuckte in eine Tasse mit Wasser. Das Wasser wurde augenblicklich schwarz. Andrej Iwanowitsch verengte die Augen zu Schlitzen und starrte in die Tasse. Das Wasser war sehr schwarz. Andrej Iwanowitschs Herz hämmerte.
In dem Moment wurde der Hund von Andrej Iwanowitsch wach. Andrej Iwanowitsch trat zum Fenster und dachte nach. Plötzlich flog etwas Großes und Dunkles an Andrej Iwanowitschs Gesicht vorbei und zum Fenster hinaus. Es war der Hund von Andrej Iwanowitsch, der da zum Fenster hinausflog und wie eine Krähe aufs Dach des Hauses gegenüber schwirrte. Andrej Iwanowitsch ging in die Hocke und heulte auf.
Genosse Popugajew kam ins Zimmer gerannt. »Was haben Sie? Sind Sie krank?«, fragte Gen. Popugajew. Andrej Iwanowitsch sagte nichts und rieb sich mit den Händen das Gesicht.
Gen. Popugajew blickte in die Tasse, die auf dem Tisch stand. »Was haben wir uns denn da eingegossen?«, fragte er Andrej Semjonowitsch.
»Weiß nicht«, sagte Andrej Semjonowitsch.
Popugajew verschwand augenblicklich. Der Hund kam wieder zum Fenster hereingeflogen, legte sich auf seinen alten Platz und schlief ein.
Andrej Semjonowitsch ging zum Tisch und trank das schwarz gewordene Wasser aus der Tasse.
Und Andrej Semjonowitsch wurde es leicht ums Herz.
21. August
<1934>
Wie alle wissen, hatte Besymenski eine sehr dämliche Visage. Und einmal knallte Besymenski mit seiner Visage gegen einen Schemel.
Danach war die Visage des Dichters Besymenski überhaupt nicht mehr zu gebrauchen.
<1934>
Alexander Besymenski (1898–1973), russisch-sowjetischer Dichter, Autor von tendenziösen Werken heroischen und proletarischen Inhalts.
Olga Forsch kam zu Alexej Tolstoi und machte etwas. Alexej Tolstoi machte auch etwas.
Da kamen Konstantin Fedin und Walentin Stenitsch in den Hof gerannt und begannen einen passenden Stein zu suchen. Einen Stein fanden sie nicht, aber sie fanden einen Spaten. Mit diesem Spaten haute Konstantin Fedin der Olga Forsch eins in die Fresse.
Da zog sich Alexej Tolstoi nackt aus, lief auf die Fontanka und wieherte los wie ein Pferd. Alle sagten: »Da wiehert ein großer zeitgenössischer Schriftsteller.« Und niemand krümmte Alexej Tolstoi ein Haar.
<1934>
Olga Forsch (1873–1961), russisch-sowjetische Autorin, Verfasserin von historischen Romanen über das Leben berühmter Persönlichkeiten. Alexej Tolstoi (1883–1945), russisch-sowjetischer Autor, Verfasser von historischen und Science-Fiction-Romanen sowie Kinderliteratur. Konstantin Fedin (1892–1977), russisch-sowjetischer Autor und Kulturfunktionär, in den 1920er Jahren Mitglied der Schriftstellergruppe »Serapionsbrüder«, Verfasser von historischen und politischen Romanen. Walentin Stenitsch (1897–1938), russischer Dichter, Literaturübersetzer (übertrug u. a. Werke von Rudyard Kipling, James Joyce und Bertolt Brecht) und Dandy. Er besuchte, wie Charms, die Leningrader Peterschule. Im November 1937 wurde er im Zuge des Stalin-Terrors verhaftet und im September 1938 erschossen.