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Autor: Charlie Dombrow

Herausgeber: Ulrich Dorn

Programmleitung, Idee & Konzeption: Jörg Schulz


Bildnachweis

Alle Bilder in diesem Buch wurden von Charlie Dombrow mit einer Nikon D600, einer Nikon D300 und einer Nikon D5100 erstellt.

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1. Reise durch das Baumland

Bäume sind die ältesten und nützlichsten Lebewesen auf dieser Erde. Die menschliche Zivilisation, unsere evolutionäre Entwicklung, unsere Geschichte und unser heutiges Dasein ist ohne Bäume unvorstellbar. Ohne sie gäbe es keine menschliche Kultur: kein Feuer, keine Häuser, keine Schiffe, keine Waffen, keine Pflüge, kein Papier, keine Bücher und kaum Sauerstoff zum Atmen. Die Bäume könnten auch ohne den Menschen leben, aber wir nicht ohne sie. Leider haben das viele Menschen längst vergessen.

Quer durch die Republik

GPS DATA :: 54.114067, 10.240609

Die Kattholzeiche bei Perdöl im Jahre 2012.

In einigen Gegenden Deutschlands findet man relativ konzentriert relativ viele bemerkenswerte Bäume. Meistens gedeihen sie in Landschaften, die nicht nur der Bäume wegen eine Reise wert sind. Im folgenden kleinen Reiseführer für Baumfans weise ich den Weg zu einigen markanten dendrologischen Motiven – ohne Anspruch auf Vollständigkeit der Liste und ohne Garantie darauf, dass alle Bäume noch stehen, wenn Sie sie fotografieren möchten.

Holsteinische Schweiz

Rings um die kleine Stadt Plön am Großen Plöner See tummeln sich in einer leicht hügeligen Landschaft (deren Erhebungen in der echten Schweiz maximal als Bodenwellen wahrgenommen würden) viele stattliche Bäume. In der Mehrzahl sind es Eichen, darunter auch die Eiche mit dem dicksten Stamm. Die Kattholzeiche steht an einem Feldweg bei Perdöl und hat einen Stammumfang von etwa 13 Metern. Leider wurde ein dicker, charakteristischer Ast, der über diesen Feldweg ragte, vor nicht allzu langer Zeit abgesägt, damit er kein Karnickel erschlüge, falls er mal hätte abbrechen dürfen.

Ganz in der Nähe, neben der langen Zufahrt zum Hofgut Horst, erhebt sich eine perfekt geformte Kastanie auf einer leichten Anhöhe. Die Äste des Kugelbaums reichen tiefer als sein von Steinen umsäumter Wurzelstock.

GPS DATA :: 54.151740, 10.280128

Der Kugelbaum an der Straße zum Gut Horst.

Am Südufer des Plöner Sees bei Gut Nehmten passiert die baumgesäumte ruhige Landstraße zwischen Bredenbeck und Im Sande ein altes Megalithgrab, dessen Findlinge auf einer leichten Kuppe durcheinanderliegen. Aus dem Grabhügel erheben sich eine mächtige Eiche und eine gemischte Dreiergruppe, bestehend aus zwei dicken Buchen und einer ebenso dicken weiteren Eiche, die sich seit mindestens 100 Jahren um denselben Standort zu streiten scheinen.

GPS DATA :: 54.087667, 10.375455

Eichen und Buchen östlich der Landstraße bei Gut Nehmten.

Nördlich von Plön auf dem Weg nach Kiel ragt bei Jasdorf westlich der Landstraße eine mächtige Solitäreiche aus dem Acker, möglicherweise die größte Eiche in Schleswig-Holstein.

GPS DATA :: 54.305893, 10.303928

Eiche nördlich der K39 zwischen Jasdorf und Dobersdorf.

Nordöstlich des Plöner Sees bei Kirchnüchel sieht man viele Eichen in malerischer Landschaft auf einer ehemaligen Hutewiese stehen. Ist man in dieser Gegend, lohnt auf jeden Fall auch ein Ausflug nach Lütjenburg, wo eine Turmhügelburg aus dem frühen Mittelalter rekonstruiert wurde, die größtenteils aus Eichenholz gebaut war.

GPS DATA :: 54.302365, 10.571630

Turmhügelburg bei Lütjenburg.

Wege zum Baum

Viele der in diesem Buch beschriebenen Bäume stehen auf privatem Grund und Boden, zum Teil mitten auf einem Acker. Es versteht sich sicherlich von selbst, dass Sie auf dem Weg zu einem Baum durch ein bestelltes Feld größte Sorgfalt walten lassen, nichts zertrampeln, nichts zerstören. In jedem Acker gibt es unbewachsene Furchen, die man nutzen kann. Finden Sie keine, müssen Sie den Baum halt aus der Ferne ablichten. Beziehen Sie die Landschaft einfach in Ihr Bild ein, zeigen Sie den Kontext, in dem der Baum wächst.

Kühlung

Beginnen wir im nördlichen Teil des baumreichen Bundeslands mit unserer »Tour de abres« direkt an der Ostsee. In der Umgebung des Städtchens Bad Doberan findet man viele schöne Alleen, zum Teil flankiert von der parallel verlaufenden Bahnstrecke der Bäderbahn »Molli«, die Bad Doberan mit Heiligendamm und Kühlungsborn verbindet. Zum Dörfchen Brusow westlich von Bad Doberan führt eine schmale, kurvige Allee mit dicken Bäumen. Östlich von Rerik blieben mitten auf einem Feld zwei steinzeitliche Großdolmen erhalten, von krummen Bäumchen umgeben.

GPS DATA :: 54.115327, 11.896501

Die Dammchaussee bei Bad Doberan mit Molli, der Bäderbahn.

Direkt am Ostseestrand bei Nienhagen wächst der berühmte Gespensterwald. Vom Wind zerzauste Buchen stehen hier unmittelbar an der Steilküste. Leider werden die krummen Äste, die dem Ort sein mystisches Flair verleihen, nicht vom Förster verschont. Krumme Bäume, auch sogenannte »Windflüchter«, gibt es auf der Halbinsel Darß und Fischland, zum Beispiel am Weststrand bei Prerow, umgeben von Erlen- und Kiefernwäldern.

GPS DATA :: 54.106041, 11.636771

Megalithgrab südlich der L122 östlich von Rerik.

GPS DATA :: 54.161756, 11.933379

Der Gespensterwald bei Nienhagen.

In der Nähe des Rostocker Flughafens bei Laage stehen zwei beeindruckende Kirchlinden, die eine neben der Kirche von Kritzkow, die andere auf dem Friedhof von Polchow. Der weit auseinandergerissene Stamm der Kirchhofslinde in Polchow hat einen Umfang von etwa 14 Metern.

GPS DATA :: 53.944754, 12.476533

Die Kirchhofslinde in Polchow.

GPS DATA :: 53.887233, 12.245718

Die Dorfkirche von Kritzkow, links daneben steht die alte Kirchlinde.

Rings um Waren

In kaum einer anderen Gegend in Deutschland findet man mehr tolle Bäume als in dem Gebiet zwischen der Mecklenburgischen Schweiz und dem Müritz-Nationalpark. Ganz oben auf Ihrer Agenda sollte bei einer Reise in dieses dendrologische Eldorado ein Besuch im Tierpark Ivenack stehen. In diesem Tiergarten in der Nähe der Reuterstadt Stavenhagen nördlich von Waren steht die größte Ansammlung uralter Eichenriesen in ganz Europa, darunter die kolossale Ringeiche, die auch das Titelbild dieses Kapitels prägt. Vier weitere Starkeichen (von ehemals elf heiligen Eichen) sind erhalten, zum Beispiel die Knusteiche und die Pferdekopfeiche. Höchst eindrucksvoll sind auch die sterblichen Überreste gefallener Baumriesen, die hier in Würde zerfallen dürfen. Der Tierpark ist täglich geöffnet.

Ein paar Kilometer westlich von Ivenack am Ostufer des Malchiner Sees wächst eine der urigsten Eichen, die ich kenne: die Knorreiche von Rothenmoor. Sie steht am Ende einer kleinen Allee abseits der Durchgangsstraße und trägt ihren knorrigen Namen völlig zu Recht.

GPS DATA :: 53.716393, 12.952149

Im Tierpark Ivenack stehen gleich mehrere »tausendjährige« Eichen.

GPS DATA :: 53.716393, 12.952149

Die Knusteiche im Tierpark Ivenack mit ihrem dicken Knubbel am Stamm.

GPS DATA :: 53.662023, 12.622046

Noch ein Stückchen weiter westlich findet man die ausgehöhlte und ausgebrannte, doch trotzdem quicklebendige Höhlenulme bei Klocksin unmittelbar am Ufer eines Sees. Man erkennt die wunderbare Flatterulme an dem kleinen Trampelpfad, der von der Straße aus quer über den Acker direkt zu ihr führt.

GPS DATA :: 53.625616, 12.530695

Die Höhlenulme am Flachen See zwischen Klocksin und Blücherhof; dort gibt es einen dendrologischen Park.

Richtung Krakow erhebt sich bei Dobbin neben einem Feldweg direkt am Waldrand die dickste Buche von McPomm. Besonders imposant wirkt die Schäferbuche im bunten Herbstkleid.

GPS DATA :: 53.630910, 12.326078

Die Schäferbuche findet man, indem man bei Dobbin von der L204 auf einen Richtung Norden führenden Feldweg abbiegt und sich an der ersten Weggabelung links hält.

Am Pfarrhaus des Örtchens Jabel steht eine alte Eibe, über deren Alter man sich nicht so richtig einig ist. Von außen besehen, ist der Baum relativ unspektakulär; seine wahre Gestalt entdeckt man erst unter dem Blätterdach. 

GPS DATA :: 53.536967, 12.545144

Die Altersangaben für die Eibe in Jabel variieren zwischen 230 und 900 Jahren.

Bei Groß Gievitz nordöstlich von Waren gedeihen viele schöne alte Bäume. Der mächtigste Veteran dort ist die Fuchseiche, ganz versteckt in einem kleinen Wäldchen. Der Baum ist im Ort ausgeschildert; außerhalb des Orts hat man aber die Wegweiser mal ganz weggelassen. Daher der Tipp: Halten Sie sich an der ersten Weggabelung links, an der zweiten rechts, und fahren Sie dann am Waldrand links entlang bis zu einer »Parkbucht«. Von dort aus gehen Sie etwa 200 Meter ostwärts in den Wald hinein. In dem Wäldchen, in dem sich die Eiche auf einer kleinen Lichtung der Sonne entgegenreckt, gedeihen auch viele Erlen mit den Füßen im Wasser.

GPS DATA :: 53.597800, 12.797807

Der monumentale Starkast, der in etwa zwei Metern Höhe über dem Boden aus dem gewaltigen Stamm der Fuchseiche herauswächst, ist allein schon dicker als viele andere Bäume.

Mitten im Nationalpark Müritz liegt das Dörfchen Speck, zu dem eine Straße östlich von Waren führt. In Speck finden Sie eine uralte Linde (im winzigen Ort rechts) mit einem abenteuerlich aufgerissenen dicken Stamm. Der Baumveteran steht vor einem heute verlassenen Schloss, das früher den DDR-Bonzen als Jagdhaus diente.

GPS DATA :: 53.438006, 12.838621

Die alte Dorflinde in Speck an der Müritz.

Elm und Börde

Zwischen Braunschweig und Magdeburg erstrecken sich geschichtsträchtige Landstriche mit interessantem Baumbestand. So thront mitten in Königslutter der etwa 900 Jahre alte Kaiserdom. Vor dieser Pfeilerbasilika stehen einige schöne alte Linden. Im ehemaligen Klosterhof hinter dem Dom aber residiert ein Gigant. Die Kaiser-Lothar-Linde ist etwa so alt wie der Dom selbst. Die Höhlungen in ihrem mehr als zwölf Meter umfangenden monumentalen Fuß sind mit schmiedeeisernen Gittern versehen, ein sehr dicker Ast wird abgestützt.

GPS DATA :: 52.244047, 10.815619

Die mächtige Kaiser-Lothar-Linde im Klosterhof hinter dem Kaiserdom zu Königslutter.

Ein paar Kilometer südwestlich erhebt sich mitten in einem Dorf an der Durchfahrtsstraße ein sechs Meter hoher ungeöffneter Grabhügel, der vor etwa 3.800 Jahren entstand. Obendrauf steht eine sehr alte Linde, unter der vermutlich einst Gericht gehalten wurde. Der Tumulus von Evessen ist der größte Grabhügel seiner Art in Niedersachsen. Die Linde könnte 800 Jahre alt sein.

GPS DATA :: 52.190711, 10.717244

Die Tumuluslinde ragt aus einem Grabhügel in Evessen.

Etwas weiter östlich in der Magdeburger Börde wird am Missionsplatz im Wald bei Emden jedes Jahr zu Christi Himmelfahrt das traditionelle Missionsfest unter freiem Himmel und den Kronen vieler alter Eichen gefeiert, die vermutlich früher eine Hutung beschützten. In der Nähe findet man auch einige alte Hainbuchen.

GPS DATA :: 52.261401, 11.285278

Huteeichen am Missionsplatz etwa ein Kilometer nördlich der Ortschaft Emden östlich der K1149.

In Altenhausen steht ein Schloss, in dessen Nachbarschaft eine schöne Eichenallee parallel zur Straße Richtung Ivenrode verläuft.

GPS DATA :: 52.270489, 11.252769

Eichenallee längs der Erxleber Straße in Altenhausen.

Westlich von Ivenrode, vis-à-vis der Försterei Bischofswald, steht auf einer Wiese neben der Straße eine dicke, alte Stileiche.

GPS DATA :: 52.275749, 11.200351

Eichenriese bei der Försterei Bischofswald neben der L42 zwischen Ivenrode und Hörsingen.

Sababurg

Der Reinhardswald im Norden Hessens ist 200 Quadratkilometer groß, einer der größten Wälder und eines der am dünnsten besiedelten Gebiete Deutschlands. In der Nähe des sagenumwobenen Dornröschenschlosses Sababurg (heute ein nettes Hotel) findet man dort den schon 1907 unter Schutz gestellten »Urwald«, der zu den meistbesuchten und bekanntesten Waldstücken unseres Lands gehört.

Der Urwald an der Sababurg ist natürlich kein richtiger Primärwald, sondern ein aus der Nutzung genommener ehemaliger Hutewald, in dem es zahlreiche riesige Eichen und Buchen gibt, die einstmals Schutz und Futter für die Nutztiere der ansässigen Bauern boten. Zwischen den jahrhundertealten Bäumen wächst meterhoch der Adlerfarn; umgestürzte Buchen und Eichenleichen modern pilz- und moosbewachsen. Heute sind in diesem Waldstück Wanderwege ausgeschildert und zum Teil durch Holzbohlenwege befestigt, die zu den dendrologischen Highlights des Urwalds führen. 

Eine urige Buche im Urwald Sababurg.

Vom Parkplatz an der Straße zwischen der Sababurg und Hofgeismar aus hat man jederzeit freien Zutritt in den Wald, der einstmals hauptsächlich aufgrund seiner mystischen Schönheit unter Schutz gestellt wurde – ein Maler, der die knorrigen Eichen in seinen Bildern verewigte, trieb die Anerkennung dieser ehemaligen Waldweide als Naturschutzgebiet voran, was beweist, dass Bilder durchaus zum Schutz bedrohter Natur beitragen können.

GPS DATA :: 51.545051, 9,506099

Der wahrscheinlich meistfotografierte Baum in Deutschland: die Kamineiche im Urwald.