Gotthold Ephraim Lessing

Oden

Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2020
goodpress@okpublishing.info
EAN 4064066108946

Inhaltsverzeichnis


Cover
Titelblatt
Text
"

alphabetisch nach Titeln sortiert

Abschied eines Freundes
An Herr Gleim
An den Herrn N**
An seinen Bruder
Auf eine vornehme Vermählung
Der 24ste Jenner in Berlin
Der Eintritt des 1752sten Jahres
Der Eintritt des Jahres 1753 in Berlin
Der Eintritt des Jahres 1754 in Berlin
Der Eintritt des Jahres 1755 in Berlin
Der Tod eines Freundes
Ode auf den Tod des Marschalls von Schwerin, an den H. von Kleist
Orpheus
[Übersetzung der Ode des Horaz "Ad Barinen"]
[An Mäcen]
[Bruchstück einer Ode auf den Tod eines Freundes]

Abschied eines Freundes

Schon hast du, Freund, der letzten letzte Küsse
Auf nasse Wangen uns gedrückt;
Schon schon, beim Zaudern unentschloßner Füße,
Den schnellen Geist vorweg geschickt.

Für uns dahin! Doch nein, dem Arm entführet,
Wirst du dem Herzen nicht entführt.
Dies Herz, o Freund, einmal von dir gerühret,
Bleibt ewig, trau! von dir gerührt.

Erwarte nicht ein täuschend Wortgepränge,
Für unsre Freundschaft viel zu klein.
Empfindung haßt der Reime kalte Menge,
Und wünscht unausposaunt zu sein.

Ein feuchter Blick sind ihre Zaubertöne;
Ein schlagend Herz ihr rührend Lied.
Sie schweigt beredt, sie stockt, sie stammelt schöne,
Ums stärkre Wort umsonst bemüht.

Es winken dir beneidenswerte Fluren,
Nur unsers Neides minder wert.
Zieh hin! und find auch da der Vorsicht goldne Spuren,
Um dich besorgt, von dir verehrt.

Dort* herrscht die Ruh, dort ist der Lärm vergangen,
Der hier** noch Musen stören darf,
Seit Pallas gern, auf Friederichs Verlangen,
Die spitze Lanze von sich warf.

* Halle.

** Wittenberg.

An Herr Gleim

Umsonst rÜstet Kalliope den Geist ihres Lieblings zu hohen Liedern; zu Liedern von Gefahren und Tod und heldenmütigem Schweiße.

Umsonst; wenn das Geschick dem Lieblinge den Held versagt, und beide in verschiednen Jahrhunderten, oder veruneinigten LÄndern geboren werden.

Mit Dir, Gleim, ward es so nicht! Dir fehlt weder die Gabe den
Helden zu singen, noch der Held. Der Held ist Dein KÖnig!

Zwar sang Deine frohe Jugend, bekränzt vom rosenwangigten Bacchus, nur von feindlichen Mädchen, nur vom streitbaren Kelchglas.

Doch bist Du auch nicht fremd im Lager, nicht fremd vor den feindlichen Wällen und unter brausenden Rossen.

Was hält Dich noch? Singe ihn, Deinen König! Deinen tapfern, doch menschlichen; Deinen schlauen, doch edeldenkenden Friedrich!

Singe ihn, an der Spitze seines Heers; an der Spitze ihm ähnlicher