Handlungen und Personen dieses Romans sind frei erfunden.

©2015 OCM GmbH, Dortmund

1. Auflage April 2015

Gestaltung, Satz und Herstellung:
OCM GmbH, Dortmund

Verlag:
OCM GmbH, Dortmund, www.ocm-verlag.de

ISBN 978-3-942672-27-6

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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Inhaltsverzeichnis

Zitat

Kapitel 1 Ein Wochenende im Februar

Kapitel 2 Anfang März

Kapitel 3 Osterfeiertage

Kapitel 4 Nach Ostern im April

Kapitel 5 Ende April

Kapitel 6 Im Mai

Kapitel 7 Kirmeszeit im Mai

Kapitel 8 Nachlese der Maiereignisse

Kapitel 9 Ende Mai

Kapitel 10 Ergänzung zu den Maiereignissen

Kapitel 11 Am Tag der ersten Junikäfer

Kapitel 12 Noch immer Anfang Juni

Kapitel 13 Mitte Juni

Kapitel 14 Eine Krise im Juni

Kapitel 15 Der Rest des Juni – im Zentrum der Krise

Kapitel 16 Juli – die Abrechnung

Kapitel 17 Juli – Apokalypse

Kapitel 18 Anfang August – postapokalyptisch

Kapitel 19 Hochsommersolidarität

Kapitel 20 Die Welle

Kapitel 21 September – Across all Worlds

Kapitel 22 Epilog

Über den Autor

Zoologischer Garten

Abteilung Großwild

Herrn Tierpfleger Kannengießer

Sehr geehrter Herr Kannengießer,

ich bestätige den Erhalt Ihres Schreibens von gestern.

Ganz gegen meine Gewohnheit möchte ich sofort zur Sache kommen.

Was heißt, ich solle es gefälligst unterlassen, Ihrem Elefanten George diese Briefe zu schreiben? Was heißt hier, Ihr Elefant? George ist niemandes Besitz und Eigentum und wenn doch, dann ist er der Allgemeinbesitz des Steuerzahlers, und zu dieser Spezies zähle ich mich, auch wenn das Finanzamt vorübergehend anderer Meinung zu sein scheint.

Der Reihe nach. George hat es verdient, dass ich mich der Anschuldigungen, die Sie gegen mich erheben, chronologisch erwehre. Mein Herr, Briefe sind keine Zeitverschwendung. Haben Sie sich die Mühe gemacht, George meinen letzten Brief vorzulesen und haben Sie auf seine Reaktion geachtet? Wahrscheinlich nicht, denn in Ihren Augen ist George ein Tier, das man zum Broterwerb betreut, um es in einer guten körperlichen Verfassung zu erhalten. Nun, was ich tue, ist die Pflege der Seele. Einigen wir uns auf Gemüt, wenn Sie mögen.

Es ist mir über die Jahre gelungen, eine persönliche Beziehung zu George aufzubauen. Wir sorgen uns umeinander. Jeder auf seine eigene Art. Und wir kommunizieren. Nur, weil Sie, werter Herr, nicht spüren, was George und mich verbindet, heißt das noch nicht, dass es nicht vorhanden ist.

Energisch widersprechen muss ich dem Vorwurf, ich sei ein Sonderling, der anderen Leuten die Zeit stehle und besser in einer Anstalt aufgehoben sei. Als Literat von Rang verzeihe ich Ihnen Ihre grobe Ausdrucksweise und Ihr mangelndes Urteilsvermögen. Wer hat Ihnen überhaupt das Recht gegeben, einen persönlichen Brief an meinen alten Freund George zu öffnen und damit nach eigenem Gutdünken zu verfahren? Sie können sich glücklich schätzen, dass ich von der Einleitung disziplinarischer Maßnahmen für den Augenblick absehe.

Als schlimmen Angriff auf meine Integrität sehe ich an, dass Sie mich beschuldigen, George zu bekümmern, weil meine Briefe nicht zu einer artgerechten Haltung passten. Glauben Sie etwa, dass ein Elefant kein Anrecht auf eine distinguierte, ernsthafte und tief gehende Ansprache hat? Nein, ich bestreite, dass ich meine nicht vorhandenen psychischen Probleme auf Kosten eines Zooelefanten kurieren will. George ist ein Freund und wie ich meine Freundschaft zum Ausdruck bringe, unterliegt nicht Ihrer Kontrolle, Herr Kannengießer.

Ich habe nichts dagegen, dass Sie diesen Brief und alle an George gerichtete Korrespondenz dem Kuratorium des Zoos zur Beurteilung vorlegen.

Mögen Sie Ihren Irrtum bald einsehen.

Mit vorzüglicher Hochachtung,

Peter Korff

Philanthrop und Tierschützer

Frau Ogonnek,

ich hatte nicht so kurzfristig mit einer Reaktion auf mein Schreiben gerechnet. Vor allem hatte ich nicht mit dieser Reaktion gerechnet, aber vielleicht war ich zu blauäugig.

Ich bin es schlechterdings nicht gewohnt, durch den Briefschlitz des eigenen Hauses von einer gehbehinderten Seniorin als ‚Nichtsnutz‘, ,Störenfried‘, ,Arschkriecher‘ und ,Belästiger‘ beschimpft zu werden. Das waren jedenfalls die Ausdrücke, die ich aufgrund Ihres Akzentes und Ihrer offenbar schlecht sitzenden Zahnprothese verstehen und später notieren konnte.

Um wenigstens einige Ihrer wild in die Gegend gebrüllten Fragen zu beantworten – sofern sie nicht ohnehin rhetorischer Natur waren – bin ich

a) überhaupt nicht der Meinung, dass bei Ihnen im Oberstübchen kein Licht mehr brennt (Zitat Ogonnek)

oder

b) Sie aufgrund Ihres hohen Alters in einen infantilen Geisteszustand zurückgefallen sind (sinngemäße Zusammenfassung Korff).

c) Es liegt mir außerdem fern, Sie zu Straftaten aufzufordern oder Sie dazu zu erpressen.

d) Auch den Vorwurf unschicklicher Annäherung weise ich entschieden zurück.

Um es beiläufig zu erwähnen: Meine Hauseingangstür besteht aus gebeiztem Kirschholz, das keine unangemessene Behandlung verzeiht. Unangemessen ist es auf jeden Fall, wenn eine erstaunlich robuste Greisin mit ihrem Gehstock zur Bekräftigung ihres Gebrülls mit aller Kraft im Silbentakt gegen die Tür hämmert. Ich hatte für einen Augenblick daran gedacht, die Tür zu öffnen, sah aber davon ab, weil mein gesundheitlicher Zustand noch fragiler ist als der Zustand der Tür. Ein Schreiner hat bei einer Begutachtung der malträtierten Tür diese als ‚Totalschaden‘ bezeichnet. Außerdem ist der Messingbriefschlitz an der rechten oberen Seite aus der Verankerung gerissen und der Rest eingespeichelt. Ich werde die Angelegenheit meinen Anwälten übergeben.

Den erlittenen seelischen Schaden vermag ich noch nicht zu beziffern, aber ich denke darüber nach. Der Betreiber des Zeitschriftenladens, der auch unser Periodicum Intelligentia im Angebot führt, fragte mich mit besorgter Miene, was in aller Welt ich getan habe, die ,nette, alte Frau Ogonnek‘ derart gegen mich aufzubringen. Meine ausführliche Antwort würdigte er mit skeptischen Blicken und kaum verhohlener Abscheu. Seine Reaktion ist wahrscheinlich stellvertretend für das Meinungsbild in der Siedlung.

So kann es nicht weitergehen, Frau Ogonnek,

P.K.

Mail an alle Autoren

Undisclosed Recipients

Sehr geehrte Autoren,

wegen der Vielzahl von Zuschriften aus den letzten fünf Monaten, für die ich mich herzlich bedanke, wähle ich diesen Weg der Kommunikation. Ich bemühe mich, kurz auf die am meisten gestellten Fragen und Bedenken einzugehen und zugleich die Zukunftsvision unserer gemeinsamen Arbeit zu umreißen.

Bitte schenken Sie den Gerüchten und Aufgeregtheiten rund um den Verlag Scientia keinen Glauben. Richtig ist allein, dass wir inmitten größerer Umstrukturierungsmaßnahmen stecken, die den Verlag und seine Projekte für die Mitarbeiter und Autoren dauerhaft zukunftsfest und erfolgreich machen sollen. Betroffen sind die Buchhaltung, das Marketing, der Vertrieb und die Öffentlichkeitsarbeit. Der Verlag wird gestrafft, das Programm noch strenger an Qualität und Kontinuität ausgerichtet und strategische Partnerschaften mit Kunst, Kultur und Wirtschaft in Betracht gezogen, um eine stärkere mediale Präsenz zu gewährleisten.

Eine solch titanische Anstrengung erfordert Opfer und die Opfer, die Sie, werte Autoren, bringen, sind die Verzögerung bei der Bekanntgabe von Verkaufszahlen, die verschleppte Auszahlung von Honoraren und die eingeschränkte Kommunikation mit dem Verlag, die so manche von Ihnen zu spüren bekamen.

Ich kann Ihnen versprechen, dass diese Unwägbarkeiten kein Zeichen des Niedergangs von Scientia sind, wie in Foren und empörten Zuschriften mitunter zu lesen ist, sondern Zeichen von einer goldenen Zukunft für uns alle, wenn Sie noch etwas Geduld beweisen und die notwendigen Schritte mit uns zusammen gehen. Seien Sie versichert, dass ich allergrößtes Verständnis für Ihre Reaktion habe. Ich darf Sie jedoch an dieser Stelle herzlich bitten, von weiteren Schmähzuschriften, von Drohungen, Verbalinjurien jeglicher Art und der Verbreitung böswilliger Gerüchte abzusehen. Bis dato erfolgte Kündigungen von Verlagsverträgen wegen angeblicher Vertragsverletzungen seitens des Verlages erachte ich mit Ihrem Einverständnis als gegenstandslos. Der Verlag möchte Ihnen gegenüber das gleiche Maß an Großmut zeigen, das er solidarisch von Ihnen einfordert.

Bereits im Herbst dieses Jahres wird das Verlagshaus Scientia mit einem internationalen Kunst- und Literaturfestival die Wiedergeburt der schönen Künste in einem exklusiven Ambiente feiern. Es werden Gäste, Juroren und Performer aus aller Welt erwartet. Neben den Repräsentanten des Kunst-, Politik- und Wirtschaftsbetriebs wird der Verlag Sie, meine lieben Freunde und Wegbegleiter, in den Mittelpunkt des medialen Interesses rücken.

Seien Sie gespannt.

Seien Sie bereit.

Die Weichen sind gestellt.

In freudiger Erwartung, Ihr Freund und Verleger

Peter Korff

PS: Als kleines ‚Dankeschön‘ für Ihre Treue sende ich Ihnen in den nächsten Tagen eine Sonderausgabe unseres viel beachteten Periodicums Intelligentia.

Lieber Sascha Lobo,

als Geschäftsführer des Avantgarde-Verlages Scientia, den Sie zweifellos bereits zur Kenntnis genommen haben, und als Repräsentant eines im Herbst dieses Jahres stattfindenden internationalen Kunst- und Literaturfestivals, möchte ich Sie zum Jurymitglied für die Vergabe des neu ausgelobten Scribendus Awards für zeitgenössische Literatur und Dichtung berufen.

Sie sind als Literat, Avantgardist, Szeneblogger und Talkgast in den wichtigsten TV-Formaten ein Homo Politicus allerersten Ranges, dessen Frische, Unangepasstheit und intellektuelle Schärfe bestens zu dem Festival ‚Across all Worlds‘ passt.

Erwarten Sie Künstler aus allen Bereichen und vielversprechende Literaten, die ihren Weg machen werden. Prominenz aus Kunst, Literatur, Politik und Wirtschaft wird den Rahmen für ein Ereignis bilden, das es in dieser Komposition noch nicht gegeben hat. Die Planungen mit der Initiatorengruppe, den Sponsoren, Medien und Teilnehmern sind bereits weit fortgeschritten. Vorab möchte ich nicht zu viel verraten, sondern gerne das vertrauliche Gespräch suchen. Leider ist es so, dass jede außergewöhnliche Anstrengung ihre Neider hat, die versuchen zu hintertreiben und zu torpedieren oder nachzuahmen. Sie werden Verständnis dafür haben, dass planerische, finanzielle und logistische Einzelheiten nicht vorzeitig nach außen dringen sollen. Zum gegebenen Zeitpunkt wird das Festival in einer umfassenden, internationalen Kampagne beworben werden. Konservativen Schätzungen zufolge können wir mit einem überaus hohen Besucher- und Medieninteresse rechnen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn wir bezüglich der Details ins Gespräch kommen könnten. Sie werden überrascht sein, was auf uns alle wartet. Bald beginnen wir damit, für alle Mitwirkenden und Teilnehmer einen Newsletter herauszugeben, der über die neuesten Entwicklungen aktuell informiert. Es versteht sich von selbst, dass diese Informationen nicht an Unbefugte weitergegeben werden dürfen. Für die unerhört wichtigen Jurymitglieder und aktiven Teilnehmer am Festival werden Verträge vorbereitet, die Art und Umfang der Mitwirkung regeln, einen Rechte- und Pflichtenkatalog enthalten und die Honorierung aufgreifen.

In gespannter Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich, Ihr

Peter Korff

CEO ‚Across all Worlds‘

Amtsgericht

Registergericht

Sehr geehrte Damen und Herren,

mir ist bekannt, dass der Scientia Verlag unter meiner Führung als GmbH firmiert. Ich bin allerdings die künstlerische Leitung des Unternehmens. Um die buchhalterischen Belange hat sich bis Oktober letzten Jahres meine Frau Marie gekümmert, die leider nicht weiter zur Verfügung steht.

Ich kann nichts zu Jahresabschlüssen, Bilanzen und Lageberichten sagen. Ehrlich gesagt weiß ich noch nicht einmal, was genau ich mit diesen Begriffen anfangen soll. Als Tipp füge ich die Adresse von Frau Heinze, Steuerfahnderin des Finanzamtes, bei, die mit einem Kollegen die letzten Wirtschaftsjahre des Verlages akribisch aufgearbeitet hat und Kopien aller Unterlagen besitzen dürfte. Vielleicht können Sie sich gegenseitig im Rahmen von Amtshilfe unter die Arme greifen und die gewünschten Zahlenwerke erstellen.

Höchst vorsorglich bitte ich Sie, mir nicht zu drohen. Ich bin unbedrohbar und neutral in diesen Angelegenheiten. Ich bin sensibel und ein Künstler. Ihre Belange interessieren mich nicht prioritär, aber ich versuche zu helfen, wo ich kann.

Hochachtungsvoll,

Peter Korff

Geschäftsführer

Per Mail

Undisclosed recipiants

Sehr geehrte institutionelle Gläubiger,

ich ergreife die Gelegenheit, Ihnen allen einen Vorschlag zum Schuldenabbau des Verlages Scientia zu unterbreiten.

Es ist mir in den vergangenen sechs Wochen gelungen, mit zahlreichen Künstlern aller Sparten Kontakt aufzunehmen, um die Planungen des internationalen Kunst- und Literaturfestivals ‚Across all Worlds‘ voranzutreiben. Hervorzuheben ist insbesondere die positive Grundhaltung des Ausnahmekünstlers Ai Weiwei, der mit der documenta-Installation ‚Template‘ und seinem hartnäckigen Widerstand gegen Diktatur und Zensur weltbekannt wurde. Ai Weiwei ließ mir über sein Büro mitteilen, er bewundere mein Engagement und wünsche seinem Kollegen bestes Gelingen. Aufgrund terminlicher Kollisionen konnte er eine Teilnahme am Festival nicht garantieren.

Angefragt werden auch der eminent bedeutsame Filmemacher und Regisseur Clint Eastwood und der Nobelpreisträger Nelson Mandela sowie ein weiteres Dutzend ‚Celebrities‘. Von keinem der bisher Kontaktierten kam eine direkte Absage.

Ich bin sicher, dass wir gemeinsam ein einzigartiges Festival auf die Beine stellen können, das zudem renditestark ist und die Wirtschaft der Region nachhaltig belebt (zu meiner Ehrenrettung muss ich gestehen, dass ich diesen Satz einem populären Beitrag eines renommierten Wirtschaftsblattes entlehnt habe. Ich versichere an dieser Stelle, dass mir die Bedeutung des Satzes vollständig bewusst ist und ich meine Aussage genau so verstanden haben will).

Nun zu den finanziellen Aspekten. Die Gesamtkosten für die Ausrichtung des Festivals beziffere ich auf 3,5 Millionen Euro, die zu erzielenden Einnahmen auf ein Vielfaches. Da Sie alle geschäftserfahren sind, erübrigt sich der Hinweis auf Fernsehgelder, Eintritte, Lizenzen, Gastronomieerlöse etc. Ich schlage vor, an interessierte Investoren Anteilscheine in einer Stückelung von 100.000 € auszugeben, um die Anlauffinanzierung zu bewältigen. Jeder erworbene Anteilschein berechtigt zu einer Rendite von 25 % nach Abzug aller Kosten und Honorare am Ende des dreitägigen Festivals. Mithilfe einer einfachen Rechnung können Sie, werte Gläubiger, ermitteln, wie viele Anteilscheine Sie erwerben müssen, um mit dem Gewinn eine vollständige Tilgung der Verbindlichkeiten des Verlagshauses Scientia zu erreichen.

Ich verspreche, selbst unentgeltlich zu arbeiten und keinerlei finanzielle Interessen zu verfolgen. Mein Herz gehört allein der Kunst und meinen Gläubigern. Falls Institutionen, wie das Finanzamt oder die Stadtverwaltung, rechtlich nicht in der Lage sind Anteile zu erwerben, bitte ich, die entsprechenden Anteilserwerbswünsche zu übermitteln und die Kaufsummen vorab auf mein Ihnen allen bekanntes Konto zu überweisen. Ich werde dann treuhänderisch für die jeweilige Institution erwerben und den Gewinn sofort nach Realisierung auskehren.

Ich bin sehr froh, Ihnen ein tragfähiges Konzept einer international einmaligen Veranstaltung präsentieren zu können und die leidigen Finanzfragen in einer eleganten, ertragreichen Win-win-Situation für alle Beteiligten aufzulösen.

Ich erwarte Ihre Anteilszeichnung.

Mit besten Grüßen,

Peter Korff

Chefkoordinator ‚Across all Worlds‘

Rundschau

Lokalseite/Aufmacher

Scharlatanerie oder Kunst – Hauptsache durchgeknallt?

Wieder einmal hat der selbst ernannte Kunstpapst und Verleger Peter Korff von sich reden gemacht. Am Morgen des 7. Mai erschien der Mann, der einen verwirrten und ungepflegten Eindruck machte, fast nackt und mit einer grauen Masse beschmiert am Flussufer und versuchte lautstark Menschen zu umarmen. Wem nicht rechtzeitig die Flucht gelang, wurde Opfer der Umarmungsattacken. Zeugen behaupten, Korff habe Jesaja zitiert und Flyer für ein künftiges Kunst- und Leseevent auszuteilen versucht. Ein Brief von Korff, der die Redaktion erreichte, bestätigt die Zeugenaussagen. Bei den unerwünschten Ekelumarmungen wurden zahlreiche Kleidungsstücke ruiniert. Einige Opfer suchten Ärzte auf oder flohen in Panik. Korff wurde einen Tag später in einem Bunker nahe seines Hauses, in dem er sich verschanzt hatte, festgenommen. Nach der Feststellung seiner Personalien durfte er die Polizeiwache wieder verlassen.

Ganz schlecht verlief die Begegnung mit Korff für ein Hochzeitspärchen mit Gästen, die die Trauung mit einem Angelausflug und einer Hochzeitsfeier auf einem Ausflugsboot verbinden wollten. Korff hat nach Darstellung des Bräutigams sowohl die Braut als auch die Brautmutter belästigt, ein Aquarium mit Fischen verunreinigt und die Fische mit einem nicht näher definierten Gegenstand getötet, bevor er von Polizeisirenen in die Flucht geschlagen wurde.

Die Rundschau veröffentlicht zwei Bilder, die Korff selbst am fraglichen Morgen aufgenommen hat. Weitere Originalbilder und Kommentare von Korff finden Sie auf unserer Homepage. Die Rundschau wird diese Geschichte weiter verfolgen und fordert ihre Leser auf, die Kommentarfunktion der Homepage zu nutzen.

dw/Rundschau/Lokales

Rundschau

Lokalredaktion

RICHTIGSTELLUNG

Sehr geehrter Herr Wenzel,

mit gemischten Gefühlen und ein wenig Stolz habe ich den knappen Bericht Ihres Blattes und die überaus ergiebige Leserreaktion zur Kenntnis genommen.

Es ist mir bewusst, dass Qualitätsjournalismus nicht parteiisch sein darf und die Faktenlage und nichts als die Faktenlage zu berücksichtigen hat. Gerade bei der Darstellung der Fakten sind Ihnen allerdings einige entscheidende Ungenauigkeiten unterlaufen. Ich bin von dem ursprünglichen Plan, eine Gegendarstellung zu schreiben, abgerückt und versuche es mit einer weitaus weniger förmlichen Richtigstellung, von der ich hoffe, dass sie zumindest als Annex in das Online-Leserforum für alle sichtbar eingestellt wird. Die Gewissheit, dass dies für alle Beteiligten ein guter Weg ist, entnehme ich der Tatsache, dass das Interesse an meiner Aktion noch lange nicht verklungen ist und meine Reaktion einen großen Widerhall finden wird.

Für die Rundschau selbst dürfte es wichtig sein, zu erfahren, dass sich überregionale Journale und ausländische Nachrichtendienste aufgrund Ihres Artikels und der Online-Kommentarfunktion bei mir gemeldet haben. Der Illustrierten ‚Super Illu‘ und der ‚Huffington Post‘ habe ich bereits Interviews zugesagt. RTL- und SAT.1-Fernsehmagazine haben um Erlaubnis nachgesucht, auf meinem Grundstück zu filmen. Ein Stein ist ins Rollen gekommen und zu einer Lawine geworden. Kleinliche Beschwerden sind an dieser Stelle nicht angebracht. Daher verzichte ich auch auf die Gegenrede zu den Zeitgenossen, die mich in ihren Kommentaren verunglimpfen, missverstehen oder die sich im orthografischen Irrgarten der deutschen Sprache verheddert haben. Dafür bedanke ich mich umso mehr bei all denen, die mich ermuntern, unterstützen und Einsicht zeigen. Der Verlag und ich haben eine Reihe wertvoller Anregungen erhalten, die wir umzusetzen gedenken. Das Festival ‚Across all Worlds‘ ist dank der Beiträge mehr denn je in aller Munde.

Jetzt zu den richtigzustellenden Passagen Ihres Artikels, werter Herr Wenzel. Ich war am fraglichen Morgen weder ‚fast nackt‘, noch ‚ungepflegt‘ oder ‚verwirrt‘.

Zu Punkt eins. Ich trug mit Bedacht nicht zu eng anliegende, voll elastische Lycra-Boxershorts des Labels ‚Yves Saint Laurent‘ ohne Eingriff in blickdichtem Schwarz mit zart dunkelgrauen Längsstreifen und verstärktem Bund. Ohne in die Details gehen zu wollen, hätte ich auch andere Optionen besessen, um Aufsehen zu erregen. Ich entschied mich für eine unauffällig elegante, hochwertige Unterbekleidung, wohl wissend, dass mir die Natur der Performance keine weitere Bekleidung erlauben würde. Ich versichere Ihnen, dass die gewählte Unterwäsche keinerlei öffentlichen Anstoß erregen konnte. Trägt ein Schauspieler sein Kostüm bei einer Aufführung, mag es auch spärlich oder der Rolle entsprechend wenig alltagstauglich sein, sollte niemand auf die Idee kommen, den Künstler als ‚fast nackt‘ zu apostrophieren, als ob dieser in einer verrückten Laune beschlossen habe, seine Mitmenschen mit einem ungebührlichen Äußeren zu konfrontieren.

Nun zu der ‚grauen Masse‘, die im Verbund mit den angebotenen Umarmungen als ‚ekelerregend‘ dargestellt wird. Natürlich ist nicht zu leugnen, dass Grafitabrieb eine mehr oder weniger graue oder schwärzliche Verfärbung erzeugt. An dieser Stelle besteht die Ungenauigkeit der Darstellung in einer Auslassung. Ob aus Effekthascherei oder wegen der komplexen Details – die Rundschau hat es nicht vermocht, die künstlerische Ambition der Aktion zu vermitteln, ohne deren vertiefte Kenntnis nur das Gerüst eines ‚halb nackten, verschmierten Mannes‘ für die Öffentlichkeit verbleibt.

Dies bringt mich zu den Attributen ‚verwirrt‘ und ‚ungepflegt‘. Würden Sie diese Ausdrücke auch gegenüber dem Bühnendarsteller von ‚King Lear‘, von ‚Macbeth‘ oder der ‚Mutter Courage‘ verwenden? Könnte eine Rezension des Musicals ‚Les Misérables‘ in einer Adaption eines Werkes der Weltliteratur von Victor Hugo lauten, dass das Theater leider in der Mehrzahl zerlumpte, hygienisch bedenkliche Elendsgestalten und Halsabschneider beschäftige? Sind Darsteller die Realität oder ist die Realität die Darstellung? Antworten Sie nicht. Ich glaube, wir verstehen uns. Zu eindeutig schlägt das Pendel auf meine Seite aus. Ich kann jedoch verstehen, dass die Aktion, die überraschend und wie aus heiterem Himmel über mein Publikum kam, bizarr und kaum fassbar gewirkt haben muss. Das war beabsichtigt. Theater – in meinem Fall Literatur und Theater, da ich während der Aufführung Jesaja rezitierte – muss ein Stein des Anstoßes sein, um Prozesse anzuschieben. Nichts ist so albern wie eine immer aufs Neue gelebte Routine. Ich machte mir den Überraschungseffekt zunutze, befleißigte mich einer bislang nie erprobten Darstellungsart und verlegte die Aufführung mitten in das Publikum, das ich mittels Umarmung zu zeitweiligen Nebendarstellern machte. Nebendarsteller sind keine ‚Opfer‘, auch wenn die subjektive Sicht der Betroffenen eine andere sein mag. Hätte sich jemand die Mühe gemacht, meine freundlich verteilten Flyer zu lesen, wäre sofort klar geworden, welches Ziel die Aktion verfolgte.

Einen vollkommen falschen Zungenschlag erhält der Zeitungsartikel, wenn auf das Zusammentreffen des Mensch gewordenen Jesaja-Textes mit der Hochzeitsgesellschaft Bezug genommen wird. Belästigt wurde niemand. Es verhielt sich vielmehr so, dass die Braut und die Brautmutter (dass es sich bei den beiden voluminösen Frauen um Mutter und Tochter handelte, erfuhr ich erst aus der Presse) beim Herrichten eines Picknicktisches waren und bei meinem Anblick erschrocken quiekten. Ich versuchte mit einem Jesaja-Text beruhigend auf sie einzuwirken, ohne mich dabei allzu sehr von meiner Rolle zu entfernen. Die Umarmung geriet zu einer Rangelei, bei der die Brautmutter versuchte, mich mit erstaunlichen Kräften von der Tochter zu lösen. Die Umstehenden griffen nicht ein und die Braut schien sich bereits in ihr Schicksal gefügt zu haben. Einige Gäste der Gesellschaft lachten und applaudierten. Wahrscheinlich gingen sie davon aus, ich sei ein bestellter und geschminkter Brauträuber. Nur die Brautmutter lamentierte. Ob über das Los ihrer Tochter als Entführungsopfer oder den Grafitabrieb auf den Wangen und dem altrosa Rüschenkleid derselben, kann ich nicht sagen.

Scientia-Gruppe