Reich werden,
ohne zu arbeiten

Die Krise ist da und sie trifft uns mit voller Wucht. Entlassungen, Kurzarbeit, Minijobs – Massenarbeitslosigkeit. Die Menschen sind verunsichert und fürchten – völlig zu Recht – um ihre Existenz. Denn auch der Alltag schlägt uns mit brutaler Härte ins Gesicht: Die Preise für den Lebensunterhalt steigen unaufhörlich. Alles wird teurer – Genuss, Lebensqualität und Luxus ist einer ständig schrumpfenden Minderheit vorbehalten.

Aber das Volk reagiert. Wo auf ehrlichem Wege keine reellen Chancen mehr bestehen, wird im zunehmenden Maße betrogen, geschummelt und gelogen. Die Überlebensstrategien vieler Bürger gehen fast nur noch auf Kosten der Allgemeinheit. Falsche Abrechnungen, miese Abzockfallen, Steuertricks und krumme Geschäfte mit der Dummheit auf Kosten von Dummheit und Naivität der Gesellschaft. Reich werden, ohne zu arbeiten ist die Devise – und manchmal ist es auch das bloße Überleben. Auch ohne Arbeit, weil es viel zu häufig gar keine mehr gibt.

Dieses Buch erzählt von Mauschlern, Betrügern, Abzockern und Verbrechern. Es beschreibt haargenau, wie gewisse Teile unserer Gesellschaft ihr Leben auf Lügen und krumme Machenschaften bauen. Es ist der Spiegel einer Gesellschaft, die weitaus schlechter ist als ihr mieser Ruf.

Reich, ohne zu arbeiten soll keine Anleitung zu Straftaten geben. Es soll mahnen und warnen. Wer eine andere Lesart bevorzugt, muss mit dem Schlimmsten rechnen. Denn was hier beschrieben wird, ist verboten. Und es gehört verboten …

Die Tricks der kleinen Leute

Wir sind ein Reisebüro

Der Münchner Bankkaufmann Thomas G. reist sehr gerne, fliegt am liebsten Businessclass und das Ganze noch lieber zum absoluten Schnäppchenpreis. Ostern in Südostasien, Linienflug Business, Fünf-Sterne-Hotel. Pfingsten eine Woche New York vom Feinsten, Sommer auf Mauritius und im Herbst noch mal für 10 Tage nach Havanna – all das leistet sich Thomas G. regelmäßig, ohne ältere Bankkundinnen abzocken zu müssen. Sein Trick: Thomas G. besitzt ein Reisebüro. Zumindest auf dem Papier.

»Die Sache ist ganz unkompliziert: Bei der Stadt meldet man ein Gewerbe an – Eröffnung eines Reisebüros – zahlt etwa 25 Euro an Gebühren und bekommt wenig später seinen Gewerbeschein zugeschickt. Der Willkommensbrief von der IHK folgt schon bald und auch das Finanzamt wird sich melden. Aber: Kein Umsatz, keine Steuern! Denn die einzigen Reisen, die in meinem Reisebüro gebucht werden, sind meine eigenen. Man geht auf Internetseiten wie www.pepxpress.de und findet dort die günstigsten Angebote für Inhaber von Reisebüros, Expedienten und Angestellte. Auf Flüge bekomme ich bis zu 80 Prozent Ermäßigung – was es mir ermöglicht, Businessclass zum Preis von Economy-Tickets zu fliegen. Auch die Hotelpreise sind unverschämt billig. Zum Teil gibt es auch Gratis-Angebote für die Nobel-Unterkünfte, die ich natürlich herzlich gerne mitnehme.«

Der clevere Banker nutzt selbstverständlich auch alle anderen Vorzüge, die sein Gewerbeschein mit sich bringt: Er besitzt eine Metro-Karte und kauft fast alles, was er zum täglichen Bedarf braucht, in dem Großmarkt ein. »Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass man solche Reisebürogeschichten auch nach außen hin noch etwas besser absichern sollte. Für 10 Euro habe ich mir Visitenkarten drucken lassen, das rundet das Bild des Reisebürobesitzers professioneller ab. Ein Freund hat mir für ein gutes Abendessen auch noch eine seriös wirkende Internetseite eingerichtet – falls es doch einmal Zweifel vonseiten des Finanzamtes geben sollte. Man will ja schließlich nicht den Eindruck erwecken, das Reisebüro sei nur eine billige Scheinfirma.«

Mode für lau

Die Zahnarzthelferin Steffi R. aus Südbaden hat für sich einen Weg entdeckt, über Jahre hinaus mit den neuesten Bekleidungsstücken ausgestattet zu sein, ohne dafür bezahlen zu müssen. »Fast nichts bezahlen, müsste es richtig heißen«, schränkt die 40-jährige Frau ein. Ihre Schuhe, Jacken, Hosen und Pullover, im Grunde ihre gesamte Bekleidung, kauft Steffi R. bei einem amerikanischen Versandhändler, der in seinem Namen auch noch mit einem falschen Apostroph arbeitet, ein. Die Modelinie scheint zu überzeugen. Zumindest Steffi R. Aber nicht nur die angebotenen Waren findet die Zahnarzthelferin attraktiv, sondern auch die Garantiebestimmungen. Die Firma nimmt alle Artikel wieder zurück, wenn der Kunde nicht 100-prozentig zufrieden ist – das ist übrigens bei vielen amerikanischen Firmen der Fall. Da lohnt sich ein Blick in die allgemeinen Geschäftsbedingungen.

»Das Zauberwort in der Garantieerklärung ist ›jederzeit‹. Für mich heißt das: Wenn ich die Sachen aufgetragen habe oder Lust auf etwas Neues bekomme.« Steffi R. schickt die Ware zurück und erhält den Kaufpreis wieder. Davon kauft sie sich wieder neue Klamotten und das Spiel geht wieder von vorne los. »Für mich ist das so etwas wie ›Null-Leasing‹. Nur dass es so etwas normalerweise nur für besonders wichtige Leute gibt – und schon gar nicht bei Bekleidungsstücken. Was ich dabei spare, geht direkt in die Urlaubskasse.« Und Steffi R. spart viel Geld. Über den Versandhändler stattet sie nämlich auch ihren Gatten aus.

Der Studentenausweis

Der Stuttgarter Immobilienmakler Tino K. ist privat äußerst aktiv: Kino, Oper, Theater, Konzerte gehören zu seinem regelmäßigen Freizeitprogramm. Dinge also, die im Zweifel richtig teuer werden können – »wenn man nicht weiß, wie man richtig trickst«, verrät der smarte Schwabe. Seine Lösung: Er besitzt einen Studentenausweis, obwohl er noch nie eine Universität von innen gesehen hat.

»Ein Studentenausweis lohnt sich nur dann, wenn man auch regelmäßig damit arbeitet«, warnt Immobilien-Mann Tino K. Höchst ungern verrät er, wie er die Sache mit dem Studentenausweis angegangen ist: »Eigentlich will ich gar nicht, dass zu viele Nassauer auf diese Masche anspringen, aber es gibt ja auch Menschen, die mit einem Studi-Ausweis einfach besser leben könnten, weil ihnen der eigene Job oder die Unterstützung durch die Agentur für Arbeit kaum über die Runden hilft. In meinem Fall ist es eine rein sportliche Angelegenheit, weil ich Spaß an kleinen Tricksereien und Mauscheleien habe.«

Tino K. bezog seine Studentenkarte von der Fern-Universität Hagen. »Man meldet sich bei der Fern-Uni an, und um einen Studentenausweis zu bekommen, muss man einen Kurs belegen. Ich habe mich damals für den günstigsten entschieden, der ungefähr 150 Euro gekostet hat. Dazu kommen noch 11 Euro für das Studentenwerk dazu und schon ist man Student. An dieser Stelle könnten schon die ersten Einwände kommen: 160 Euro für einen Studentenausweis? Wie soll man denn das wieder reinholen? Die Antwort ist einfach: In nur einem Jahr wohl kaum! Die Sache ist eine Mischkalkulation: Im ersten Jahr kostet mich der Ausweis umgerechnet 160 Euro. Der Trick ist aber, dass ich mich von da an ständig wieder bei der Fern-Uni zurückmelde, in dem ich mich bei dem Kurs, für den ich bezahlt habe, nicht zur Prüfung gemeldet habe. Diesen Kurs aber darf ich – um irgendwann tatsächlich die Prüfung zu machen – zehn Mal wiederholen. Also fünf Jahre lang! Nach der ersten Kursgebühr fallen bei mir in den kommenden viereinhalb Jahren nur noch pro Semester die 11 Euro Studentenwerk an.«

Die Vorzüge seines Studentenausweises hat Tino K. noch gar nicht alle ausgeschöpft: »Für etwa 50 Euro bekomme ich die komplette Stuttgarter Netzkarte. Mein Abonnement der Süddeutschen Zeitung kostet mich pro Monat 21,50 Euro statt 43,90 Euro. In die Oper komme ich zum Teil für 8 Euro, ich bekomme Studentenrabatt bei Skipässen und wenn ich dem Finanzamt melde, dass ich sechs Mal pro Semester nach Hagen zum Seminar gefahren bin, kann ich auch noch die Fahrtkosten geltend machen. Ich persönlich hatte die 160 Euro schon im ersten Jahr wieder reingeholt. Und seit ich mich nur noch für 11 Euro zurückmelden muss, macht mein kleines Studentengeschäft noch viel mehr Spaß.«

Die Gratis-Abos

Die Münchner Hausfrau und Mutter Ute C. mag bei der täglichen Verrichtung ihrer Arbeiten nicht auf eine regelmäßige Zeitungslektüre verzichten. Allerdings ohne dafür bezahlen zu müssen! Die trickreiche 29-jährige Frau versorgt sich aus diesem Grund mit kostenlosen Probe-Abonnements. »Die Sache läuft ganz einfach: Die meisten Zeitungen und Zeitschriften bieten sogenannte Gratis-Abos an. Drei Wochen Welt am Sonntag beispielsweise für lau, ohne Verpflichtung und ohne versteckte Fallen bei den Kündigungsfristen. Nun könnte man natürlich einwenden, dass man mit drei Ausgaben kaum über das Jahr kommen wird. Richtig? Falsch! Um die Verlage zu überlisten, arbeite ich ganz einfach mit Fantasie-Namen. Mal schließe ich das Abo auf den Namen meiner besten Freundin ab, mal auf Müller, Schmidt oder Lindemann – und das Ganze immer mit meiner Adresse. Hierfür muss ich nur die betreffenden Namen mit einem kleinen Zettelchen an meinen Briefkasten hängen und schon wandern die Zeitungen in meinen Briefkasten. Die Abo-Abteilungen der Verlage schöpfen keinen Verdacht, weil sie – wenn sie in ihre Computerdateien schauen – nicht sehen können, ob ich in einem Hochhaus oder einer größeren Wohnanlage wohne. Und in großen Mietskasernen können unzählige Mieter mit derselben Straße und Hausnummer leben.«

Tatsächlich. Dass Ute C. in einem kleinen Einfamilienhaus wohnt, vermögen die Verlage nicht herauszufinden. »Außerdem: Wir könnten auch ständig wechselnde Untermieter haben, die gerne Zeitungen lesen. Es ist alles nur eine Frage der Planung. Mal bekomme ich für drei Wochen diese Zeitung, mal jene zugeschickt. Aufgefallen ist meine kleine Finte bislang nicht. Und viel Geld kann man damit allemal sparen.«

Das sündhaft teure Tafelwasser

Gastronomen verdienen im Grunde nur an den Getränken, heißt es. Alles, was an kulinarischen Spezialitäten aus der Küche kommt, ist – was den Aufwand, die verwendeten Produkte und die Personalkosten angeht – kaum lohnend. Die Kasse klingelt an der Theke. Das weiß auch ein Restaurantbesitzer aus Baden-Württemberg, der aus nachvollziehbaren Gründen lieber anonym bleiben möchte. Sein Geschäftsmodell: Tafelwasser aus dem Discounter, die Flasche zu wenigen Cent, wird in edle Markenflaschen umgefüllt. »Unsere Gäste verlangen nur Markenware. Ein profanes Mineralwasser tut es nicht. Es muss Pellegrino sein oder sogar ein extrem teures Gletscherwasser. Dabei kann kein Mensch erkennen, ob er ein angesagtes Pellegrino trinkt oder ein schlichtes Mineralwasser von Aldi.«

Natürlich ist sich der Gastronom bewusst, dass diese Masche nur mit Kumpanen funktionieren kann. Mindestens eine Servicekraft muss in diesen Beschiss eingeweiht sein. »Wir sind ein reiner Familienbetrieb. Und da weiß jeder, um was es geht. Um unsere Existenz.« Wie viel der Gastwirt mit dieser Masche einstreicht, wollte er nicht verraten. Nur so viel: »Versuchen Sie Wirte zu finden, die nicht bescheißen – das ist einfacher. Und – wer glaubt, so etwas funktioniert nicht auch mit Wein, ist wirklich sehr naiv …«

Der Laden brummt

Die Idee kam dem Automechaniker Roland J. aus Mecklenburg-Vorpommern im Kroatienurlaub. Hotelgäste hatten ihm geschildert, wie sie auf der Fahrt in das Urlaubsdomizil ganz offenkundig abgezockt worden sind. »Die Touristen erzählten, dass ihnen Unbekannte einen Reifen aufgestochen hatten, um dann bei der Reparatur behilflich zu sein. Abgelenkt vom Reifenwechsel seien dann sämtliche Wertsachen gestohlen worden. Nun, aufs Stehlen wollte ich mich fortan nicht verlegen, aber warum nicht ein bisschen bei der Kundenakquise nachhelfen? Als einzige Fachwerkstatt weit und breit hilft es besonders in Krisenzeiten, den einen oder anderen Lackschaden bei Fahrzeugen, die unbewacht an der Straße parken, selbst zu verursachen. Ob mit Schlüsseln oder Schraubenzieher – das sieht hässlich aus und je nachdem bezahlt den Schaden die Versicherung. Unsere Werkstatt ist gut ausgelastet – besonders die Lackiererei, und alle sind zufrieden. Ganz nebenbei will ich nicht verschweigen, wie andere Unternehmen arbeiten: Ein befreundeter Reifenhändler ganz in der Nähe verfolgt die ähnliche Geschäftsstrategie. Im Umfeld seiner Werkstatt scheinen Reifenschlitzer ihr Unwesen zu treiben. Mehr weiß ich leider auch nicht …«

Die günstige Minibar

Ein Widerspruch in sich. Minibars sind immer wahnsinnig teuer. Nicht für den Bielefelder Außendienst-Mann Gerhard F. Der Mann verbringt im Schnitt etwa 120 bis 150 Nächte pro Jahr in Hotelzimmern – und hatte es im Laufe der Zeit »einfach satt, an einsamen Abenden und nach einem stressigen Tag die völlig überteuerten Minibar-Preise zu bezahlen.« Gerhard F. hat reagiert, wie er es bezeichnet. Auf seine Dienstreisen hat er mittlerweile immer eine Halb-Liter-Wasserflasche mit Pfefferminztee im Gepäck. »Mit dem Tee kann ich fast alle leer gemachten Spirituosenfläschchen wieder auffüllen – den Rest, einen klaren Schnaps etwa, erledige ich mit Leitungswasser.« Der Vertreter ist mittlerweile – so behauptet er – »ein Meister im fast unsichtbaren Öffnen von kleinen Cognac- oder Schnapsflaschen in Hotelzimmer-Bars.« Die Kunst sei, die Flaschen langsam und vorsichtig zu öffnen, verrät der Bielefelder. »Manchmal sind auch kleine Kunststoff oder Alu-Käppchen über den Verschlüssen. Die schneide ich mit einem scharfen Messer ganz sauber an. Wenn ich danach den schottischen Whisky wieder auffülle, setze ich ganz behutsam wieder die Kappe auf und fertig.« Gerhard F. behauptet, im Laufe der Jahre mehrere Tausend Euro gespart zu haben. Und er fühle sich ein bisschen wie Robin Hood. Na denn …

Die Auto-Mitfahrgelegenheit

Der Kölner Pharmavertreter Detlef D. fährt einen leistungsstarken Audi Turbodiesel. Auf Geschäftskosten, denn das Fahrzeug ist ein Firmenwagen, den er auch privat nutzen darf. Und das tut er auch. Woche für Woche besucht er seine Lebensgefährtin in München. Diese regelmäßigen Fahrten hat der Sparfuchs bei unterschiedlichen Mitfahrzentralen angemeldet: Freitag Abend hin, Sonntag Abend wieder zurück. Pro Mitfahrer darf er rund 50 Euro verlangen – wenn er je Zentrale einen Beifahrer angibt. Das macht pro Weg 150 Euro, im günstigsten Fall also 300 Euro pro Wochenende. »Im Schnitt, über das Jahr gerechnet komme ich auf etwa 700 Euro im Monat, also mehr als 8000 Euro im Jahr.« Extra, versteht sich, denn die Benzinbelege rechnet er über die Firma ab.

Die Bahn-Begleitung

Horst F. aus Würzburg hat auch Mitfahrer. Allerdings reisen diese bei der Bahn mit. F. hat eine Monatskarte zwischen München und Würzburg. An Samstagen darf er vier Personen auf seine Monatskarte mitnehmen und die findet er verbotenerweise über Internetportale für Mitfahrgelegenheiten. Die einfache Fahrt zwischen München und Würzburg kostet um die 60 Euro pro Person – F. macht so was »fairerweise«, wie er betont, zum halben Preis. Rund 100 Euro kommen im Schnitt an einem Samstag zusammen, also 400 Euro im Monat. Sein Monatsticket kostet etwa 580 Euro. Die Karte kostet ihn also nur noch 180 Euro. »Falsch«, erklärt F. – »Ich verdiene 400 Euro. Die Monatskarte bezahlt mein Arbeitgeber!«

Aber auch das ist nur die halbe Wahrheit: An manchen Samstagen schafft er die Strecke zwischen München und Würzburg drei oder vier Mal. Und dann steigt sein Gewinn noch weiter. Horst F. hat auf seinen unzähligen Bahnfahrten auch schon andere kennengelernt, die mit diesem Trick einen guten Schnitt machen. Er weiß sogar von Studenten, die diese Fahrten derart professionell angehen, dass sie sich mit ihren Bahntickets zwischen 3000 und 4000 Euro verdienen – pro Monat. »Samstags fahren diese Herrschaften fast durchgehend Zug. In den Waggons werden Prüfungen vorbereitet und Diplomarbeiten geschrieben. Eine lustige, verschworene Gemeinde von Finanzfüchsen.« Wie viel am Ende bei ihm selbst im Monat rauskommt, will Horst F. nicht verraten. Wie viele Bücher er bei seinen Fahrten verschlingt, auch nicht.

Schnelle Kasse mit Einkaufswagen

Geradezu lächerlich mutet da die Masche mit den geklauten Einkaufswagen an. Es gibt tatsächlich Menschen, die davon leben, Einkaufswagen zu stibitzen. Und das alles nur für den einen Euro, der in dem Schlitz am Schiebegriff steckt. Vera M. aus Bonn verrät: »Ich nehme mir nur Wagen, die entweder noch leer sind oder kaum gefüllt. Die paar Sachen, die vielleicht schon drin sind, räume ich schnell aus, werfe für mich eine Kleinigkeit rein – natürlich nur Dinge, die ich zum täglichen Leben gebrauche. Ich splitte also meine Einkäufe in Hunderte kleine auf – in den meisten Fällen gehe ich jedoch mit einem leeren Einkaufswagen wieder durch die Kasse. Dabei sollte es sich natürlich nicht um den kleinen Lebensmittelmarkt um die Ecke handeln, sondern große Märkte wie Real beispielsweise.«

Vera M. hat gewissermaßen ihren eigenen »1-Euro-Job« gefunden. Nur dass sie mit ihrem deutlich mehr Geld nach Hause bringt. Die arbeitssuchende Dame macht die Sache professionell – frei nach dem Motto: »Kleinvieh macht auch Mist« – und »verdient« damit über die gesamte Stadt verteilt in etwa 150 Euro am Tag. Bei einer Sechs-Tage-Woche kommt Vera M. auf 3000 bis 3500 Euro im Monat. »Muss ich betonen, dass mein Job steuerfrei ist?« Nein, das muss die pfiffige Frau aus Bonn mit Sicherheit nicht.

Der Handel mit Tickets

Friederike U. wollte für den Live-Auftritt von Comedian Mario Barth zwei Karten besorgen – ein Geburtstagsgeschenk für die Tochter. Im Internet war Barth schnell gegoogelt und die Düsseldorferin orderte zwei Karten bei einer bekannten Online-Ticketbörse. Teuerste Kategorie, ab in den Warenkorb, auf Vorkasse wurden 177 Euro fällig. Das Geld wurde umgehend überwiesen und die Tickets sollten per Post ins Haus kommen. Fünf Tage vor dem Termin hatte die Frau noch immer keine Eintrittskarten in ihrem Briefkasten – statt der sehnsüchtig erwarteten Karten schickte man ihr seitens der Ticketbörse nur einen simplen Gutschein.

Zwei Tage vor der Abendveranstaltung trafen die Karten dann endlich per Post ein – der Wert je Ticket: 29 Euro. Wutentbrannt rief die enttäuschte Mutter beim Tourneeveranstalter an und beschwerte sich über das unzuverlässige Prozedere und die spät erhaltenen Karten der falschen Preiskategorie. Die lapidare Antwort der Konzertagentur: »Ihr Pech! Die Karten kosten 29 Euro, was die Ticketbörse im Internet verlangt, ist deren Sache …« Friederike U. überlegte sich ernsthaft, eine Ticketagentur im Internet zu gründen. »Aber am Ende macht man es dann doch nicht – obwohl sich damit offenbar viel, viel Geld verdienen ließe«, erklärt die Frau aus Düsseldorf.

Parken ohne Behinderung

Die Münchner Verlagskauffrau Christiane J. hat die Parkgebühren im Westen der Stadt gründlich satt. Sie ist auf das Auto angewiesen, um einigermaßen gut zur Arbeit zu kommen, müsste aber unter normalen Umständen jede Woche um die 40 Euro Parkgebühren bezahlen. Ihre Lösung: »Der Behinderten-Parkausweis meiner verstorbenen Tante. Ich habe nicht viel geerbt, aber dieses Schild spart mir pro Jahr rund 1500 Euro Kosten. Und von dem Geld gehe ich im Winter schön nach Südtirol zum Skifahren.«

Tatsächlich scheint Christiane J. kein Einzelfall zu sein. Nach einigen Auffälligkeiten mit Behinderten-Parkausweisen hat die Stadt Stuttgart vor wenigen Jahren den Bestand dieser »Frei-Parkscheine kontrolliert und festgestellt, dass im Jahr 2003 von 6000 registrierten und im Umlauf befindlichen Behinderten-Parkausweisen in 2900 Fällen die wirklichen Inhaber bereits verstorben waren. Das sind mal grob gerechnet 50 Prozent …

Zechprellerei

Der eine wählt die Masche mit dem Einkaufswagen-Euro, andere finanzieren sich ihren Lebensstil bisweilen über Zechprellerei.

In Nürnberg stand ein älterer Herr vor Gericht, der seine Gasthausbesuche 15 Jahre lang mit vorgetäuschten Ohnmachtsanfällen oder vermeintlichen Herzinfarkten finanziert hat. Dumm bei dieser Masche war allerdings, dass der Mann nicht nur sehr bescheiden war – bei ihm ging es in der Regel um ein paar Gläser Bier und einen warmen Leberkäse mit Spiegelei – sondern auch sehr ortsgebunden. Irgendwann kannten die Wirte, aber auch die zu Dutzenden gerufenen Rettungssanitäter den ausgehfreudigen Mann mit der labilen Gesundheit. Und er bekam vier Monate Haft aufgebrummt – wegen Betrugs und Missbrauchs von Notrufen. Seine letzte Rechnung belief sich auf 24,90 Euro, für zehn Schnäpse.

Peter H., ein Langzeitstudent aus Oberbayern, kennt diesen Trick auch: »Ich verstehe allerdings nicht, wie man so etwas in einer einfachen Spelunke abhalten kann. Wenn schon, dann veranstalte ich diesen Zirkus in einem Sternelokal. Aber nur, wenn ich wirklich in Stimmung für einen großen Auftritt bin. Ansonsten reicht es vollkommen, das Lokal für eine Rauchpause zu verlassen. Bei Schmuddelwetter wird kein Ober misstrauisch, wenn man sich für ein Verdauungszigarettchen die Jacke überstreift und zum Rauchen nach draußen geht. Für mich ist das Rauchverbot in Gaststätten wie ein Hauptgewinn. Gut Essen, feine Getränke und eine Rauchpause, die mich in allen Fällen direkt auf den Heimweg bringt. Ohne je bezahlen zu müssen!«

Die Scheinvaterschaft

Eine zugegebenermaßen ungewöhnliche Art der Geldbeschaffung ist das Geschäft mit der Scheinvaterschaft. Da der Gesetzgeber die Möglichkeiten für Ausländer, sich über eine sogenannte Scheinehe ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu verschaffen, zumindest erschwert hat, erfreut sich die Scheinvaterschaft zunehmender Beliebtheit. Auf mehreren Seiten. Zum einen erfreut sich der eine oder andere Ausländer seines vorläufigen Aufenthaltsrechtes und die Mutter des besagten Kindes über ein nicht zu verachtendes Entgelt für ihre falschen Angaben bei den Meldebehörden. Und nicht zuletzt freuen sich auf dem grauen Markt unzählige Vermittler an diesem familienorientierten Geschäftsmodell.

Die Sache ist vergleichsweise risikofrei. Denn die biologische Vaterschaft ist nach deutschem Recht nicht die Grundvoraussetzung für eine amtliche Anerkennung der Vaterschaft. Nach heutigem Recht ist derjenige Mann Vater eines Kindes, der sich dazu bekennt und von der Kindsmutter als solcher auch anerkannt wird. Ohne jede Diskussion. Im Einzelfall kann das die schwangere Ausländerin sein, die sich einen deutschen Kindsvater kauft, oder es gibt die deutsche Frau, die gegen einen Unkostenbeitrag in Höhe von mehreren Tausend Euro die Vaterschaft für ihren Sohn oder ihre Tochter anbietet. Vorausgesetzt, der echte Erzeuger des Kindes ist mit diesem doch sehr ungewöhnlichen Deal einverstanden. Allein in Berlin wird heute von mehreren Hundert Scheinvaterschaften ausgegangen. Tendenz steigend …

Mietnomaden

Vorsichtigen Schätzungen zufolge verursacht der sogenannte Mietnomadismus pro Jahr einen Schaden in Höhe von 200 Millionen Euro. Derzeit geht man davon aus, dass rund 10.000 Menschen in Deutschland mit dieser Masche ihr Dasein fristen. Dabei ist klar hervorzuheben: Mit Mietnomadismus lässt sich kein Geld im klassischen Sinn verdienen, aber Monat für Monat sehr viel Geld sparen. Wie funktioniert das Ganze?

Mietnomaden sind Betrüger, die in der Absicht, keine Miete zu zahlen, von Wohnung zu Wohnung ziehen, dort so lange wohnen bleiben, wie es nur geht, und die Unterkunft nach Auszug in aller Regel auch noch in einem desolaten Zustand zurücklassen.

Ermöglicht wird diese perfide Masche durch das deutsche Mietrecht, wonach der Vermieter erst dann eine Kündigung aussprechen kann, wenn der Mieter an zwei aufeinanderfolgenden Monaten mit mehr als einer Monatsmiete oder insgesamt mit dem Betrag von zwei Monatsmieten im Rückstand ist. Da jedoch die deutschen Amtsgerichte hoffnungslos überlastet sind, müssen Vermieter normalerweise davon ausgehen, dass es bis zu neun Monate dauert, bis ein vollstreckbares Räumungsurteil ergangen ist, und weitere Monate, bis ein Gerichtsvollzieher tatsächlich mit der Vollstreckung dieses Urteils loslegt.

In der Zwischenzeit sind bei dem Wohnungs- oder Hauseigentümer mehrere Tausend Euro Mietrückstände und Verfahrenskosten aufgelaufen. Im Schnitt geht man davon aus, dass ein Mietnomade etwa 25.000 Euro kostet, bevor die Sache endgültig erledigt ist. Die Vermieter bleiben in den meisten Fällen auf diesen Kosten sitzen, da von den »Nomaden« in der Regel nichts zu holen ist. Die wiederum erfreuen sich – zumindest temporär – einer schönen Bleibe, die entweder gar nichts oder nur sehr wenig kostet (wenn sie die Mietzinsen in Teilen zumindest bezahlen) und dürfen mit den Beträgen, die sie normalerweise für ihre Unterkunft einkalkulieren müssten, neu rechnen.

Mietnomadismus wird besonders in strukturschwachen Gebieten praktiziert, wo der Leerstand von Immobilien besonders groß ist und Vermieter in solchen Fällen häufig weniger genau hinschauen, wen sie sich in ihre Behausungen hereinholen.