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Lob für

Die Hohen Wesen von Hawaii

»Tanis bietet unseren hawaiianischen Ahnen die Gelegenheit, zu mehr Menschen zu sprechen. Sie macht das mit Humor und Ehrerbietung und erfasst in ihrer Geschichte die Essenz unserer Ahnen.

mahalo ke akua

mahalo na amakua

mahalo na kupuna o kahiko

me kealohapumehana

– was bedeutet Dank an die Götter, Dank an die Ahnen, Dank an die Familienahnen aus alter Zeit, mit Liebe und einem herzlichen Aloha.

Kimokeo Kapahulehua, Gründer der
»Kimokeo Foundation preserving Native Hawaiian Culture«

»Die Mystikerin und großartige Erzählerin Tanis Helliwell berichtet ausführlich über die verschiedenen Arten von Ahnen, sowohl die physischen als auch die geistigen, und in welcher Beziehung wir zu ihnen stehen. In der Beschreibung ihrer Abenteuer auf den hawaiianischen Inseln gelingt es ihr, die Essenz dessen, um was es bei den geistigen Ahnen geht, zu erfassen. Sie verwebt faszinierende und bezaubernde Geschichten über ihre Begegnungen mit den verschiedenen dort lebenden uralten Ahnen. Das Buch ist eine entzückende und unterhaltsame Lektüre.«

Dr. Steven Farmer, Autor von
Healing Ancestral Karma und Earth Magic

»Tanis ist und bleibt eine Anregung für all jene, die die Grenzen von Raum und Zeit in Frage stellen. In Die Hohen Wesen von Hawaii wagt sie sich mutig in die mystischen Reiche vor, um zu erleuchten und zu inspirieren. Das Buch ist eine wunderbare Geschichte mit Herz, Geist und Verstand. Ein fesselndes Lesevergnügen einer ganz anderen Art.«

Barry Brailsford MBE, Archäologe und Ältester des
Maniopoto-Stammes von Neuseeland,
Autor von Song of the Old Tides und Wisdom of the Four Winds Cards

»Das Wort Ahnen ist eine ziemlich weitgefasster Begriff, den indigene Völker gut verstehen. Wir Menschen aus dem Westen erfassen nicht wirklich, was mit Ahnen gemeint ist. Doch wenn es uns schließlich gelingt, öffnet das unseren Geist und unser Herz für die großartigen Helfer, die sich uns zur Verfügung stellen … und sie möchten gerne von uns einbezogen und erkannt werden, denn sie haben eine gewaltige Aufgabe zu erfüllen. Unsere Erde wäre ein trauriger Ort ohne ihren Beistand. Ich empfehle Die Hohen Wesen von Hawaii wärmstens jedem, der die Erde und ihre multi-dimensionalen Wesen, die auf ihr leben, besser verstehen möchte.«

Alice Friend, Künstlerin, Musikerin und Schamanin

Tanis Helliwell

DIE HOHEN
WESEN
VON HAWAII

Begegnungen mit geistigen Ahnen

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Aus dem kanadischen Englisch übersetzt
von Monika Bernegg

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Bücher haben feste Preise.

Tanis Helliwell

Der Titel des englischen Originals lautet »The High Beings Of Hawaii«.

© für die deutsche Ausgabe Neue Erde GmbH 2019

Titelseite:

Foto: Maridav, pixaroma (Masken), beide shutterstock.com

Lektorat: Andreas Lentz

Satz und Gestaltung:

eISBN 978-3-89060-339-1

Neue Erde GmbH

DANKE an die Ahnen
MAHALO NUI LOA

INHALT

Einführung

Teil 1

Begegnung mit mythischen Wesen im Land ihrer Ahnen

Lehren der Mo’okane in Kokee

Worin sich Männer und Frauen unterscheiden

Später am Nachmittag – der Kahuna spricht

Menehune der Na Pali-Küste

Elementarwesen auf Maui

Ein Jahr später: Noch einmal die Dünen

Begegnung mit uralten Meeres-Mo’o

Junge Menehune auf der Suche nach menschlichen Partnern

Segnungen der Ahnen an den Ho’opi’i-Wasserfällen

Der Zufluchtsort auf Big Island

Begegnung mit Pele im Volcanoes-Nationalpark

Serge Kahili King, Huna-Lehrer

Lektionen aus Hawaii

Teil 2

Wie die Ahnen uns heute beeinflussen

Zehn Arten, mit unseren Ahnen Kontakt aufzunehmen und mit ihnen zu arbeiten

Auf einen Blick

Westliches versus indigenes Denken

Danksagung

Glossar hawaiianischer Wörter

Weiterführende Literatur

Über die Autorin

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EINFÜHRUNG

Dieses Buch handelt von unseren Ahnen, weniger von unseren biologischen, sondern mehr von unseren geistigen Ahnen. Sie leben auf anderen Ebenen und übermitteln uns ihre Botschaften – wenn wir dafür empfänglich sind. Ich selbst kann schon mein ganzes Leben lang Wesenheiten in anderen Dimensionen wahrnehmen und mit ihnen kommunizieren. Trotzdem war ich auf die Erfahrungen, die mich auf Hawaii erwarteten, in keiner Weise vorbereitet. Wie schon bei früheren bedeutsamen Ereignissen, war es auch diesmal mein ungewöhnlicher Freund, der mich verleitete. Ich stelle ihn einmal vor:

Das erste Mal begegnete ich Lloyd, wie »The Man« sich selbst nennt, vor über zwanzig Jahren in einem alten Cottage in einem abgelegenen Teil Irlands. Es hieß von diesem Cottage, dass dort »Feen umgehen«. Lloyd gehört zu einer Gruppe von Elementarwesen – das sind Naturgeister wie Gnome, Elfen, Feen und Leprechauns –, die sich dafür einsetzen, in Zusammenarbeit mit Menschen eine schöne Erde zu erschaffen; eine Erde, die sich in Harmonie mit den natürlichen und spirituellen Gesetzen befindet. Er bat mich, ein Buch über unsere gemeinsamen Erlebnisse zu schreiben (Elfensommer); dadurch sollten mehr Menschen dafür gewonnen werden, sich diesem großartigen Vorhaben anzuschließen. Seit dieser Zeit hat er mich immer wieder zu Begegnungen mit Elementargeistern und anderen »unsichtbaren« Wesen der unterschiedlichsten Art auf der ganzen Welt ermutigt. Und immer hat er mich gebeten, ihre Botschaften an die Menschen aufzuschreiben und weiterzuverbreiten.

Für den Fall, dass dies alles schwer zu glauben ist und höchst seltsam klingt, kann ich euch beruhigen: Ich fahre Auto, bezahle Steuern und halte seit dreißig Jahren international Seminare – und zugleich bin ich eine Mystikerin. Vielleicht fragt ihr euch, was das bedeutet, denn es ist ein vager Begriff, der heutzutage vielfältig verwendet wird. Manche Menschen singen oder tanzen wunderbar, spielen Tennis oder sind gut im Umgang mit Computern – nichts davon gehört zu meinen Talenten. Für mich bedeutet, Mystikerin zu sein, dass ich Wesen auf Ebenen sehen und hören kann, derer sich die meisten nicht bewusst sind. Obwohl ich selbst diese »Gabe« von Kindheit an besitze, kann man diese Eigenschaft auch entwickeln, und zu meiner Lebensaufgabe gehört es, anderen dabei zu helfen.

Es ist wunderbar, so etwas mitzuerleben. Sind wir für die Möglichkeit offen, dass es andere, von Elementarwesen, Engeln und Ahnen bevölkerte Ebenen gibt, dann öffnet uns die geistige Welt die entsprechenden Türen, so dass wir diese Dimensionen selbst erfahren können. Wir bewegen uns freier in den höheren Frequenzen der astralen Welt, und die Synchronizitäten häufen sich. Das schenkt uns Klarheit über unsere Bestimmung und darüber, was unser eigener Beitrag zum Netz des Lebens sein kann.

Während eines Urlaubs auf Hawaii durfte ich selbst erleben, wie sich in meinem Leben eine wichtige Tür öffnete. Ganz unerwartet erschien mein Leprechaun-Freund und stellte mich den Menehune (sie gelten als Elementargeister von Hawaii) und den Mo’o vor, den geheimnisvollen, drachenähnlichen Wesen aus den Mythen. Diese Wesen sind so real wie du und ich, und es ist uns bestimmt, die Ebenen, auf denen sie leben, in sehr naher Zukunft kennenzulernen. Sie baten mich, diesen Bericht zu schreiben, der tatsächlich eher eine Einladung ist, damit auch in euch eine Verbindung zu euren biologischen und geistigen Ahnen geknüpft werden kann. Darüber hinaus wird hoffentlich deutlich, dass die Ahnen immer bei uns sind; sie unterstützen und führen uns. Natürlich könnt ihr euch vorstellen, dass diese Geschichte, mit einem gewitzten Leprechaun als Reiseführer, voller Überraschungen ist. Ich lade euch ein: Kommt mit mir in diesen »Urlaub«, in dem alles auf den Kopf gestellt wird, und trefft Lloyd, die Menehune und die Mo’o – und lasst euch auf eine Begegnung mit diesen uralten Ahnen ein.

»Das gewöhnliche astrale Universum … ist von Millionen von Astralwesen bevölkert, die vor kürzerer oder längerer Zeit von der Erde gekommen sind, sowie von Myriaden Feen, Wassernixen, Fischen, Tieren, Kobolden, Gnomen, Halbgöttern und Geistern, die alle – je nach ihrer karmischen Beschaffenheit – auf entsprechenden Astralebenen wohnen.«

Botschaft an Paramahansa Yogananda
von seinem auferstandenen Meister Sri Yukteswar
in Autobiographie eines Yogi

TEIL 1

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BEGEGNUNG MIT MYTHISCHEN WESEN IM LAND IHRER AHNEN

Wenn du in Kanada lebst, können die Winter sehr lang sein und einen ganz schön auslaugen. Darum liebe ich es, den Zugvögeln gleich, in sonnigere Gefilde zu entfliehen. Es ergab sich, dass ich im Januar zwei Wochen frei hatte, und mit etwas Glück fand ich an der Südküste von Kauai, einer der Inseln von Hawaii, eine Unterkunft.

Mein Partner Simon und ich waren erst ein paar Tage da und hatten gerade den Jetlag überwunden, ein paar Lebensmittel eingekauft und unsere Badesachen ausgepackt, als unsere Pläne durchkreuzt wurden. Da lag ich faul auf der Veranda, nippte an meinem Morgentee und studierte Broschüren mit Freizeitangeboten. Die Vögel zwitscherten, das Wasser des Ozeans glitzerte verlockend, und die Welt war in Ordnung – als auf dem Liegestuhl mir gegenüber Lloyd, mein Leprechaun-Freund, erschien.

Für einen Leprechaun ist Lloyd ziemlich groß, etwa einen Meter und zwanzig. Heute war er barfuß, trug grüne Shorts (seine Lieblingsfarbe) und ein leuchtendes Hawaii-Hemd voll mit sich bewegenden Fischen und Blumen. Ja, ich sagte »sich bewegend«, denn wie alle Elementargeister ist Lloyd den Menschen in der Kunst des Manifestierens weit voraus. Also schwammen Fische auf seinem Hemd, und Blumen wiegten sich und verströmten den süßen Duft von Frangipani.

»Nun, da du deinen Urlaub hattest, möchte ich dich gerne mit den Menehune und noch einer Gruppe bekanntmachen«, sagte er und faltete die Hände über seinem runden Bauch.

Ich versuchte, meinen Blick von seinem hypnotisierenden Hemd loszureißen und entgegnete: »Moment mal! Keineswegs ›hatte‹ ich meinen Urlaub schon, und ich habe auch nicht vor, in den Ferien zu arbeiten.«

»Wann hast du deine Zeit mit mir jemals als ›Arbeit‹ empfunden?« fragte mein Freund mit hochgezogener linker Augenbraue.

»Okay, aber immer, wenn ich die Ehre habe, deine Freunde zu treffen, willst du, dass ich darüber ein Buch schreibe – und das ist Arbeit«, sagte ich, den Blick unverwandt auf meine Broschüren geheftet.

»Gut, einverstanden«, lachte er. »Auch ich habe vor, hier Urlaub zu machen – plus ein bisschen Lernen –, und ich kann dir eine ganze Menge interessanter Erfahrungen versprechen. Also, was meinst du?«

»Mhm. Vielleicht würde es nicht schaden, wenn du mir ein bisschen mehr erzählst? Die Menehune sind die Elementarwesen (Lloyds Wort für Naturgeister) von Hawaii, nicht wahr?« antwortete ich, gleichmütig an meinem Tee nippend.

»Das sagen die Leute, doch die Sache ist wesentlich vielschichtiger. Außerdem ist es wichtig, keine vorgefassten Konzepte über Menehune zu haben. Die zweite Gruppe, mit der ich dich bekanntmachen möchte, ist etwas ganz Besonderes und sehr mächtig; sie hat nur wenig Kontakt zu Menschen.«

»Wer sind sie?« – Und schon hatte ich den ausgeworfenen Köder geschluckt.

»Nicht so schnell«, antwortete Lloyd, langsam die Leine einholend. »Ich möchte, dass du unvoreingenommen bist, wenn wir auf diese Gruppe treffen.«

»Solange immer noch klar ist, dass ich Ferien mache, hätte ich nichts dagegen, mit dir zu kommen… aber nur, wenn es Spaß macht.« Zarte Ukelele-Musik erklang von Ferne und stimmte mich nachgiebiger.

»Keine Sorge, auch ich kann wirklich Ferien gebrauchen«, versicherte Lloyd – und zog den Fisch an Land.

Mit einem einnehmenden Lächeln beugte er sich vor: »Der einzige Ort, an dem wir mit unserem Ausflug beginnen können, ist das heilige Wailua- Tal. Es ist als der uralte Pfad bekannt, auf dem die Götter zu jenen Menschen kamen, die als erste auf den Inseln Hawaiis siedelten. Wir werden den Wailua River hinaufpaddeln, auch ›Fluss der Träume‹ genannt. – Also dann bis morgen, in aller Frühe.«

Mit diesen Abschiedsworten verschwand mein Leprechaun-Freund und überließ, wie üblich, den ganzen organisatorischen Kram mir. Als ich auf meine Broschüren schaute, lag ganz oben – welch ein Zufall – das Angebot für eine Kajak-Tour auf dem Wailua River. Ich beschloss, diese Tour zu buchen und war mir sicher, dass Simon, leidenschaftlicher Segler und Bootsfahrer, mit Freuden mitkommen würde.

Am nächsten Tag um sieben Uhr, fröstelnd in der frühen Morgenkälte, machten Simon und ich uns auf den Weg zum Fluss. Simon ist vom Typ her der gutgelaunte, großgewachsene Held – so jedenfalls kommt er mir vor, denn ich reiche ihm nur bis zu den Achseln. Am Ufer wurden wir und ein weiteres Paar schon von Paul erwartet, unserem jungen drahtigen Reiseführer mit Dreadlocks, und bald waren wir für unser Abenteuer auf dem Wailua bereit. Simon übernahm das Kommando und gab mir ein Zeichen, vorne im Kajak Platz zu nehmen, während er sich nach hinten setzte, und los ging’s. Da wir am Meer leben und schon oft gemeinsam Kajak gefahren sind, paddelten wir vor dem anderen Paar her, das noch Anweisungen von Paul erhielt.

Schweigend bewegten wir uns durch die diesige Dämmerung und genossen die Ruhe rings um uns her. Als ich den Blick nach oben wandte, sah ich, wie links von uns der Gipfel eines Berges durch den Nebel brach. Der Berg beobachtete unser Vorankommen. Während wir durch das glasklare Wasser glitten, hörte ich nur das Wasser, das von den Paddeln tropfte. Plötzlich erschien Lloyd: Mit überkreuzten Beinen hockte er auf dem Bug unseres Kajaks. Simon, ein eher praktisch veranlagter Mann, mehr an Maschinen und am Segeln interessiert als an Leprechauns, kann Lloyd nicht sehen. Doch glücklicherweise hat er mit mir zusammen genug magische Erlebnisse gehabt, um an Elementargeister und andere »unsichtbare« Wesen glauben zu können.

Lloyd (natürlich paddelte er nicht) saß in königlich aufrechter Haltung da. Verschwunden war sein Hawaii-Hemd, stattdessen trug er seinen besten irischen Sonntagsstaat: eine enge grüne Jacke mit Messingknöpfen, kurze schwarze Hosen, Wollsocken und schwere Clogs. Bächlein von Schweiß liefen über seine rundlichen Wangen. Konzentriert starrte er zum Ufer hinüber, und als ich seinem Blick folgte, sah ich dort eine große Zahl kleiner, schlanker, menschenähnlicher Wesen stehen. Eine Abordnung von Einbäumen stieß sich vom Flussufer ab, und als sie näherkamen, erkannte ich, dass die Ruderer anders waren als alle Elementarwesen, denen ich bisher begegnet war. Hawaiianer hatten mir die Menehune als braunhäutige, zwei bis drei Fuß große kindliche Wesen beschrieben. Diese Wesen hier waren keine Menehune.

Da sie in ihren Einbäumen saßen, war es schwierig, ihre Größe genau zu bestimmen, aber ich schätzte, dass sie ungefähr zwischen einem und eineinhalb Meter groß waren, mit dünnen Armen und Beinen, ein bisschen wie Kobolde. Ihre Haut hatte einen khakiähnlichen Ton, und obwohl sie Nase, Mund und zwei Augen hatten, glich ihr Gesicht doch eher einer Kreuzung von Mensch und Reptil. Sie waren alle männlich, nackt außer einem Lendentuch aus so etwas wie Baumrinde und hatten Leis (hawaiianischen Blumenketten) um den Hals.

Meine Unruhe wuchs, je näher sie kamen und je deutlicher ihre nicht-menschlichen Gesichtszüge wurden. Mühelos bewegten sie ihre Boote durchs Wasser und hatten uns bald erreicht. Der Mann im vordersten Einbaum näherte sich Lloyd und verbeugte sich vor ihm. Als Lloyd mit einer Verbeugung antwortete, streckte das Wesen seine dünnen Arme aus und legte eine Blumenkette um den Hals meines Freundes. Dann zog er sich zurück und die anderen kamen und legten ihre Leis dazu, bis der Leprechaun, überhäuft von Willkommensgirlanden, kaum mehr atmen konnte.

Das erste der männlichen Wesen ergriff die Seite unseres Kajaks und näherte sich mir. Er lächelte, wobei seine spitzen Zähne sichtbar wurden; stocksteif blieb ich sitzen, während er seine Arme ausstreckte und einen vielfarbigen Lei um meinen Hals wand.

Er nannte mich »die Wahine (Frau), die Lloyd begleitet« und sagte: »Wir geben dir Blumen in Regenbogenfarben, weil wir dich als Lehrerin vieler Traditionen ehren.«

»Danke«, murmelte ich, wobei ich versuchte, meine Voreingenommenheit wegen seines Aussehens aus dem Kopf zu bekommen und mein Herz für seine Willkommensgeste zu öffnen.

In höheren Dimensionen kommunizieren die Wesen telepathisch miteinander, also wusste ich, dass er meine ersten Gedanken gehört hatte, aber höflich ignorierte er meine schlechten Manieren. Er deutete auf den Berg: »Schau dir den Mount Wai’ale’ale an, der auf uns herabblickt und uns mit seinem Wasser segnet«, sagte er. »Das ist der Grund, warum wir schon immer in diesem Tal leben. Hier ist auch der Ort, zu dem die ersten Menschen kamen. Lange Zeit lebten wir abseits von ihnen, aber sie kannten uns und wir teilten unser Wissen mit ihnen. Später vermischten sich manche von uns mit den Menschen – doch davon später.«

Ich war fasziniert und hätte die Geschichte lieber gleich als später gehört, doch er überging auch diesen Gedanken und fuhr fort: »Wir sind keine Menehune – in deinem Geist kann ich erkennen, dass du sie erwartet hast –, sondern ihre Hüter und Lehrer. Wir selbst nennen uns Mo’okane und stammen von einer wesentlich älteren Rasse ab, welche die Hawaiianer die Mo’o nennen.«

An dieser Stelle schaute er auf, und als er sah, dass Paul und das andere Paar sich in seinem Kajak näherten, nickte er uns zum Abschied zu und stieß sich von unserem Boot ab. Die anderen hatten bald zu uns aufgeschlossen, und wir setzten unsere Fahrt fort. Die Begegnung mit den Mo’okane verwirrte mich, und telepathisch »stupste« ich Lloyd fragend an, in der Hoffnung, etwas erklärt zu bekommen. Doch er beschloss, mich zu ignorieren und hielt seinen Blick stur nach vorne gerichtet.

Bald darauf kamen wir an eine Stelle, wo das Flussbett enger wurde. »Fahrt hier zur Seite«, rief Paul und gab uns Zeichen, am sandigen Ufer unter dem Dach des uralten Regenwaldes anzulegen.

Vorsichtig, um das Kajak nicht zum Kippen zu bringen, stieg ich aus und gelangte leicht schwankend an Land. Nachdem wir unsere Boote vollends aus dem Wasser gezogen hatten, kamen Pauls nächste Anweisungen: »Wir gehen zu Fuß weiter«, und schon lief er in den Dschungel hinein.

Schon nach kurzer Zeit trafen wir auf ein erstes Hindernis – einen schnell fließenden Fluss und keine Brücke. Paul hielt sich an einem Seil fest und sprang ins Wasser. Ich war direkt hinter ihm und war als nächste dran. Auf keinen Fall würde ich meine Schuhe ausziehen und meine zarten Füße den scharfen Dingen aussetzen, von denen ich glaubte, dass sie auf dem Grund lauerten. Zögernd ließ ich mich in den eisigen Fluss gleiten, folgte Paul langsam und hoffte, nicht den Halt zu verlieren. Immer wieder hatte ich die Erfahrung gemacht, dass Elementarwesen – zu denen ich jetzt eine neue Art hinzufügte, die Mo’okane – überall auf der Welt kleine Prüfungen für jene bereithalten, die ihnen begegnen möchten. Dieses Hindernis war nur eines in einer langen Reihe von Herausforderungen, die mir im Laufe der Jahre begegnet waren.

Obwohl Lloyd diesen Teil überspringen und sich an unser Ziel hätte teleportieren können (eine nette Fähigkeit, über die Elementargeister verfügen), watete er hinter uns her durch den Fluss. Da er etwa einen Fuß kleiner ist als ich und außerdem vom Gewicht der vielen Leis nach unten gedrückt wurde, musste er sich kräftig gegen das ihm bis zur Brust reichende schnell dahinfließende Wasser stemmen. Um nicht abgetrieben zu werden, umklammerte er das Seil mit beiden Händen und verzog vor Anstrengung das Gesicht, als er sich auf die gegenüberliegende Seite kämpfte. Die reptiliengesichtigen Mo’okane säumten das Ufer und beobachteten schweigend seine Fortschritte. Ich begriff, dass Lloyd sich denselben Herausforderungen unterziehen wollte wie wir Menschen, um so seinen Respekt für die Einheimischen zum Ausdruck zu bringen.

Nachdem wir die erste Schwierigkeit erfolgreich bewältigt hatten, schritten wir in unseren nassen Schuhen weiter den Waldweg entlang, hinein in das Tal, in dem die Mitglieder des uralten hawaiianischen Königshauses gelebt hatten. Der Weg führte über Gesteinsbrocken, ausgewaschene Hänge und durch zahlreiche Wasserläufe, entstanden durch das Übermaß an Regen, für das Kauai berühmt ist. Bald führte uns der Pfad mitten in einen alten hawaiianischen Tempel, einen Heiau. Obwohl nur noch die Lavasteine des ursprünglichen Fundaments zu sehen waren, sagt die alte Überlieferung und glauben auch heutige Hawaiianer, dass dort noch heute die Lebenskraft (Mana) des Landes (’Aina) sei.

Ich blickte mich um und sah ausgedehnte Ruinen von Tempeln, Terrassen und Wohnstätten der königlichen Hawaiianer, die einstmals hier gewohnt haben. Tiefe Stille umgab uns, und ich spürte die Gegenwart unsichtbarer Ahnen. Ich blieb stehen, um in mich zu gehen und zu sehen, ob diese Wesen mit mir in Kontakt treten wollten. In diesem Zustand vergeht die Zeit sehr schnell; als ich meine Augen wieder öffnete, war unser Reiseführer mit den anderen schon weitergegangen. Da ich mich nicht verirren wollte, beeilte ich mich, zu ihnen aufzuschließen.

Sie warteten an einer Stelle, an der mehrere riesige Felsbrocken den Weg versperrten. Paul begann, leichtfüßig loszuklettern, um die Brocken herum und über sie hinweg, eilig dem sich windenden Pfad folgend; klar, er kannte die Route von früheren Wanderungen her sehr gut. Wir anderen folgten, zwar etwas zögerlicher, aber wir folgten. Als wir auf der anderen Seite waren, sahen wir, dass es sich wahrlich gelohnt hatte: Uluwehi, die geheimen Wasserfälle lagen vor uns. Im flacheren Teil des heiligen Felsenbeckens standen ein paar hawaiianische Jugendliche, und einer von ihnen schwamm im tieferen Wasser. Von Schlamm bedeckt und einem kleinen Bad niemals abgeneigt, zog ich meine Schuhe aus und watete bis zu den Knien hinein, kehrte jedoch ganz schnell wieder um. Zwar lebe ich nördlich von Vancouver und bin kaltes Wasser gewohnt, doch das hier war kälter, als ich es an diesem Tag ertragen konnte.

Den Blick über das Becken auf die fernen Klippen richtend, schaute ich zu dem über dreißig Meter hohen grandiosen Wasserfall hinüber. Er war wunderschön anzusehen; das in Kaskaden herabstürzende Wasser bildete Muster wie feine Spitze, und dahinter zeichneten sich die Felsen ab. Als ich von diesem eindrucksvollen Anblick ein Foto machte, bildete sich im Wasserfall ein schwacher Regenbogen. Immer stärker wuchs er an, bis er sich über die ganze Felswand erstreckte. Fasziniert beobachtete ich, wie im Wasserfall ein riesenhaftes Lichtwesen erschien. Augenblicklich stimmte ich mich darauf ein, was sie zu sagen hatte – »sie« deshalb, weil sich dieses Regenbogenwesen eindeutig weiblich anfühlte.

»Du würdest mich eine Wasserdeva nennen, obwohl ich viele Namen habe, die du zu einem späteren Zeitpunkt besser verstehen wirst«, sagte sie zu mir. »Ich bewache dieses heilige Gebiet zusammen mit den Menehune und den Mo’okane. Ein Regenbogen besteht aus allen Farben und Frequenzen, die nötig sind, um das Göttliche in dieser Welt zu manifestieren. Darüber hinaus ist er auch ein Symbol für den Frieden. Ich erscheine dir in dieser Regenbogenform in Würdigung des Namens ›Singende Regenbögen‹, der dir vor langer Zeit von einem Medizinmann der Cherokee verliehen wurde. Dein Weg besteht darin, alle Traditionen dieser Welt in Frieden zusammenzuführen, so wie es mein Weg ist, die Menschen, die hierher kommen, zu segnen und ihnen Frieden und Freude zu schenken – zwei Qualitäten, die in eurer modernen Welt Mangelware sind.«

Während die Deva redete, wurden die Farben des Regenbogens kräftiger und klarer, und ich stand wie angewurzelt. Es war klar, dass sie nur mit mir sprach, denn die Jugendlichen im Becken bekamen nichts von dem Geschehen mit.

»Auf deinem Weg hierher hast du diejenigen getroffen, die wir Mo’okane nennen. Die Mo’okane sind eine Unterart der Mo’o, welche die Hawaiianer aus ihren Mythen als Wasserdrachen kennen. Die Aufgabe der Mo’o war es, Diener der Menschen zu sein – der Begriff ›Diener‹ bedeutet für uns ›Helfer‹ –, um die Menschen sowohl mit dem Göttlichen als auch mit der Natur in Einklang zu bringen. Die Mo’okane – das ist der Name für diejenigen Mo’o, die beschließen, eine menschenähnliche Form anzunehmen – sind mit dem großen Schöpfergott Kane verwandt. Kane ist einer der Hauptgötter auf Hawaii, und er schuf die Mo’o vor den Menehune und auch vor den Menschen. Sowohl die Mo’o als auch die Mo’okane sind unsere Medizinleute, Hüter der Erde; sie besitzen die Gabe des Heilens, welche sie mit dir und deinem Leprechaun-Partner teilen möchten.«

»Warum sprecht ihr mit mir?« erkundigte ich mich ehrerbietig. Diese Wanderung wurde schwieriger, als ich angenommen hatte, und ganz bestimmt verwickelter, als der Leprechaun mich hatte glauben lassen.

Die Wasserdeva hielt inne, und ich spürte, wie sie ihre Aufmerksamkeit auf meine rechte Seite richtete, wo viele Mo’okane zusammen mit meinem Leprechaun-Freund standen und unsere Unterhaltung verfolgten. Sie wandte sich an den Mo’okane, der mich im Kajak mit einem Lei beschenkt hatte und sagte: »Die Mo’okane werden für sich selbst sprechen.«

»Wir sind Gestaltwandler und stammen von den Mo’o ab, die meistens als weibliche, etwa dreieinhalb bis neun Meter große, drachenähnliche Wesen gesehen werden. Der zweite Grund, aus dem wir uns selbst Mo’okane nennen, ist, dass das Wort ›Kane‹ in diesem Zusammenhang ›männlich‹ oder ›Mann‹ bedeutet. Wir wollten uns wie die Mo’o in beiden Geschlechtern erfahren. Wir Mo’okane entschieden uns dafür, eine menschenähnliche Gestalt anzunehmen, damit wir besser auf der Erde gehen und außerdem die Erfahrung männlicher als auch weiblicher Körper machen können. Dadurch fällt es uns leichter, uns mit dir und unserem jungen Freund hier zu unterhalten«, sagte der Mo’okane, während er Lloyd fest anblickte, dessen Gesicht durch all die Leis um seinen Hals kaum noch zu sehen war.

Der Mo’okane wandte sich wieder mir zu und fuhr fort: »Die Mo’o kommen in den ältesten hawaiianischen Geschichten vor und sind der Schlüssel zu Hawaiis mystischer Vergangenheit. In anderen Ländern würde man uns Wasserdrachen nennen; wir besitzen die Gaben der Langlebigkeit und der Weisheit und eine tiefe innere Schau, und manche würden sagen, wir seien besitzergreifend in Bezug auf Orte und Menschen, die unter unserem Schutz stehen, ganz so, wie es in euren Geschichten über Drachen erzählt wird. Wir sind die Hüter des Wassers, von Flüssen, Teichen und Süßwasserquellen, und seit den frühen Zeiten verehren die Hawaiianer uns als ihre Ahnengötter. Aus vielerlei Gründen entwickelten sich unsere Wege in eine andere Richtung als die der Menschen, und viele von ihnen glauben heute nicht mehr an uns. Das ist ein Grund, warum wir uns entschlossen haben, menschliche Form anzunehmen, und warum wir Kontakt mit dir aufgenommen haben, um dir unsere Geschichte zu erzählen.«

Wenn an meine Gutherzigkeit appelliert wird, werde ich leicht schwach, und so sah ich meinen Urlaub in Schall und Rauch aufgehen. Darum beschloss ich, mich nicht so ohne weiteres darauf einzulassen. »Wäre es nicht besser für euch, mit einer Hawaiianerin oder einem Hawaiianer zu sprechen und ihr oder ihm eure Geschichte zu erzählen? Einige von ihnen sind sicher in der Lage, euch zu sehen und mit euch zu sprechen – und sie würden über eine größere Glaubwürdigkeit verfügen als eine Kanadierin, die, um das noch hinzuzufügen, rein gar nichts über euch weiß.«

»Nun, das führt uns zum zweiten Grund, aus dem wir mit dir Verbindung aufgenommen haben«, antwortete der Mo’okane mit seinem Lächeln, bei dem die spitzen Zähne aufschienen. »Die Tatsache, dass du auf der bewussten Ebene nichts über uns weißt, erhöht deine Glaubwürdigkeit, wenn du diese Geschichte erzählst. Du weißt mehr, als dir in diesem Moment bewusst ist, und wir möchten die Verbindung zu uns, die in deinem Unbewussten schlummert, wieder zum Leben erwecken. Tatsächlich ist unsere Mission sehr viel umfassender: Wir wollen in allen Menschen die in ihnen schlummernden Ebenen ihres Unbewussten wieder wachrufen.«

In meiner zunehmenden Besorgnis angesichts all der Andeutungen über meine Beziehung zu khakifarbenen, gestaltwandlerischen Drachen wandte ich mich in der Hoffnung auf Beistand an Lloyd. Er stand einträchtig inmitten der Mo’okane und weigerte sich, mich auch nur anzusehen. Was für ein Freund! Genau in diesem Moment tauchten weitere Wesen auf. Falls sie schon die ganze Zeit dagewesen waren, hatte ich sie nicht bemerkt. Waren sie gerade erst angekommen? In meiner Verwirrung war ich mir nicht sicher.

Der Mo’okane deutete auf die Neuankömmlinge: »Diese Wesen sind königliche Menehune, wir nennen sie Ali’i. In den alten Tagen nannten die Hawaiianer – ich spreche von den Menschen – ihre königliche Klasse ebenfalls Ali’i. Jetzt weißt du, wer ihnen diesen Begriff beigebracht hat, nicht wahr?«

Diese Ali’i genannten königlichen Menehune waren braunhäutig, ohne die echsenartigen Gesichtszüge der Mo’okane, so dass sie für mich menschenähnlicher aussahen. Die Menehune-Ali’i trugen Blumenketten um den Hals und im Haar, und sie waren ein ganzes Stück größer als ich. Ich nahm an, dass einer von ihnen, ein Menehune mittleren Alters, ihr Anführer war, denn er hatte sehr viel mehr Leis um seinen Hals. In seinen Holzstab waren Abbilder von verschiedenen Wesen und Pflanzen geschnitzt, die wohl die Totems seiner Familie darstellten. Er und die anderen Menehune-Ali’i schienen damit zufrieden zu sein, von mir wahrgenommen zu werden, denn keiner von ihnen sprach zu mir. Respektvoll und aufmerksam beobachteten sie meinen Austausch mit dem Mo’okane.

Mein Gott! Zuerst sind da Mo’okane – oder waren es Mo’o? –, die mir ihre Geschichte erzählen wollen, und jetzt taucht plötzlich eine neue Gruppe auf, die nicht mit mir sprechen will. Und Lloyd ist überhaupt keine Hilfe. Als das Regenbogenwesen im heiligen Wasserfall meine Gedanken hörte, schien sie Mitleid zu bekommen.

»Die Menehune-Ali’i, die hier wohnen, treten selten in Kontakt mit Menschen«, erläuterte sie. »Sie halten sich an traditionelle Gepflogenheiten und wollen das, was sie sind, nicht durch den Austausch mit heutigen Menschen verwässern. Das ist nicht als persönliche Kränkung gemeint, sondern es ist ihre Art, sich selbst und ihre Traditionen zu wahren. Dies ist die königliche Kaste der Menehune, die Herrscher, die Ali’i. Sie fühlten sich zu den frühen Hawaiianern, die in dieses Tal kamen, hingezogen und lehrten sie unsere Art und Weise zu leben. Damals wurde dieses Tal zur Heimat der königlichen Hawaiianer, die unsere Menehune-Traditionen respektierten. Mit der Zeit gab es einige königliche Menehune und königliche Hawaiianer, die beschlossen, sich miteinander zu vermischen. Diese wurden jedoch gebeten, die Gemeinschaft zu verlassen, weil die Gemeinschaft als Ganzes nicht das Gefühl hatte, dass diese Vermischung eine gute Idee war. Heute halten sich die Menehune-Ali’i in diesem Tal zum großen Teil von den Menschen fern.«

Es war leicht nachvollziehbar, dass die Menehune-Ali’i sich mit Menschen vermischen konnten, denn sie sahen sich ähnlich, gerade so wie in Europa die Elfen den Menschen sehr ähnlich sind und sich sowohl in der Vergangenheit als auch der Gegenwart miteinander vermischt haben. Dennoch ist da etwas in den Augen von Elementarwesen und Menschen, das zeigt, dass sie unterschiedlichen Arten entstammen, so wie man einen Wolf von einem großen Hund unterscheiden kann. Als ich die königlichen Menehune genauer betrachtete, bemerkte ich unter ihnen kleinere Wesen, die etwas größer als zwei Fuß waren und ein kindliches Aussehen hatten.